Auf den ersten Blick erschien das Angebot, das Gooding & Company am 4. März 2022 in Amelia Island versteigern wollte, reichlich unausgewogen. Die Autos mit Porsche-, BMW- oder Ferrari-Zeichen machten fast zwei Drittel der Lotliste unter sich aus. Doch wer genauer hinschaute, erkannte, dass es auch an attraktiven Fahrzeugen von anderen Marken nicht mangelte.
Als Gesamtwert der Autos wurde USD 72,5 Millionen geschätzt, 48 Prozent der Lots kamen ohne Mindestpreis unter den Hammer. Die Verkaufsquote lag bei der gut besuchten Auktion schliesslich mit 91 verkauften Autos bei 92 Prozent, pro Wagen wurden USD 672’065 erzielt. Die Autos wurden vorgefahren und auf der Bühne präsentiert.
Während im Schnitt 96 % des mittleren Schätzwerts geboten wurde, pendelten die Einzelgebote zwischen 38 und 160 % des gemittelten Estimates, knapp über zwei Fünftel der Autos erzielten Höchstgebote auf Höhe oder über den Erwartungen.
Wertvoller Wassertropfen von Talbot
Der teuerste Wagen der Versteigerung war einer der ältesten Wagen. Der Talbot-Lago T150-C-SS von 1937 gehört mit seiner aerodynamischen Karosserie von Figoni et Falaschi, die ihm den Namen “Goutte d’Eau” oder “Teardrop” gab, zu den schönsten Autos der Geschichte. Mit Concours-Teilnahmen in der Zeit, einem Kategoriensieg in Pebble Beach und dem “Best of Show” Award in Amelia Island gehörte Chassis 90107 zu den begehrtesten Autos der Auktion, was sicherlich auch mit dem Schätzwert von “mindestens USD 10 Millionen” dokumentiert war.
Die Bieter sahen das ähnlich und obwohl der Auktionator bereits bei USD 9,1 Millionen raunte, dass er den Wagen nun verkaufen könne, stiegen die Gebote in einer epischen Bieterschlacht weiter bis USD 12,2 Millionen. Damit war nicht nur ein neuer Weltrekord für einen dieser Talbot-Lago Wassertropfen erreicht, sondern auch ein begeisterter Applaus des Publikums gesichert. USD 13,425 Millionen (EUR 12,217 Millionen, CHF 12,351 Millionen) wurden als Verkaufspreis inklusive Aufpreis/Kommissionen notiert.
Dass man trotz des Erfolgs den Humor nicht verloren hatte, bewies Auktionator Charlie Ross, als er den darauf folgenden Toyota Land Cruiser mit einem Startpreis von USD 10 Millionen aufrufen wollte.
Junge Autos in Front
Mit dem Talbot-Lago erzielte zwar ein Vorkriegsauto die höchste Notierung an der Gooding-Versteigerung von Amelia Island, ingesamt aber hatten die Autos vor Jahrgang 1940 eher Mühe. Nur vier der sieben Wagen konnten verkauft werden, die Höchstgebote lagen deutlich unter den Erwartungen.
Bei den Wagen der Fünfzigerjahre lief es schon deutlich besser, auch die Sechzigerjahre schlugen sich passabel.
Richtig ab ging die Post aber bei den Fahrzeugen ab 1970 mit komplett ausverkauftem Angebot und Höchstgeboten, die im Mittel über den Erwartungen lagen, wie die folgende Tabelle zeigt:
Jahrzehnt | Anz. Autos |
Gebot vs. Estimate | Verkaufsquote | |
---|---|---|---|---|
30er | 7 | 78% | 57% | |
50er | 18 | 87% | 89% | |
60er | 20 | 91% | 90% | |
70er | 18 | 100% | 94% | |
80er | 7 | 101% | 100% | |
90er | 12 | 109% | 100% | |
20xx | 17 | 104% | 100% |
Natürlich lag der Erfolg der jungen Autos auch daran, dass der Anteil “No Reserve”-Angebote mit über 62 Prozent besonders hoch lag. Aber auch die Preise pegelten sich auf beträchtlichen Niveau ein.
Für einen Porsche 968 von 1993 (kein Clubsport) zahlte der Käufer immerhin USD 123’200, ein Porsche 993 Carrera 2S von 1997 kam auf USD 207’200.
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Deutsche Hersteller an der Spitze
Porsche stand mit 33 angebotenen Fahrzeugen an der Spitze der Markenstatistik, gefolgt von BMW (11) und Ferrari (inkl. Dino, 11). Mercedes-Benz war mit sechs Wagen vertreten, die übrigen Marken mit ein bis drei Autos, darunter auch exotische Hersteller wie Sunbeam, Bizzarrini, Osca oder Allard.
Von Porsche und BMW wurden alle Autos verkauft, die Höchstgebote lagen bei den Autos aus Zuffenhausen auf Schätzwertniveau, während sie beim BMW 17 % darüber lagen!
Schlecht lief es zwei exotischen Marken. Alle drei Packard und beide OSCA blieben unverkauft, die Höchstgebote kamen im Schnitt nicht über rund 70 % und reichten für einen erfolgreichen Zuschlag nicht aus.
Fast komplette M3-Sammlung zu Höchstpreisen verkauft
Gleich fünf BMW M3 konnte man bei Gooding am 3. März 2022 ersteigern, angefangen bei zwei M3 aus der E30-Baureihe, gefolgt von einem E36 und einem E46. Sogar ein später M3 von 2013 war zu haben, zumal in der besonderen Lime Rock Park Edition.
Die Höchstgebote lagen im Schnitt 25 Prozent über dem mittleren Schätzwert, für den einen M3 E30 aus dem Jahr 1988 zahlte ein Käufer USD 151’200 (EUR 137’592, CHF 139’104). Der E36 M3 von 1995 kostete USD 72’800 (EUR 66’248, CHF 66’976), der E46 M3 von 2001 ging für USD 106’400 (EUR 96’824, CHF 97’888) in neue Hände über.
Der Überflieger unter den BMW war aber ein mit Dachgepäckträger ausgerüsteter 2002 tii von 1974, der für USD 100’800 (EUR 91’728, CHF 92’736) einen neuen Besitzer fand, während die beiden V8-Fünfzigerjahre-Cabriolets vom Typ 503 und 507 zu zwar stattlichen Preisen, aber unter den Erwartungen verkauft wurden.
Dies war auch beim BMW Z8 von 2002 der Fall, allerdings sollte man sich bei einem Verkaufspreis von USD 307’500 (EUR 279’825, CHF 282’900) nicht grämen, auch wenn der hohe (!) Schätzwert von USD 275’000 bis 350’000 verfehlt wurde.
Supersportwagen weiterhin im Aufwärtstrend
USD 2,45 Millionen (EUR 2,23 Millionen, CHF 2,26 MIllionen) kostete der Ferrari F40 aus dem Jahr 1991 mit vierstelliger Meilenanzeige und US-Auslieferungsgeschichte.
USD 2,01 Millionen (EUR 1,83 Millionen, CHF 1,85 Milionen) musste man für einen Porsche Carrera GT aus dem Jahr 2005 anlegen.
Und der RUF Turbo R Limited von 1998 sprengte sogar seinen Schätzwert und wurde für USD 2,04 Millionen (EUR 1,86 Millionen, CHF 1,88 Millionen) verkauft.
19 Autos für mehr als eine eine Million verkauft
Ziemlich genau ein Viertel der Autos waren auf über eine Million USD geschätzt, 19 davon wurden schliesslich auch für siebenstellige Summen verkauft.
Neben den bereits erwähnten Wagen gehörten auch ein Bentley R-Type Continental Fastback von 1954 (USD 2,975 Millionen), ein Porsche 718 RSK von 1959 (USD 2,975 Millionen) und der Toyota Shelby 2000 GT von 1967 (USD 2,535 Millionen) dazu.
Drei Sportwagen von Toyota bereitete Carroll Shelby in den Sechzigerjahren für den Einsatz in der SCCA Meisterschaft vor. Chassis MF10-10001 war zudem der erste Toyota 2000 GT aus der Serienproduktion und damit vermutlich eines der wichtigsten japanischen Autos überhaupt. Auf der Strasse landete der Wagen allerdings nie, somit wurde er als Rennwagen angeboten. Der Schätzwert von USD 2,75 bis 3,5 Millionen liess sich allerdings nicht ganz realisieren.
Beindruckende 911-Rennwagen-Aufreihung
Schon früh wurde der Porsche 911 auch auf Rennstrecken eingesetzt, so richtig los ging es allerdings erst in den Siebzigerjahren mit den Typen 2.7 RS, 3.0 RSR, 934 und 935. Von all diesen Wagen konnte Gooding mindestens ein Exemplar anbieten, vom 935 kamen sogar zwei Fahrzeuge unter den Hammer.
Die Schätzwerte wurden zwar nicht in allen Fällen erreicht, aber die erzielten Preise dokumentierten das grosse Interesse an diesen Wagen trotzdem eindrücklich.
So wurde der 911 Carrera 3.0 RSR IROC von 1974 für USD 1,628 Millionen verkauft, die beiden 935 von 1979 für USD 1,463 und 1,765 Millionen.
Auch ein 2,7 RS als Lightweight von 1973 fehlte nicht, für ihn wurden USD 973’000 (EUR 885’430, CHF 895’160) investiert.
Ergänzt wurden die Siebzigerjahre-Rennwagen durch diverse GT2- und GT3-Modelle neueren Datums, sowie durch eine reichhaltige Auswahl an Strassen-Sportwagen der langen 911-Geschichte.
Erwähnen sollte man auch noch den Porsche 904/6 von 1965, der zwar unter den Erwartungen, aber doch für USD 2,2 Millionen an einen neuen Enthusiasten vermittelt werden konnte.
Natürlich auch viele Superklassiker
An wertvollen Sammlerklassikern fehlt es bei Gooding bekanntlich nie, da machte auch die Amelia-Island-Versteigerung keine Ausnahme.
Von Ferrari etwa war ein frühes 195 Inter Ghia Coupé von 1951 im Angebot, aber offenbar bissen die Bieter nicht so richtig an. Bei USD 640’000 war der Kampf bereits fertig, der Wagen unverkauft.
Besser erging es dem 275 GTB von 1965, der für USD 1,215 Millionen in neue Hände fand, auch wenn der Estimate nicht erreicht war.
Und für einen Ferrari 330 GTS von 1967 wurden USD 2,095 Millionen angelegt, während ein 330 GT 2+2 für USD 302’000 die Hand wechselte.
Die meisten Superklassiker wurden zu Preisen knapp unter den Erwartungen veräussert, Ausnahmen bestätigten die Regel.
Mit einer Verkaufsquote von 92 % und einem Umsatz von USD 66,5 Millionen erzielte Gooding & Co ein hervorragendes Ergebnis.
Die Bieter folgten den Kaufpreisempfehlungen in den meisten Fällen, deutliche Abweichungen nach unten gab es einzig bei einigen Restaurierungsobjekten und beim Bentley S3 Continential Saloon von 1963, der anstatt für USD 125’000 bis 150’000 für nur USD 58’800 abgegeben wurde.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | Porsche 356 A Super Coupe | 1956 | 100'000 | 130'000 | 60'000 | 67'200 | 61'824 | 61'152 | -41.57%
|
V |
02 | Porsche 356 A Super Convertible D | 1959 | 140'000 | 180'000 | 100'000 | 112'000 | 103'040 | 101'920 | -30%
|
V |
03 | Alfa Romeo 2000 Spider | 1959 | 80'000 | 110'000 | 105'000 | 117'600 | 108'192 | 107'016 | +23.79%
|
V |
04 | Aston Martin V8 Vantage Coupe | 2013 | 90'000 | 120'000 | 95'000 | 106'400 | 97'888 | 96'824 | +1.33%
|
V |
05 | Ferrari 330 GT 2+2 | 1967 | 250'000 | 300'000 | 270'000 | 302'000 | 277'840 | 274'820 | +9.82%
|
V |
06 | Porsche 993 Carrera 4S | 1998 | 125'000 | 150'000 | 130'000 | 145'600 | 133'952 | 132'496 | +5.89%
|
V |
07 | BMW 2002 tii | 1974 | 55'000 | 65'000 | 90'000 | 100'800 | 92'736 | 91'728 | +68%
|
V |
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