Die letzte Sonderschau mit Fahrzeugen von Carossier Hermann Graber wurde wegen der Corona-Pandemie um ein halbes Jahr verlängert. Doch jetzt stehen wieder andere Autos im Spiralgang des Pantheon Basel und sie tragen (fast) alle einen Stern.
Stefan Musfeld und das Pantheon-Team haben die Sonderschau, die seit Ende Oktober 2020 bis zum 18. April 2021 besichtigt werden kann, der Marke “Mercedes-Benz” gewidmet.
Fokus auf Vor- und Nachkriegszeit
Natürlich wäre der Modellfundus fast unendlich gewesen, schliesslich ist Mercedes-Benz, zusammen mit ihren Vorgängermarken Benz und Daimler eine der ältesten Automarken der Welt und mit dem “Benz Velo” auch noch Patentinhaber und sozusagen Erbauer des ersten Automobils mit Verbrennungsmotor. Genauer handelte es sich um einen 1-Zylinder-Benzinmotor, der liegend mit offenem Zylinder und Schwungrad montiert war und mit 954 cm3 0,75 PS produzierte. Das reichte, damit Frau Benz ihre historische Fahrt über 210 km von Mannheim nach Pforzheim in Angriff nehmen konnte.
Ein Original existiert nicht mehr, weshalb der Hersteller vor vielen Jahren einige Replicas des Dreirads von 1886 in Auftrag gab. Ein Exemplar steht jetzt gleich beim Eingang der Ausstellung.
Um die Ausstellung zahlenmässig machbar zu machen, fokussierte Pantheon-Initiator Musfeld auf die Modelle, die bis knapp in die Siebzigerjahre entstanden. Die neuesten Autos sind von der Baureihe R/C107 und sie durften natürlich nicht fehlen. Der grösste Teil der Fahrzeuge aber stammte aus den Dreissiger- bis Fünfzigerjahren.
Kompressor- und Luxus-Wagen der Vorkriegszeit
Rund ein Drittel der ausgestellten Wagen stammt aus der Vorkriegszeit, darunter ein herrlicher Mercedes-Benz 630 K von 1927 mit Achtzylindermotor und Kompressor, aber auch ein Benz 10/30 von 1924.
Dies war damals ein mittelgrosser Wagen, notabene mit über drei Metern Radstand. Als Motor kam ein 2,6 Liter grosser Vierzylinder zum Einsatz, der den stattliche Wagen auf über 80 km/h beschleunigen konnte.
Ebenfalls selten ist der Mercedes-Benz 500 “Nürburg”, der mit Jahrgang 1931 gezeigt wird. Noch seltener und im Prinzip die Verbindung zur vorherigen Sonderschau “Graber” ist der 500K von 1934 mit Aufbau von Hermann Graber.
Der Achtzylinder dieses eleganten Wagens leistete dank Kompressor 160 PS, damit gehörte man sicher zu den Schnellen. Ein SSK oder SSKL fehlt leider, da Zollrestriktionen leider das Ausstellen eines geplanten Wagens aus Deutschland verhinderten.
Dafür sind die späten Dreissigerjahre mit mehreren eleganten Fahrzeugen vertreten.
- Batterien
Der Ausnahme-Mercedes
In den Dreissigerjahren waren Automobile nur für wenige erschwinglich und auch die Palette des Herstellers Mercedes-Benz richtete sich mit Wagen wie dem 500 K oder 290 vor allem an die Oberschicht. Die Ingenieure Hans Nibel und Max Wagner aber sannen nach neuen Lösungsansätzen, um auch weniger vermögenden Leuten den Zugang zum Auto zu ermöglichen. Und so entstand der Typ 130 mit Heckmotor!
Aus ihm wurde im Februar 1936 der Mercedes-Benz 170 H, der zur Unterscheidbarkeit zum Frontmotor-170 (V) erstmals offiziell das “H” in der Typenbezeichnung trug. Ein Verkaufserfolg wurde er trotzdem nicht. Dafür steht jetzt ein Exemplar in der Sonderschau im Pantheon und als Besonderheit handelt es sich um einen Wagen, der sich in Restaurierung befindet.
Natürlich mit Flügeltürer
Was wäre eine Mercedes-Schau ohne Flügeltürer? Der 300 SL gehört einfach dazu und er fehlt natürlich auch im Pantheon nicht. Neckisch steht er gleich neben dem Heckmotor-170H und dazu auch noch mit offenen Flügeltüren.
Man versteht sofort, warum dieses Sportcoupé zu den begehrenswertesten Klassikern überhaupt gehört. Ein 300 SL Roadster kommt eventuell später noch dazu. Sowieso sind die Sonderschauen des Pantheons nie komplett statisch, von Zeit zu Zeit kann sich die Auswahl je nach Situation verändern.
Gleich oberhalb des 300 SL steht nun ein hübscher 190 SL von 1959 mit Hardtop, rot lackiert und definitiv eine Augenweide.
Ponton und Heckflosse
Die ersten 20 Nachkriegsjahre werden in der Ausstellung durch einen 170 S von 1953, zwei Ponton-Mercedes und eine zweitürige Heckflosse repräsentiert, ein guter Mix. Um ein besonderes Exemplar handelt es sich sicher beim gezeigten Mercedes-Benz 190 von 1957.
Es ist nämlich ein rarer viertüriger Kombi, gebaut bei Binz. Mercedes lieferte den Karosseriebauern damals halb-fertiggestellte Autos und diese konvertierten sie dann z.B. zu einem Krankenwagen.
In Richtung Neuzeit
Wenn man den Spiralgang nach oben erklingt nähert man sich dem Ende der Ausstellung und der Neuzeit. Auf den 190 SL folgen ein 230 SL (Pagode), ein 280 SL der Baureihe R107 und ganz am Schluss ein 450 SLC der Baureihe C107, beides überaus beliebte Klassiker.
Vis-à-vis vom 450 SLC steht übrigens noch ein Mercedes-Benz 600, als ein “Grosser Mercedes”, wie er ab den Sechzigerjahren für Staatsoberhäupter und andere wichtige Persönlichkeiten verkauft wurde. Wer wohl einst in der silbernen Limousine mitfuhr?
Die Auswahl der rund zwei Dutzend Autos ist mehr als eindrücklich, genauso interessant ist, dass fast alle Wagen in Grau- oder Pastellfarbtönen dastehen. Richtig bunte Farben gab’s bei Mercedes-Benz eben eher selten, am ehesten noch bei den sportlichen Modellen, wie der 190 SL in Rot zeigt. Unbedingt genauer anschauen sollte man auch die herrlichen Fotos hinter den ausgestellten Wagen, die einen Einblick in andere Modelle und die Produktion von damals geben.
Die Ausstellung im Pantheon Basel ist bis am 18. April 2021 geöffnet. Über allfällige Corona-Restriktionen gibt die Pantheon-Website genauso Auskunft wie über die generellen Öffnungszeiten.
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Sie schreiben in Ihrem Bericht "Sonderschau Mercedes Benz", dass einen original Benz Motorwagen nicht mehr existieren würde. Dies scheint so nicht ganz der Fall zu sein. Bei einem Besuch im Deutschen Museum München Verkehrszentrum
ist ein Patentmotorwagen von Karl Benz ausgestellt. Laut Auskunft eines Mitarbeiters des Verkehrszentrums wurde das Fahrzeug von Karl Benz dem Museum zur Verfügung gestellt. Es ist auf der Info-Tafel folgendes vermerkt:
Stifter: Karl Benz Mannheim
Inv. Nr.: 4710
Laut weiterer Aussage des Museumsmitarbeiters wird dieses Fahrzeug auch zu Ausstellungszwecken ausgeliehen und für diesen Zeitraum für ca. 11 Millionen uro versichert.
Herzlichen Dank für die tollen Berichte und bleiben Sie gesund.