Es war eine Premiere. Die Galerie Fischer, ein bekanntes Kunstauktionshaus aus der Innerschweiz, führte anlässlich der Swiss Classic World in Luzern ihre erste Automobilversteigerung durch.
Akribische Vorbereitung
Man hatte nichts dem Zufall überlassen. Gerade, weil es die erste Fahrzeugauktion war, wollte man bei der Galerie Fischer sicher gehen, dass bezüglich Fahrzeugauswahl, Dokumentation und Kommunikation alles dem eigenen hohen Standard entsprach, wie man ihn auch bei Kunstauktionen einhielt. Entsprechend hatten alle mindestens dreissigjährigen Fahrzeuge einen FIVA-Pass und waren umfangreich dokumentiert.
Alle Autos befanden sich in gutem oder sehr gutem Zustand. Der Katalog war von hoher Güte und wurde aus Insider- und Käuferkreisen anerkennend zur Kenntnis genommen.
Verhaltene Stimmung
Dann kam der grosse Tag. Die Fahrzeuge wurden ab Freitag den 27. Mai 2016 an der Swiss Classic World in Luzern präsentiert und konnten eingehend begutachtet werden. Die Versteigerung selber erfolgte dann am Samstag, den 28. Mai 2016 ab 17:00 Uhr.
Der “Saal” war voll, mit Ausnahme der offenbar unbeliebten ersten Reihe waren praktisch alle Stühle besetzt, die Spannung gross. Mit einem gut aufgemachten Video und einigen einleitenden Worten wurde die Versteigerung, die live auf zwei Online-Auktionsplattformen übertragen wurde, gestartet. Drei Damen nahmen zudem telefonische Angebote entgegen. Für viele der Fahrzeuge lagen schriftliche Vorgebote vor.
Doch bereits das erste Fahrzeug blieb unter dem Mindestpreis stehen, statt der erwarteten CHF 34’000 bis 38’000 wurden nur 30’000 für das hübsche schwarze Käfer 1303 Cabriolet geboten. Für das Publikum im Saal war dann nicht ganz klar, ob der Wagen nun zugeschlagen sei oder nicht. Erst im Nachhinein war klar, das Cabrio war nicht verkauft. Der Einlieferer hatte mehr erwartet.
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Stagnierende Preise? Abwartende Käufer?
Auch die folgenden Fahrzeuge teilten das Schicksal des Käfers. Immer erreichten die Gebote durchaus eine respektable Höhe, aber nicht den geforderten Mindestpreis. Kuno Fischer verzichtete auf die bei anderen Versteigerungen durchaus nicht üblichen Zuschläge auf Vorbehalt, aus seiner Sicht war ein Auto verkauft oder eben nicht. Für die Bieter hatte dies den Vorteil, dass sie ihren geplanten Einsatz nicht blockierten und entsprechend noch auf ein weiteres Fahrzeug setzen konnten.
Trotzdem war es natürlich schade, dass derart rare Klassiker wie der Morgan 4-4 von 1936, immerhin vermutlich der älteste vierrädrige Morgan weltweit, der noch auf der Strasse ist, oder der Singer Le Mans 1.5 Litre aus dem selben Jahr, keinen neuen Besitzer fanden. Offenbar warteten viele Interessenten angesichts der in letzter Zeit eher stagnierenden Preise zu.
Günstige Zuschläge
Mit dem Maserati Mistral 3700 GT von 1966 konnte dann das Schicksal gewendet werden, für CHF 96’600 oder EUR 87’027 fand er in eine neue Garage.
Gleiches galt für den herrlichen silberfarbigen Jaguar XK 120 OTS von 1952, der dem neuen Besitzer CHF 103’500 oder EUR 93’243 wert war.
Auch der ex-Martina-Hingis-Porsche 996 von 1997, einem der ersten produzierten Fahrzeuge dieser Baureihe, konnte erfolgreich zugeschlagen werden. Für CHF 29’900 oder EUR 26’937 ging er in neue Hände über.
Einen echten Exoten mit Kunststoffkarosserie erhielt auch der Käufer des Jensen 541 L von 1956 zu einem attraktiven Preis von CHF 88’550 oder EUR 79’775, während die Pagode, ein Mercedes-Benz 280 SL von 1968 für CHF 92’000 oder EUR 82’883 an einen Internet-Bieter ging.
Highlights unter dem Limit
Angesichts der doch recht hohen Estimates und relativ hohen Erwartungen der Besitzer blieben viele Wagen unverkauft. Darunter war auch der als Höhepunkt angekündigte Alfa Romeo 6C 1750 Gransport Spider mit Zagato-Karosserie aus dem Jahr 1930. Mehr als CHF 1,2 Millionen wollte kein Interessent bieten.
Nicht auf den Mindestpreis kam auch der Ferrari 365 GTC/4 als Spider von 1971. Das äusserst elegant wirkende dunkelblaue Cabriolet blieb bei sicherlich günstigen CHF 280’000 stehen.
Manöverkritik
Kuno Fischer war angesichts der erreichten Ergebnisse nicht gerade euphorisch gestimmt am Tag nach der Versteigerung. Aber er brauchte sind keine Sünden vorzuwerfen. Einzig bei der Dramaturgie der Versteigerung wären vielleicht noch mehr Auflockerungen möglich gewesen, wenn man beispielsweise die Autos vor der Bühne hätte durchfahren lassen oder zwischendurch ein Video gezeigt hätte. Ob dies die Interessenten bietfreudiger gemacht hätte, bleibt offen.
Überraschenderweise hatten sich auch Interessenten, die vorgängig klare Kaufabsichten geäussert hatten, am Versteigerungsabend zurückgehalten. Es entspricht halt vielleicht ein wenig der Schweizer Art, abzuwarten und auf die richtige Gelegenheit zu warten. Und angesichts der momentan verhaltenen Stimmung im Markt, die sich auch an anderen Versteigerungen der letzten Zeit zeigte, kann man es den Käufern nicht verübeln, wenn sie nicht alle Preisvorstellungen der Verkäufer mittragen. Fischer jedenfalls gab sich überzeugt, dass wohl einige der Autos noch nach der Auktion den Besitzer wechseln würden (Nachverkauf).
Kuno Fischer will auch nächstes Jahr zusammen mit Frank Lutz (Franks Originale) und Bernd Link (Swiss Classic World Luzern) eine Versteigerung durchführen, finale Entscheide seien allerdings noch nicht gefällt. Mit dem Erstling wurde gezeigt, dass man das Handwerk versteht und offenbar sind bereits erste Fahrzeuge für das nächste Mal angekündigt worden. Man darf also schon jetzt auf die nächste Swiss Classic World gespannt sein.
Ergebnisse
Die folgende Liste zeigt alle 23 an der Auktion angebotenen Fahrzeuge mit Schätzpreisen in CHF und Höchstgeboten in CHF und EUR an. Direkt an der Versteigerung verkaufte Fahrzeuge weisen zudem einen Verkaufspreis (inkl. Aufpreis/Kommissionen, 15%) auf. Die Umrechnung erfolgte zum Tageskurs: 1 EUR = 1.11 CHF. In der Spalte "% Est" werden die Höchstgebote mit dem mittleren Schätzpreis verglichen.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Die Liste kann durch Klicken auf die Spaltenüberschriften nach Belieben sortiert werden.
Lot | Fahrzeug | Jahr | CHF Est von | CHF Est bis | CHF HGebot | € HGebot | % Est | CHF VPreis | € VPreis |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | VW Käfer 1303 Cabriolet | 1979 | 34000 | 38000 | 32000 | 28829 | 0.89 | ||
2 | Morgan 4-4 Sport | 1936 | 40000 | 60000 | 38000 | 34234 | 0.76 | ||
3 | Mercedes-Benz 250 SE Coupé | 1967 | 62000 | 82000 | 61000 | 54955 | 0.85 | ||
4 | Austin-Healey 100 Six (BN6) | 1958 | 70000 | 90000 | 68000 | 61261 | 0.85 | ||
5 | Ferrari 308 GTS | 1979 | 110000 | 130000 | 90000 | 81081 | 0.75 | ||
6 | Singer 1,5 Litre Sport Le Mans | 1936 | 110000 | 130000 | 100000 | 90090 | 0.83 | ||
7 | Jaguar E-Type S1 3.8 Coupé | 1962 | 185000 | 215000 | 170000 | 153153 | 0.85 | ||
8 | Maserati 3700 GT Mistral | 1966 | 80000 | 120000 | 84000 | 75676 | 0.84 | 96600 | 87027 |
9 | Austin-Healey 3000 Mk2 (BN7) | 1962 | 98000 | 118000 | 95000 | 85586 | 0.88 | ||
10 | Alfa Romeo 6C 1750 GS Zagato | 1930 | a.A. | 1200000 | 1081081 | ||||
11 | Jaguar XK120 OTS | 1952 | 90000 | 110000 | 90000 | 81081 | 0.9 | 103500 | 93243 |
12 | Ferrari 365 GTC/4 Spider Conversion | 1971 | 300000 | 340000 | 280000 | 252252 | 0.88 | ||
13 | Porsche 996 | 1997 | 22000 | 28000 | 26000 | 23423 | 1.04 | 29900 | 26937 |
14 | Delahaye 122 Brookland Special | 1933 | 210000 | 240000 | 190000 | 171171 | 0.84 | ||
15 | Mercedes-Benz 300S Roadster | 1953 | 650000 | 850000 | 600000 | 540541 | 0.8 | ||
16 | Fiat 1600S OSCA Spider | 1963 | 44000 | 48000 | 42000 | 37838 | 0.91 | ||
17 | AC Aceca | 1955 | 165000 | 185000 | 150000 | 135135 | 0.86 | ||
18 | Bentley S2 Continental DHC Park Ward | 1961 | 300000 | 350000 | 290000 | 261261 | 0.89 | ||
19 | Mercedes-Benz 220 Seb Cabriolet | 1962 | 160000 | 180000 | 140000 | 126126 | 0.82 | ||
20 | Jensen 541L | 1956 | 77000 | 87000 | 77000 | 69369 | 0.94 | 88550 | 79775 |
21 | Bentley Derby 3,5 Litre DHC | 1934 | 157000 | 187000 | 155000 | 139640 | 0.9 | ||
22 | Mercedes-Benz 280 SL | 1968 | 80000 | 120000 | 80000 | 72072 | 0.8 | 92000 | 82883 |
23 | Mercedes-Benz 190E 2.5 16V EVO I | 1989 | 65000 | 85000 | 62000 | 55856 | 0.83 |
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