Grosse Front- und Heckspoiler wurden in Europa in den frühen Siebzigerjahre bei Serienfahrzeugen noch sehr selten angebracht, BMW aber setzte 1974 sehr auffällige Luftleitbleche, die direkt dem Windkanal entsprungen waren, auf das elegante BMW-Coupé der Baureihe E9. Auf der Strasse sorgten die Flügel für mehr Abtrieb, in der Wertentwicklung aber vor allem in den letzten Jahren für viel Auftrieb.
Schnelle Coupé-Evolution
Bereits im Juni 1965 stellte BMW das “Neue Klasse” Coupé 2000 CS vor, 120 PS stark und mit einem Vierzylinder ausgerüstet. Wilhelm Hofmeister hatte die Form gestaltet und dabei eine eigenwillige Front kreiert. Diese musste beim Nachfolger-Coupé 2500/2800 einem herkömmlicheren Vieraugengesicht weichen, als es im Herbst 1968 erstmals gezeigt wurde. Der ganze Mittelteil konnte vom 2000 CS übernommen werden, der Motor aber wies nun sechs Zylinder in Reihe auf, die Vorderachse stammte von der Sechszylinderlimousine.
Schon 1971 wurde der 2800 CS durch den 3.0 CS/CSi ersetzt. Die Hubraum betrug nun 2986 cm3, als Leistung schauten 180 PS für die Vergaserversionen CS und 200 PS für die eingespritzte Variante (mit Bosch D-Jetronic) im CSI heraus.
Der erste Streich
Auf der Basis des Dreiliter-E9-Coupés, so hiess die Baureihe intern, entstand dann im Jahr 1971 eine Leichtbauvariante namens CSL. Bereits im Herbst 1970 hatte man bei BMW begonnen, einen Tourenwagen auf Basis des CS-Coupés zu planen, es sollte aber bis Ende 1971 gehen, bis die Produktion des CSLs starten konnte. Für eine Gruppe-2-Homologation waren 1000 produzierte Einheiten nötig, diese konnten dann erst im Jahr 1972 (mit der zweiten Serie) nachgewiesen werden.
Die Anpassungen am Coupé CSL konzentrierten sich vorerst auf eine Senkung des Gewichts, schliesslich trat der Rennsportgegner mit rund 900 kg an, während der Serien-CS immerhin 1230 kg wog. Als magerte man das Coupé auf leer rund 1065 kg ab, indem man nichttagende Karosserieteile wie Dach, Seitenwände und Gepäcktrennwand aus Dünnblech fertigte. Die Hauben und Türen stellte man aus Aluminium her, die Stossstangen liess man einfach weg, respektive formte sie aus Kunststoff (hinten). Komfortattribute wie elektrische Fensterheber oder Servopumpe sparte man genauso ein wie eine Antidröhnmaterial zur Geräuschdämmung. Die hinteren Scheiben waren aus Plexiglas anstatt aus Glas und wo immer möglich sparte man Kilogramm um Kilogramm ein, notfalls mittels Verzicht auf den Haubenzug. Selbst die Sitze (von Scheel) waren leichter als das Seriengestühl und auch beim Bordwerkzeug und der Batterie konnten noch ein paar Gramm weggelassen werden.
Sogar das Fahrwerk gestaltete man durch Weglassen der Stabilisatoren leichter, musste dies aber zugunsten der Fahrdynamik mit härteren Bilstein-Dämpfern und progressiven Federn kompensieren. Als Felgen kamen sieben Zoll breite Leichtmetallräder von Alpina zum Einsatz, aufgezogen wurden Reifen der Dimension 195/70 VR 14.
Die Fahrleistungen wichen nicht fundamental vom “normalen” 3.0 CS ab, der Preis allerdings schon. Mit DM 31’245 kostete der weggelassene Komfort und die Leichtbauteile des CSL rund 3000 DM mehr.
Der zweite Streich
Bis Mitte 1972 konnten die angestrebten 1000 Exemplare des CSLs nicht gebaut werden, also entschied man sich, dem Coupé gleich noch ein paar Modifikationen auf den Weg zu geben. Man erhöhte den Hubraum auf 3003 cm3, womit man in der Drei- bis Fünfliterklasse homologiert war und die Rennwagen dank Aufbohrung mit 3,3 Litern Hubraum an den Start gehen konnten.
Sonst beliess man das Coupé weitgehend so wie bisher.
Die Zeitschrift Auto Motor und Sport konnte eines dieser Coupés im Testbetrieb prüfen. 7.1 Sekunden brauchte der CSL für den Spurt von 0 bis 100 km/h, als Höchstgeschwindigkeit wurden 218.1 km/h gemessen. Mit dem Testverbrauch von 18,9 Litern pro 100 km konnten die AMS-Tester noch eher leben als mit dem deutlich verringerten Komfort, der aber immerhin durch sicheres Fahrverhalten kompensiert wurde.
Die dritte und letzte Evolutionsserie
Mit der zweiten Serie waren die 1000 Exemplare anfangs 1973 erreicht, doch die BMW-Leute mussten erkennen, dass auch aerodynamisch noch nachgerüstet werden musste. Um grosse Flügel zu homologieren, mussten weitere 100 Fahrzeuge mit der entsprechenden Ausrüstung nachgewiesen werden können, also baute man bei BWM eine dritte Serie des CSLs.
Für inzwischen DM 38’860 (also nur unwesentlich weniger als man damals für einen Porsche Carrera 2.7 (DM 40’950) bezahlte) erhielt der deutsche Kunde (auf Wunsch) einen halben Bausatz im Kofferraum, denn auf den Strassen der Bundesrepublik waren der Dach- und der Heckspoiler nicht zugelassen, während andere Länder der modernen Zier gegenüber aufgeschlossener waren. "Batmobile" nannten man das geflügelte Coupé wegen seiner strömungsoptimierten Ausstattung.
Unabhängig davon aber besass der CSL weiterhin Schalensitze, ein Kunstleder-Lenkrad, Hauben aus Aluminium, sieben Zoll breite Leichtmetallräder und einen mächtigen Frontspoiler ohne Stosstange.
Die aerodynamischen Teile waren keine Spielerei. Der Frontspoiler etwa reduzierte den Auftrieb bei 200 km/h um 206 Kilogramm, während die beiden Luftleitbleche am Dach und auf dem Heck den Auftrieb der Hinterachse bei 200 km/h um 90 kg senkten. Das ganze Aerodynamikpaket inklusive der Windsplits auf der Motorhaube wirkte sich infolge eines sicheren Fahrgefühls, aber auch in besseren Rundenzeiten auf dem Hockenheimring aus, wie Messungen von AMS bestätigten.
Gleichzeitig mit der strömungstechnischen Verfeinerung vergrösserte man auch den Hubraum des BMW-Coupés, um für die Rennwagen bessere Bedingungen zu schaffen. Der Serienmotor wies nun 3153 cm3 auf, was für 206 PS bei 5600 Umdrehungen sorgte.
Exakt sieben Sekunden benötigte der CSL in den AMS-Messungen in der zweiten Hälfte des Jahres 1974 für den Spurt von 0 bis 100 km/h, als Höchstgeschwindigkeit wurden 220,9 km/h ermittelt. Überraschenderweise sank der Testverbrauch auf 16,8 Liter pro 100 km.
In seinem Resümee meinte Werner Schruf:
“In den übrigen Eigenschaften ähnelt das Leichtbau-Coupé (Anmerkung der Redaktion: 1270 kg wog der Testwagen vollgetankt) von BMW seinen schwereren Brüdern - mit Ausnahme des Komforts: Unebenheiten werden fühlbar schlechter geschluckt, und auch die Lenkung (Servohilfe kostet 815 Mark Aufpreis) ist, vor allem beim Rangieren schwergängiger. Teurer ist es ausserdem: Bei einem Anschaffungspreis von DM 38’860 beträgt die Differenz zum seriöseren und komfortableren CSi immerhin knapp 4000 Mark.”
Rückblickend muss gesagt werden, dass knapp über 10% Aufpreis für das Evolutionsmodell mehr als gnädig waren und wer damals eines gekauft hätte, wäre langfristig damit sicherlich gut gefahren, was den Wertverlauf angelangt.
Raum für Tuning
Schon 1972 war klar, dass das CSL-Coupé sich ausserordentlich gut für weitere Leistungssteigerungen eignete, ob die Zielsetzung nun schnelle Strassen- oder reine Rennsportnutzung war. Zahlreiche Tuner boten schnelle CSLs an, darunter GS, Alpina, Koepchen oder auch Schnitzer. Sie gingen dabei ziemlich weit, vor allem Schnitzer bot mit einer Leistung von 290 PS und dicken Verbreiterungen schon fast für Rennsportflair auf der Strasse.
Alpina fand einen guten Mix aus Komfort und Leistung, brachte den Motor dank mechanischer Kugelfischer-Einspritzung auf standfeste 250 PS und das Coupé so auf 244,8 km/h Spitze. Für DM 45’242 kaufte man sich so einen veritablen “Porsche-Killer”. Und mit 16,9 Liter Verbrauch pro 100 km war die Alpina-Variante sogar noch sparsamer als die Serien-Version.
Der 3.0 CSL im Vergleich zur Konkurrenz und Tuning-Versionen
Preis DM | PS | 0-100 km/h | 0-180 km/h | Spitze | l/100 km | |
---|---|---|---|---|---|---|
BMW 3.0 Csi (74) | 34980 | 200 | 7.3 | 25.5 | 219.8 | |
BMW 3.0 CSL (72) | 31245 | 200 | 7.1 | 24.7 | 218.1 | 18.9 |
BMW 3.0 CSL GS | 42760 | 230 | 6.8 | 22.1 | 220.8 | 19.2 |
BMW 3.0 CSL Alpina | 45242 | 250 | 6.4 | 18.5 | 244.8 | 16.9 |
BMW 3.0 CSL Koepchen | 54905 | 260 | 6.1 | 20.2 | 225 | 23.5 |
BMW 3.0 CSL Schnitzer | 56667 | 290 | 5.7 | 17.2 | 243.2 | 23.3 |
BMW 3.0 CSL (74) | 38860 | 206 | 7 | 25.6 | 220.9 | 16.8 |
Alfa Romeo Montreal | 35000 | 200 | 7.6 | 25.1 | 223.8 | |
Porsche Carrera 2.7 Liter | 40950 | 210 | 6.1 | 19.9 | 238.4 |
Quelle: Auto Motor und Sport 1972/1974
Noch mehr Leistung für die Rennversion der Motorsport GmbH
Schon früh wurden die BMW-Coupés auch im Rennsport eingesetzt, so richtig los ging es aber erst ab 1973 mit der Motorsport GmbH, die BMW als Waffe gegen Ford aufbaute. Mit Jochen Neerpasch wurde gleich auch der Leiter von der Konkurrenz übernommen, mit Chris Amon, Hans-Joachim Stuck und anderen eine hungrige Fahrercrew aufgebaut.
Das Rennsport-Coupé der Gruppe 2 auf 3.0 CSL Basis besass 1973 einen Motor mit 3340 cm3 Hubraum und 360 PS bei 7600 Umdrehungen. Die mit Kugelfischer-Einspritzungen ausgerüsteten Sechszylinder waren 11:1 verdichtet, ihre Kraft wurde über ein Gertrag-Fünfganggetriebe auf die Hinterachse übertragen.
In der 35 Personen starke Motorsport GmbH erhielt von BMW Rohkarossen, die mit Verbreiterungen und renntauglichen Aufhängungen komplettiert wurden. 1062 kg schwer waren die Rennwagen. Sie waren den Capris mehr als ebenbürtig. Von 1973 bis 1979 gewann BMW sechsmal die Tourenwagen EM, viermal trug der Sieger der 24 Stunden von Spa Francorchamps den BMW-Propeller auf der Motorhaube.
Neben der Gruppe-2-Version entstanden bald auch Gruppe-5-Coupés mit bis zu 800 PS Leistung, die sich in der Markenweltmeisterschaft gegen die Übermacht der Porsche 934/935 stemmten.
Selbst Jahre nach Einstellung der Produktion des Serien-CSLs im Jahr 1975 wurden in den verschiedensten Meisterschaften noch Renn- und Klassensiege herausgefahren.
Wertvoll geworden
Von den drei Serien des Serien-CSLs entstanden insgesamt 1265 Exemplare, wovon 169 der ersten, 167 der letzten Serie zugeordnet werden können.
Alle Ausführungen wurden über die letzten Jahre überaus wertvoll. Lagen dabei vor wenigen Jahren noch die frühen Serien vorne, werden heute (2016) die beflügelten späten Exemplare am höchsten taxiert.
Selbst im Zustand 4 gehen die Preise fast in sechsstellige Dimensionen. Dabei sind Restaurierungen teuer.
Ein Schweizer Auto
Fahrgestell 2275525 wurde im Oktober 1973 fertiggebaut und gelangte in Polaris-Silber in die Schweiz, wo es durch die MOTAG in Dielsdorf im September 1974 ausgeliefert wurde. Inzwischen ist es komplett restauriert, mit Alpina-Leichtmetallrädern und Michelin XWX Reifen ausgerüstet.
Die komplette “Batmobile”-Ausrüstung ist natürlich an Bord, genauso wie die originalen Scheel-Sitze. Der Wagen steht da, wie er aus dem Werk kam. Und soll nun am 19. Januar 2017 von Bonhams in Scottsdale für USD 325’000 bis 375’000 versteigert werden.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 10 / 1973 vom 08.Mrz.1973 - Seite 9: BMW Motorsport GmbH
- Auto Motor und Sport Heft 24/1972 ab Seite 116: Test BMW 3.0 CSL Serie und Tuning
- Auto Motor und Sport Heft 23/1974 ab Seite 108: Test BMW 3.0 CSL
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