Von einer stilvollen neuen Auktionserfahrung sprach RM/Sotheby’s im Vorfeld der Versteigerung vom 10. Dezember 2022 in Miami. Schauplatz war ein modernes Gebäude, gestaltet durch die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron, an der South Beach der südlichen Stadt am Meer.
58 Autos (und ein paar Automobilia sowie Ferrari-Motoren und Koffersets) kamen unter den Hammer, im Schnitt waren die Autos gerade einmal 25 Jahre jung. Der Gesamtwert der Fahrzeuge wurde auf USD 41,4 Millionen geschätzt. Für “Gambler” war dabei besonders interessant, dass 62 % der Fahrzeuge ohne Mindestgebot unter den Hammer kamen.
Dies und offenbar der gute “Match” zwischen Angebot und Kaufinteressenten resultiere in einer Verkaufsquote von 97 Prozent, es blieb genau ein Auto unverkauft. Im Schnitt wurde der mittlere Estimate fast 100-prozentig erreicht. Pro Wagen zahlten die Käufer inklusive Aufpreis/Kommission USD 693’535 (EUR 658’858, CHF 651’923).
Superschnäppchen
Noch vor den Autos wurden einige “Ersatzteile” und Automobilia versteigert und hier war wohl das grösste Schnäppchen der ganzen Versteigerung zu machen. Für vier Aluräder für den Ferrari 550 (new old stock) wurden nämlich gerade einmal USD 950 erzielt. Da kostet schnell eine Aufbereitung bestehender Räder mehr …
Für Gepäckgarnituren zu Ferrari F50 und Enzo wurden USD 30’000 und 26’400 bezahlt, während ein Ersatzmotor für den Ferrari Enzo für USD 450’000 einen neuen Besitzer fand.
Nur 14 Marken vertreten
14 Porsche, neun Ferrari und BMW sowie acht Mercedes-Benz machten zusammen über zwei Drittel des Angebots aus. Dazu gesellten sich Bentley, Bugatti, Ford, Hummer, Jaguar, Lamborghini, Lotus, RUF und Subaru.
Mehr Marken gab es nicht, Maserati oder Alfa Romeo fehlten genauso wie Aston Martin oder andere amerikanische Hersteller neben Ford und Hummer.
Junge Autos zogen, ganz junge weniger
Es waren Autos aus sechs Jahrzehnten im Angebot. Der jüngste Wagen hatte Baujahr 2020, der älteste 1973. Fünf Autos stammten aus den Siebzigerjahren, je 15 aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, 14 wurden zwischen 2000 und 2009 gebaut. Der Rest (9) war noch jünger.
Wenn die Abweichung zwischen Höchstgebot und mittlerem Estimate als Gradmesser genommen wird, dann waren die Autos der Achtzigerjahre am erfolgreichsten, bei Ihnen wurde im Schnitt 117 Prozent des mittleren Schätzwerts geboten. Bei den Siebzigerjahren und den Neunzigerjahren boten die Interessenten im Schnitt 96 Prozent des mittleren Schätzwerts. Für Autos mit Baujahr 2000 bis 2009 wurde im Schnitt 97 Prozent des mittleren Estimates eingesetzt.
Junge Oldtimer waren also am stärksten umkämpft, während Autos der Zehnerjahre nur bei 80 Prozent ihres mittleren Schätzwerts bewertet wurden.
Ferrari-Klassiker am teuersten
Keine Überraschung war sicherlich das Abschneiden der Ferrari Sportwagen.
Den höchsten Preis erzielte ein F50 von 1995, der für USD 5,395 Millionen (EUR 5,126 Millionen, CHF 5,071 Millionen) in eine neue Garage fand.
Ein fast neuer Bugatti Chiron von 2019 wurde für USD 3,3 Millionen verkauft, während der Ferrari F40 aus dem Jahr 1990, der aus dem Besitz von Microsoft-Mitgründer Paul Allen stammte und nur gerade 2736 Meilen auf der Uhr hatte, für USD 3,25 Millionen (EUR 3,088 Millionen, CHF 3,003 Millionen) die Hand wechselte.
Für einen Ferrari Enzo von 2003 wurden USD 3,2 Millionen bezahlt, während der durch Canepa modifizierte Porsche 959 SC von 1988 mit USD 2,92 Millionen (EUR 2,774 Millionen, CHF 2,745 Millionen) bewertet wurde.
Auf Platz 6 der Preisrangliste landete der Ferrari 365 GTS/4 Daytona Spider aus dem Jahr 1973, das älteste Auto der Versteigerung. Chassis 16835 ist der 89. von 121 gebauten offenen Werks-Daytona und der erste Besitzer verkaufte den Wagen an den bekannten Motorrad-Stuntman Evel Knievel. Spätere Besitzer waren der Diskjockey Frankie Crocker und Baseball-Legende Reggie Jackson. Das Auto wurde nie komplett restauriert, wenn auch das Interieur, die Räder und die Farbe ersetzt wurden.
Als Schätzwert für das nur 29’431 Meilen gefahrene Cabriolet warenUSD 2,2 bis 2,4 Millionen angesetzt. Mit einem Höchstgebot von USD 2 Millionen landete der Daytona genauso wie die anderen teuren Autos etwas unterhalb der Erwartungen, wurde aber trotzdem für USD 2,205 Millionen (EUR 2,095 Millionen, CHF 2,073 Millionen) verkauft.
Noch zwei weitere Autos erreichten siebenstellige Preise, ein Porsche Carrera GT von 2005, der für USD 1,655 Millionen (EUR 1,572 Millionen, CHF 1,556 Millionen) in neue Hände gegeben wurde, und ein Ford GT von 2002, der als einziger der genannten Autos den Schätzwert übertraf und für USD 1,49 Millionen veräussert wurde.
Ebenfalls in dieser Aufstellung auftauchen hätte der Bugatti EB110 GT von 1994 sollen, aber bei ihm reichte das Gebot von USD 1,5 Millionen (Schätzwert USD 1,6 bis 1,9 Millionen) für einen Verkauf nicht aus. Es war dies der einzige nicht verkaufte Wagen.
Umworbene AMGs
Ein Mercedes-Benz 560 SEC AMG 6.0 von 1987 mit breiter Karosserie war der Star der Versteigerung.
Er überflügelte seinen Schätzwert von USD 225’000 bis 275’000 deutlich und wurde für USD 720’000 (EUR 684’000, CHF 676’800) vermittelt.
Ähnlich gefragt war der viertürige Mercedes-Benz 560 SEL AMG 6.0 von 1989, der für USD 257’600 (EUR 244’720, CHF 242’144) anstatt der erwarteten USD 90’000 bis 120’000 an einen neuen Besitzer ging.
Das AMG-Trio komplett machte ein 500 SL AMG 5.0 von 1982 (R107), der für imposante USD 291’000 (EUR 276’450, CHF 273’540) veräussert werden konnte.
Gut schlugen sich auf ein Lotus Esprit V8 von 2002, der knapp sechstellig verkauft wurde, sowie ein Porsche 928 GTS, der mit USD 263’200 (EUR 250’040, CHF 247’408) einen sehr ansehnlichen Preis erzielte.
Auch die USD 533’000, die für einen Ferrari 512 M von 1995 und die USD 648’500, die dem neuen Besitzer ein BMW M1 als AHG Studie von 1980 wert war, sind erwähnenswert.
Zwei Evos
Angeboten wurden auch zwei Evolutionsfahrzeuge von Mercedes-Benz und Lancia, nämlich ein Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evo II von 1990 und ein Lancia Rally 037 Stradale Evolution II aus dem Jahr 1982.
Beide konnten verkauft werden. Der 190er erzielte USD 302’000 (EUR 286’900, CHF 283’880), der Lancia USD 555’000 (EUR 475’000, CHF 470’000).
Damit lag der Lancia im Gegensatz zum Mercedes doch etwas unter den Erwartungen.
Günstige Autos
Nicht zuletzt wegen des hohen “No Reserve”-Anteils wurden einige Autos auch deutlich unter den Erwartungen vermittelt. Billig waren sie damit allerdings nicht.
So wurden für einen Porsche Turbo S von 1994 USD 912’500 bezahlt, für einen Bentley Turbo RT Mulliner von 1999 USD 134’400. Ein Lamborghini Countach LP5000 QV von 1986 fand für USD 555’000 (EUR 527’250, CHF 521’700) zu einem neuen Besitzer, ein Mercedes-Benz 450 SLC 5.0 wurde für USD 39’200 (EUR 37’240, CHF 36’848) verkauft.
Teure Autos
Bei einigen Wagen hatte man sich im Vorfeld über hohe Estimates gewundert. Ein Beispiel dafür war ein damals in der Schweiz ausgelieferter Ferrari 328 GTS aus dem Jahr 1989, der für satte USD 150’000 bis 250’000 eingeschätzt war.
Die Bieter sahen aber noch mehr Potential im nur 2400 km gelaufenen Targa und gingen schliesslich bis USD 210’000, womit der Verkaufspreis inkl. Kommission auf USD 235’200 (EUR 223’440, CHF 221’088) zu stehen kam, was für einen 328 GTS doch zumindest ungewöhnlich viel sein dürfte.
RM/Sotheby’s jedenfalls dürften mit der Miami-Premiere zufrieden gewesen sein, es kamen schliesslich alleine für die Fahrzeuge schon USD 39 Millionen zusammen. Und bei einer Verkaufsquote von 97 % darf man kaum hadern.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
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109 | Porsche 928 GTS | 1995 | 175'000 | 200'000 | 235'000 | 263'200 | 247'408 | 250'040 | +40.37%
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V |
110 | Bentley Turbo RT Mulliner | 1999 | 150'000 | 200'000 | 120'000 | 134'400 | 126'336 | 127'680 | -23.2%
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V |
111 | Mercedes-Benz 560 SEC AMG 6.0 'Wide-Body' | 1987 | 225'000 | 275'000 | 650'000 | 720'000 | 676'800 | 684'000 | +188%
|
V |
112 | Porsche 911 Turbo 'Flat-Nose' Coupe | 1987 | 250'000 | 300'000 | 220'000 | 246'400 | 231'616 | 234'080 | -10.4%
|
V |
113 | Mercedes-Benz 500 SL AMG 5.0 | 1982 | 150'000 | 200'000 | 260'000 | 291'000 | 273'540 | 276'450 | +66.29%
|
V |
114 | Lamborghini LM002 | 1991 | 200'000 | 250'000 | 330'000 | 368'000 | 345'920 | 349'600 | +63.56%
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V |
115 | BMW Alpina B7 Turbo Coupe/1 | 1986 | 90'000 | 110'000 | 95'000 | 106'400 | 100'016 | 101'080 | +6.4%
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V |
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis