Schon die Ankündigung hatte viel Euphorie ausgelöst. Am 26. Oktober 2024 schliesslich brachte RM/Sotheby's in der Umgebung von Los Angeles in einer Live-Versteigerung 67 Autos, drei Motorräder und viele rare Motoren/Ersatzteile unter den Hammer.
Bereits die über 130-Ersatzteil-Lots mit vielen Porsche-Motoren, aber auch Teilen zu Lamborghini, Ferrari oder Mercedes-Benz brachten zusammen fast USD 770'000 ein, für einen fast vollständigen, aber sicherlich aufwändig wieder instandzusetzenden Motor zu einem Lamborghini Miura P400 S in Teilen wurde USD 216'000 bezahlt.
Aber richtig los ging es erst, als nach etwa 90 Minuten die Autos aufgerufen wurden. Internetbieter, Telefonanrufer und die Leute im Saal steigerten sich zu Beträgen hoch, die meist deutlich über den Erwartungen lagen. Im Schnitt wurde bei den 70 Fahrzeugen, die zusammen im Vorfeld auf etwa USD 20,1 Millionen geschätzt worden waren, 260 % des mittleren Estimates geboten.
Pro Fahrzeuge wurden schliesslich nicht wie erwartet USD 299'328, sondern 430'564 bezahlt! Insgesamt wurden alle Fahrzeuge für USD 28'847'800 verkauft. Da alle Lots ohne Mindestpreis angeboten waren, betrug die Verkaufsquote natürlich 100 %.
Zu erwähnen wäre noch, dass über die Hälfte der Fahrzeuge mit dem Vermerk “Offered as parts only” vermittelt wurden, was auch etwas über den Zustand der Autos und die (kaum) vorhandene Dokumentation aussagte.
Vor allem Porsche und Mercedes-Benz
Der gebürtige Deutsche Rudi Klein hatte in Kalifornien ab den Sechzigerjahren eine Vielzahl von Automobilen (und Ersatzteilen) in teilweise desolatem Zustand zusammengetragen. Während viele der Fahrzeuge eigentliche Schrottautos waren, kamen über die Zeit auch echte Sammlerfahrzeuge in fahrbarem Zustand dazu. Fast alles blieb über Jahrzehnte bis über seinen Tod im Jahr 2001 hinaus unberührt und präsentiert sich daher heute in oftmals schlechtem, aber originalem Zustand.
Klein schwärmte vor allem für deutsche Automarken, entsprechend stammten bei den zu versteigernden Wagen auch 24 von Porsche, 14 von Mercedes-Benz, vier von BMW, je drei von Horch und Maybach. Dazu kamen noch ein NSU, zwei Audi und ein oder zwei Volkswagen, je nachdem wie man zählt.
Doch er behielt auch ausländische Exoten. Zwei Aston Martin, ein Facel Vega und eine ganze Reihe italienischer Klassiker von Ferrari, Lamborghini, Maserati und Iso an der Versteigerung bewiesen, dass Klein auch nicht-deutsche Sportwagen mochte.
Da viele dieser 67 Autos seit vielen Jahrzehnten nie auf dem Markt aufgetaucht sind und man teilweise kaum noch wusste, dass sie noch existieren, war das Interesse natürlich besonders gross, trotz der teilweise eher bedauerlichen Zustände.
Der Alu-300-SL-Gullwing als Überflieger
Beim am teuersten eingeschätzten Wagen der Versteigerung handelte es sich um einen Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer von 1956 mit Alu-Karosserie. Ursprünglich von Luigi Chinetti bestellt, konnte Klein das Coupé 1976 direkt von Chinetti kaufen. Viel mehr wusste man aber über den Wagen offensichtlich nicht.
Seit fast 50 Jahren war der Wagen weder gefahren noch öffentlich gezeigt worden, er wurde aber auch nie restauriert, was vielleicht den hohen Schätzwert von USD 4,5 bis 6 Millionen erklärte.
Dies beeindruckte aber niemanden. Bei zwei Millionen setzten die Gebote ein und sie stiegen bis auf USD 8,5 Millionen, als der Hammer fiel.
Der neue Besitzer zahlte somit USD 9,355 Millionen (EUR 8,7 Millionen, CHF 8,14 Millionen) für einen Wagen, der ohne grössere Eingriffe sicherlich nicht zum Fahren kommt.
«Keeping the Heritage of Sir Henry & WO on the Road»
6055 Alpnach Dorf, Schweiz
- Wartung, Reparatur & Pflege
- Wartung & Reparatur
- Restaurierung & Projekte
- Allgemeine Wartung
- Kaufberatung & Expertise
- Reinigung & Pflege
- und weitere ...
Rolls Royce, Bentley, MG, und weitere
Der Iso Grifo A3/L Spider
1964 zeigte Bertone in Genf eine Spider-Version des ein Jahr zuvor in Turin vorgestellten Iso Grifo A3/L Coupés. Bereits hatte sich die Frontgestaltung gegenüber dem ersten Prototyp geändert, aber eine Serienproduktion lag zu jener Zeit noch in der Zukunft.
Der offene Prototyp wurde an weiteren Salons gezeigt, in Serie gefertigt wurde aber schliesslich nur das Coupé, das Cabriolet blieb ein Einzelstück.
Über Jahrzehnte wurde diese Rarität kaum mehr gesichtet, tatsächlich kaufte Klein den Spider 1980 von Greg Garrison, der ihn seit 1973 gefahren hatte.
Zu jener Zeit hatte der Spider schon einiges erlebt, die Front war nach einem Umfall modifiziert worden. Rudi Klein fuhr das Einzelstück eine Zeit lang und stellte es dann weg, wie viele andere seiner Sammlerstücke.
Bei der Versteigerung präsentierte sich der Wagen zwar weitgehend komplett, aber doch eher in einem Zustand jenseits von 3. Erwartet wurden USD 700'000 bis eine Million. Aufgerufen wurde der Wagen als “perfect concours candidate” und bei USD 400'000 gingen die Gebote los. Mehrfach begann der Auktionator den Wagen herunterzuzählen, aber in 50'000-er-Schritten gingen die Gebote schliesslich bis USD 1,7 Millionen hoch.
Für USD 1,875 Millionen (EUR 1,744 Millionen, CHF 1,631 Millionen) wurde das Restaurierungsobjekt schliesslich verkauft, mehr als für das Doppelte des Schätzwerts.
Teurer Ro80 von Pininfarina
Hatten bereits der Flügeltürer und der Grifo Spider deutlich besser abgeschnitten als erwartet, so brillierte der NSU Ro80, den Pininfarina 1971 als viertürige Limousine mit einer ganz spezielle Schiebedachkonstruktion karossierte und in Turin und 1972 in Brüssel zeigte, noch mehr.
Seit 1995 war der Wagen nicht mehr gesehen worden, jetzt wurden USD 60'000 bis 80'000 erwartet. Geboten wurden dann USD 415'000, womit der Verkaufspreis USD 461'500 (EUR 429'195, CHF 401'505) betrug. Hatte RM/Sotheby's diesen Wagen wirklich derartig unterschätzt?
Bis zum 25-fachen
Beim Vergleich der Höchstgebote mit dem gemittelten Schätzwert gab es aber noch deutlich stärkere Ausschläge als bisher erwähnt. Diese waren typischerweise bei günstigeren Fahrzeugen, respektive Teilträgern zu beobachten.
Für einen Porsche 356 B 1600 S mit Drauz-Roadsterkarosserie von 1960 wurden anstatt der erwarteten USD 2000 bis 3000 immerhin 70'000 bezahlt!
Ein arg ramponiertes Porsche 356 C Carrera 2 2000 GS Coupé von 1963 war dem Käufer USD 64'400 wert, der Estimate lag bei USD 2500 bis 5000.
50 Fahrzeuge erreichten ihren Schätzwert oder wurden höher zugeschlagen, selbst bereits teuer eingeschätzte Wagen wie ein Porsche 356 B 1600 Roadster von D'Ieteren aus dem Jahr 1962.
USD 350'000 bis 550'000 hatte man erwartet, USD 1,05 Millionen wurden für den wenig gelaufenen und original erhaltenen Porsche geboten, somit lautete der Verkaufspreis nach einem fast zehnminütigen Bieterkampf USD 1,16 Millionen (EUR 1,079 Millionen, CHF 1,01 Millionen).
Stramme Preise für die dreieinhalb Miuras
Am Miura hatte Rudi Klein offenbar Gefallen gefunden. Zwei P400 von 1967 und 1968, ein P400 S von 1969 sowie ein P400 S aus dem Jahr 1968, von dem nur noch die Front vorhanden ist, der aber dafür zusammen mit dem VW Typ 2 Transporter von 1968 verkauft wurde, auf dem er ruhte, kamen unter den Hammer.
Während der Bus samt Schnauze für USD 56'000 verkauft wurde, zahlte ein Käufer für den stark beschädigten, aber weitgehend vollständigen P400 von 1968 USD 1,325 Millionen (EUR 1,232 Millionen, CHF 1,153 Millionen).
Und unter USD 610'000 kriegte man kein Miura-Restaurierungsobjekt.
Caracciolas 500K enttäuschte (ein bisschen)
Rudi Caracciola fuhr auch privat schnelle Automobile, eines davon war der Mercedes-Benz 500 K Special Coupé aus dem Jahr 1935 mit Chassisnummer 113718. Der Wagen gelangte nach dem Krieg in die USA, wurde in den Sechzigerjahren restauriert und damals an einigen Concours gezeigt, darunter auch Pebble Beach, wo er Zweiter seiner Klasse wurde.
1979 konnte Rudi Klein den Wagen übernehmen, hielt ihn aber den grössten Teil der Jahrzehnte versteckt.
Dieser 500 K war überraschenderweise einer der wenigen teuren Wagen, die ihren Schätzwert nicht erreichten. Statt der erwarteten USD 4 bis 6 Millionen, genügten USD 4,13 Millionen (EUR 3,84 Millionen, CHF 3,59 Millionen) für die Übernahme.
Ähnlich erging es einem noch vor kurzem in Deutschland restaurierten Horch 855 Special Roadster von Gläser aus dem Jahr 1939, der für USD 3,305 Millionen (EUR 3,074 Millionen, CHF 2,875 Millionen) vermittelt wurde.
Ferrari mit unterschiedlich viel Nachfrage
Insgesamt fünf Ferrari der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre, respektive von Anfang der Siebzigerjahre kamen bei der RM-Versteigerung unter den Hammer. Sie waren teilweise nur in Fragmenten noch vorhanden und es fehlten im einen oder anderen Fall sogar Chassisnummern. Ob gerade diese Autos je wieder im alten Glanz auferstehen können, erschien zumindest fraglich.
Während drei der Fahrzeuge weniger einbrachten als erwartet, schaffte es der 365 GTC/4 von 1972 für USD 106'400 (EUR 98'952, CHF 92'568) deutlich über dem Estimate verkauft zu werden.
Ähnlich erfolgreich war das Maserati Mistral 4.0 Coupé von 1968, das trotz deutlichem Unfallschaden als Verkaufspreis USD 64'400 erzielte.
Als Beobachter muss man sich sicher fragen, wie die Käufer die teilweise enormen Preise, die sie bezahlten, rechtfertigen werden. Sicherlich hat der Sieg des patinierten Bugatti 59 in Pebble Beach eine gewisse Patina-Euphorie ausgelöst, aber was bei RM verkauft wurde, war teilweise wirklich eher Schrott als ein original erhaltenes Fahrzeug mit Patina. Ausnahmen bestätigten natürlich die Regel und man darf gespannt sein, wieviele der 67 Autos trotz widriger Umstände wieder auf die Strasse gelangen werden.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
| Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 239 | Porsche 911 Targa (Jg. Ca.) | 1976 | 3000 | 6000 | 15'000 | 16'800 | 14'616 | 15'624 | +273.33%
|
V |
| 240 | Porsche 356 B Coupé (Jg. Ca.) | 1961 | 3000 | 6000 | 1500 | 1680 | 1461 | 1562 | -62.67%
|
V |
| 241 | Porsche 356 B Coupé (Jg. Ca.) | 1960 | 3000 | 6000 | 2250 | 2520 | 2192 | 2343 | -44%
|
V |
| 242 | Mercedes-Benz 280 SE Coupé (Jg. Ca.) | 1966 | 3000 | 5000 | 8000 | 8960 | 7795 | 8332 | +124%
|
V |
| 243 | Ferrari 330 GTC by Pininfarina | 1967 | 50'000 | 75'000 | 45'000 | 50'400 | 43'848 | 46'872 | -19.36%
|
V |
| 244 | Ferrari 330 GTC by Pininfarina | 1966 | 30'000 | 40'000 | 35'000 | 39'200 | 34'104 | 36'456 | +12%
|
V |
| 245 | Porsche 911 S 'Soft-Window' Targa | 1967 | 3000 | 6000 | 13'000 | 14'560 | 12'667 | 13'540 | +223.56%
|
V |
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis






















































































































































































































































































































































Kommentare