Seltene Fahrzeuge mit interessanter Technik müssen nicht immer teuer sein. Wer einen Humber Super Snipe fährt, beweist sicher einen besonderen Geschmack und wird beimOldtimer-Treffen garantiert auffallen.
Globalisierung von damals
Im Jahr 1935 gründete William Rootes, ein ehemaliger Autoverkäufer, die Rootes-Gruppe. Im Rahmen seiner Expansion übernahm er nach und nach auch die Firma Humber sowie weitere Autohersteller.
Aufgrund geringer Produktionsmöglichkeiten in Grossbritannien wurde die Humber-Produktion ins Ausland ausgelagert. Viele Hillmans, Humbers und Sunbeam-Talbots wurden als “CKD” (für “Completely Knocked Down”) Kits exportiert, um dann in Montagewerken in Australien, Neuseeland und Südafrika vollständig zusammengebaut zu werden. Komplette Fahrzeuge wurden dann von dort in die USA und Kanada exportiert.
Jedoch fanden nur wenige Humbers ihren Weg zurück nach Europa. Dass man auf daher auf der Strasse einem Humber Super Snipe Mk4A, wie für diesen Artikel portraitiert, begegnet, ist höchst unwahrscheinlich. Und man lernt daraus, dass nicht jedes britische Auto auch in Grossbritannien hergestellt worden ist.
Souvenir aus dem Australien-Urlaub
Piet Brink, ein holländischer Snipes-Liebhaber und Humber-Fan, brachte 1991 einen solchen im Ausland hergestellten und exportierten Humber Super Snipe Mk4A nach Holland zurück. Dies, nachdem er ihn in den Ferien entdeckt und für 7‘500 Australische Dollar erstanden hatte. Brink machte dem damaligen Besitzer ein Angebot von 6‘000 Dollar, welches dieser aber abgelehnte. Doch Brink hielt an dem Auto fest und wurde schliesslich für ein wenig mehr Geld stolzer Besitzer eines Humber Super Snipe Mk4A.
Ölkrise machte Humber zum Taxi
Während der Ölkrise in den 1970er Jahren, als Benzin knapp war, gelangte Brink auf einem Umweg zu zusätzlichem Benzin, indem er einen seiner Humber in ein Taxi umfunktionierte. Dies war kein Problem, denn gross genug war das Fahrzeug auf jeden Fall. Und Brink war bereits Besitzer von fünf Snipes der ersten Serie.
Transportprobleme
Nicht so einfach wie erwartet gestaltete sich für Brink die Überführung des Wagens nach Holland. Es begann damit, dass er den Wagen nach seinem erfolgreichen Kauf selbst zum Hafen in Australien hatte fahren müssen. Denn die Versicherung des Verkäufers erlaubte es diesem nicht, den Wagen ausserhalb seines Region zu fahren. Zurück in Holland begann das Warten.
Nach mehr als zwei Monaten begann Brink, sich Sorgen um seine Schiffsladung zu machen. Denn sein Super Snipe hätte bereits ankommen müssen. Er fand schliesslich heraus, dass das russische Schiff infolge unbezahlter Rechnungen im Suezkanal feststeckte.
Auch das Abladen der Container wurde am Hafen von Rotterdam erschwert, da auch dort wieder unbezahlte Rechnungen im Weg standen. Fünf Monate nach dem Aufladen der drei Fahrzeuge, welche Brink mit wirtschaftlichem Hintergedanken zusammen auf die Reise geschickt hatte, konnte er diese dann endlich entgegennehmen.
Wachstum mit der vierten Auflage
Der Humber Super Snipe Mk4 war im Oktober 1952 präsentiert worden und unterschied sich deutlich von seinem Vorgänger, dem Humber Super Snipe Mk3. Der Fahrzeugaufbau war komplett neu konzipiert worden und basierte auf demjenigen des Humber Hawk Mk5.
Damit war der Humber Super Snipe Mk4 länger und grösser als zuvor, nämlich über fünf Meter lang. Und auch der Bug war gewachsen, um Platz für den neuen leistungsfähigen “Blue-Riband“ Motor zu schaffen. Kombi und Cabriolet entfielen; es gab nur noch die Limousine.
“Blue-Riband“-Motor mit mehr Leistung
Die 1953 vorgestellte “Blue-Riband“ Version des Super Snipe Motors wies sechs Zylinder auf und einen Hubraum von über vier Litern. Es handelte sich um einen obengesteuerten Motor (OHV). Der 4139 cm3 grosse Reihensechszylinder hatte seine Bewährungsprobe bereits in einigen anderen Fahrzeugen der Rootes-Gruppe bestanden.
Mit starken 113 PS bei einer Drehzahl von 3400 Umdrehungen pro Minute und einer Verdichtung von 6.48:1 betrug die Mehrleistung allerdings nur gerade 13 PS gegenüber dem Vorgänger mit seitlichen Ventilen.
Auffällig waren an diesem Motor sind sein starkes Drehmoment und seine hohe Flexibilität. Ausserdem lief er angenehm, leiste und weitgehend vibrationsfrei.
Dreimaliger Sieg beim “British Humber Day“
Der Humber Super Snipe Mk4A von Piet Brink war in einer sehr guten Verfassung, als er per Schiff nach Europa überführt wurde. Der originale Blue-Riband Sechszylinder-Motor war immer noch installiert und auch die Innenausstattung befand sich in einem Topzustand. Aufgrund dieser Qualitäten gewann dieser Humber dreimal einen Preis beim “British Humber Day“.
Wie gemacht für lange Fahrstrecken
Die Humber-Modelle galten als langstreckentauglich. Sie fuhren regelmässig von London nach Cape Town (knapp 17‘000 km) und auch Strecken von Oslo nach Lissabon in 90 Stunden waren kein Problem für einen Super Snipe.
Wenig Erfolg für den Nachfolger Mk4B
Im Jahr 1955, drei Jahre nach der Einführung des Mk4A, erschien der Mk4B mit 122 PS bei 3600 Umdrehungen pro Minute. Doch es mangelte ihm am Erfolg, so dass er in Australien gar nie hergestellt wurde.
Während der Mk4B vor allem in England verkauft wurde, wurde sein Vorgänger, der Mk4A, weiterhin in Australien hergestellt, dies jedoch seltsamerweise mit Mk4B Motorennummern!
Luxus und Komfort
Der Humber Super Snipe war ein Luxusmodell, komfortabel und elegant zugleich. Er besass ein sehr robustes Chassis, das sich durch eine gute Strassenhaltung und hohe Sicherheitsreserven auszeichnete und zudem grossen Belastungen standhielt.
Die Automobil Revue brachte es im November 1952 nach einem Kurztest auf den Punkt: “Soweit die kurze Erprobung erkennen liess, sind die Fahreigenschaften eher auf angenehme und erschütterungsfreie Fahrt bei mittleren Geschwindigkeiten und nicht etwa auf besonders sportliches Kurvenfahren ausgelegt. Dank der langen Motorhaube und der dezenten Ausschmückung präsentiert sich der Super Snipe als eindrucksvolles, aber im Aussehen unaufdringlich geformtes Fahrzeug der modernen Richtung.”
Der Super Snipe brachte ein Eigengewicht von beinahe zwei Tonnen auf die Waage und musste auf eine Servolenkung verzichten. Dass die Handlichkeit dabei etwas auf der Strecke blieb, versteht sich von selber. Eine Geschwindigkeit von 130 km/h waren aber kein Problem für den Humber und 120 km/h Dauergeschwindigkeit sind noch heute gut zu fahren. Allerdings dürfte der Mk4A nicht zum Traumauto von sparsamen Naturen werden, denn pro sieben Kilometer Fahrstrecke füllt man gut und gerne einen Liter Benzin nach (Verbrauch also rund 14,2 Liter pro 100 km).
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 44 / 1952 vom 15.Okt.1952 - Seite 10: Ein neuer Humber Super Snipe
- AR-Zeitung Nr. 47 / 1952 vom 5. Nov. 1952 - Seite 9: Kurztest Humber Super Snipe
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Deshalb wich er auf ein anderes, großes, luxuriöses und auch sehr schönes Fahrzeug aus: einen Rover 3 litre P5! Ich habe noch heute seine Tankquittungen; darauf notierte er immer den Durchschnittsverbrauch: er schwankte zwischen 15 und 17 Litern/Km. Im Saufen sind die Briten also gar nicht schlecht, zumal der Mercedes 219 im Sommer zumindest nur 12 l/100Km verbrauchte. Im Winter im Kurzstreckenverkehr (mit Choke!) genehmigte sich dieses Einvergasermodell allerdings auch bis zu 25 Liter!