Im Jahr 2021 konnte die Bonhams-Versteigerung nicht am angestammten Termin im Grand Palais in Paris stattfinden, doch im Jahr 2022 hielten die Auktionsmacher aus Grossbritannien am Termin vom 3. Februar und am Grand Palais fest, auch wenn es sich um ein anderes Grand Palais handelte, nämlich jenes am Place Joffre unweit des Eifelturms, das sich “Grand Palais Éphémère” nennt und sich als temporäre Holzkonstruktion am Champ-de-Mars entpuppte.
Das Ambiente wirkte aber trotzdem feierlich und erhaben und die Bieter durften sogar an Tischen Platz nehmen, während auf dem “Catwalk” die Aushängeschilder der Versteigerung im Scheinwerferlicht gezeigt wurden.
Insgesamt 111 Automobile, 17 Motorräder und einiges an Automobilia kamen zwischen während der rund siebenstündigen Auktion unter den Hammer.
Die 111 Autos waren zusammen auf EUR 27,3 Millionen geschätzt. Sie waren im Schnitt 56 Jahre alt. Mehr als die Hälfte, genau 54 %, der Lots wurden ohne Mindestpreis versteigert.
Frühe Vorkriegswagen mit viel Zuspruch
Als Lots 269 bis 271 kamen drei fast 120-jährige Vorkriegsklassiker unter den Hammer, die ihr ganzes Leben im Besitze einer Familie gewesen waren und im Prinzip einfach weggestellt wurden, als man sie nicht mehr benötigte. Komplett unrestauriert (und mit fehlenden Pneus) wurden sie von Bonhams angeboten. Das Interesse der Bieter war geweckt.
Die Gebote setzten beim Renault Type D von 1901 bei EUR 20’000 ein und schraubten sich schliesslich nach ausgiebigem Ping-Pong zwischen zwei Saalbietern auf EUR 77’500 und damit auf fast das Doppelte der Erwartungen hoch. Der Verkaufspreis inkl. Kommission kam also auf EUR 89’15 (CHF 94’473) zu stehen.
Noch erbitterter wurde der Kampf um einen Pipe Serie E von 1904 geführt. Der in Belgien karossierte Wagen mit Vierzylindermotor steigerte sich von EUR 150’000 bis auf 660’000 hoch, womit das 2,64-fache des mittleren Schätzwert erreicht wurde.
Zwei Telefonbieter wollten nicht nachgeben. Der Meistbietende überwies damit EUR 759’000 oder CHF 804’540 an Bonhams und darf sich nun mit einem sicherlich spannenden Restaurierungs- oder Reconditioning-Projekt herumschlagen.
Etwas später kam dann noch ein S.P.A. 25 HP Torpédo Sport von 1913 unter den Hammer, ein Wagen der bisher nur drei Besitzer hatte und lange im Museum stand. Hier wurden schliesslich EUR 396’750 (CHF 420’555) anstatt der erhofften EUR 200’000 bis 240’000 bezahlt.
Das hervorragende Abschliessen dieser frühen und besonderen Klassiker wirkte sich nicht auf den Erfolg anderer Vorkriegsautos aus.
Ein sicherlich interessanter Dürkopp 8/18 PS von 1910 wurde bei EUR 75’000 nicht verkauft, ein Delaunay-Belleville Type HB6 25 V Landaulet von 1911 erreichte nur EUR 240’000 und blieb ebenfalls stehen.
Sowohl der Invicta 4 1/2 Litre S-Type von 1931 (Höchstgebot EUR 890’000) als auch der Delage D8S von 1932 (EUR 520’000) und der Mercedes-Benz 380K Cabriolet A von 1934 (EUR 1,05 Millionen) erreichten den geforderten Mindestpreis nicht.
Ähnlich erging es zwei Bugatti Type 57, einem 57C Special Coupé von 1938 (EUR 1,4 Millionen) und einem 57C Stelvio Cabriolet von 1938 (EUR 680’000).
Immerhin konnten von den fünf angebotenen Hispano-Suiza deren vier verkauft werden, auch wenn die Höchstgebote im Schnitt auch hier unter den Erwartungen lagen.
Der wertvolle Bugatti EB110 GT
Der blaue Bugatti EB110 GT aus dem Jahr 1996 mit nur rund 10’200 km entpuppte sich als einer der “Shooting Stars” der Versteigerung. Mit nur drei Besitzern und bekannter Geschichte regte er offenbar die Bieter zu einem überaus langen Mehrkampf an.
Bei 800’000 setzten die Gebote ein, ab etwa 1,2 Millionen ging es “nur” noch mit 20’000-er-Schritten weiter, aber schliesslich wurden eindrückliche EUR 1,58 Millionen erreicht, was zu einem Preis von EUR 1,817 Millionen (CHF 1,926 Millionen führte.
Damit war der Bugatti zwar nicht das teuerste Auto der Versteigerung, geschlagen wurde er aber nur gerade durch einen Ferrari LaFerrari von 2014, der für EUR 2,56 Millionen verkauft wurde.
Aston Martin Sportwagen gefragt
Rund ein Drittel des Angebots werden durch Autos von drei Marken bestimmt. Von Aston Martin stammen 17, von Porsche 11 und von Mercedes-Benz 10 Fahrzeuge. Jaguar folgt mit sechs, Bugatti als erste französische Marke mit fünf Autos.
Von diesen Marken konnte sich Aston Martin besonders gut in Szene setzen, denn nicht nur wurden alle Wagen verkauft, sie erreichten beim Höchstgebot im Schnitt alle den mittleren Schätzwert. Allerdings gab es beträchtliche Ausschläge nach unten und oben.
Während der Aston Martin DB MkIII von 1959 für EUR 241’500 (CHF 255’990) anstatt der erwarteten EUR 100’000 bis 140’000 einen neuen Besitzer fand, konnte man den viertürigen Aston Martin Virage 6.3 Litre Shooting Brake von 1993 für EUR 149’500 (CHF 158’470) anstatt der geschätzten EUR 150’000 bis 250’000 kaufen.
Der teuerste Aston war ein DB4 von 1960, der für EUR 437’000 (CHF 463’220) vermittelt wurde.
Die elf Mercedes-Benz konnten bis auf ein Vorkriegsexemplar alle verkauft werden, hier erreichten die Gebote allerdings nur 68 Prozent des mittleren Schätzwerts, während 10 der 11 Porsche einen neuen Besitzer fanden.
Wenig Interesse an Rennwagen und Exotischem
Nicht richtig zum Erblühen kam ein ganze Reihe von Rennwagen. Insbesondere die Fahrzeuge, die ein “Gentleman Driver” eingeliefert hatte wurden zwar alle verkauft, das kein Mindestgebot vorausgesetzt war, erzielten aber im Schnitt nur etwa 50 Prozent der Erwartungen beim Höchstgebot.
Darunter gab es etliche Nachbauten berühmter Rennwagen, die weit unter dem Gestehungspreis vermittelt wurden.
Selbst der Werksprototyp Audi 200 Turbo von 1988, mit dem damals drei Weltrekorde eingefahren wurden in Nardo, erzielte nur EUR 235’750 (CHF 249’895), während der Estimate bei EUR 300’000 bis 500’000 angesetzt worden war.
Dass Exotisches nicht so richtig zog bei Bonhams in Paris zeigte auch das besonders schlechte Abschneiden des OPAC Più Roadster von 1996, einem Einzelstück auf Peugeot-106-Basis, für den der neue Besitzer nur EUR 16’100 (CHF 17’066) anstatt der erhofften EUR 40’000 bis 60’000 herausrücken musste.
Selbst der hochinteressante Volvo 850 Gas Turbine/Electric Hybrid Prototype von 1993 blieb mit einem Verkaufspreis von EUR 62’100 (CHF 65’826) deutlich hinter den Erwartungen zurück. Aber wo soll man auch mit einem gasturbinen-angetriebenen Auto heute fahren?
Superklassiker mit durchmischtem Ergebnis
Neben den bereits erwähnten Sportwagen von Aston Martin gab es natürlich noch viele weitere Superklassiker zu ersteigern, auch wenn Marken wie Maserati oder Lamborghini gänzlich fehlten und Ferrari mit nur gerade drei Wagen vertreten war.
Ein Alfa Romeo 1900C Super Sprint von 1955 wurde für EUR 201’250 (CHF 213’325) etwas unter den Erwartungen verkauft, während für einen De Tomaso Pantera L von 1974 EUR 86’250 (CHF 91’425) für die Übernahme reichten.
Gut in Szene setzen konnte sich ein Ferrari 250 GTE 2+2 von 1963, der auf EUR 316’250 (CHF 335’225) kam, während ein sehr schöner Fiat 124 Abarth von 1973 aus dem Besitz von Biasion bei EUR 90’000 stehen blieb.
Ein offener Jaguar E-Type 4.2 Litre von 1962 wollte nicht höher als auf EUR 90’000 steigen und blieb unverkauft, während die XK-Modelle für EUR 172’500 bis 295’250 vermittelt wurden.
Zwei Pagoden wechselten den Besitzer für EUR 82’800 und 94’300, dafür blieb ein Porsche 356 Carrera 2 GS Coupé von 1962 bei EUR 400’000 stehen.
Und für den superseltenen Talbot-Lago T14 America von 1958 mit BMW-V8-Motor wollte kein Bieter mehr als EUR 240’000 aufrufen, womit auch dieser an den Einlieferer zurückging.
Schumacher zog nicht
Zwei Autos der jüngeren Vergangenheit, die mit Michael Schumacher in Kontakt gekommen waren, kamen in Paris bei Bonhams unter den Hammer.
Da war einmal ein Mercedes-Benz C63 AMG Kombi von 2010, mit dem der mehrfache F1-Weltmeister offenbar rund sechs Monate gefahren war. Geschätzt auf EUR 50’000 bis 100’000 kam die C-Klasse dann für EUR 27’600 (EUR 29’256) in neue Hände, einem Preis, der allerdings immer noch etwas über dem aktuellen Gebrauchtwagen-Niveau liegt.
Etwas besser liess sich der Tesla Roadster von 2010 verkaufen, den Schumacher einst pilotierte. Hier wurden EUR 138’000 (CHF 146’280) gelöst, sicherlich ein guter Preis für den Elektrosportwagen der ersten Stunde.
Insgesamt durfte Bonhams mit dem Verkaufsergebnis (92 von 111 Autos verkauft) und den erzielten EUR 18,9 Millionen (für die Auto-Lots) sicherlich zufrieden gewesen sein. Allerdings blieben gerade unter den wertvollen Lots doch einige stehen, auch wenn der Ferrari LaFerrari von 2014 (EUR 2,559 Millionen) und der Porsche 904 GTS von 1964 (EUR 1,346 Millionen) neben dem Bugatti EB110 GT im Millionenbereich vermittelt werden konnten.
Aus Käufersicht waren sicherlich einige der Schnäppchen Glückstreffer, so etwas der Humber 16/20 HP Tourer von 1910 (EUR 34’500) oder der Jaguar SS 2 1/2 Litre DHC von 1937 (EUR 80’500).
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | EUR Est von | EUR Est bis | EUR HG | EUR VP | CHF VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
201 | Mercedes-Benz 500 SL Convertible | 1987 | 40'000 | 60'000 | 28'000 | 32'200 | 34'132 | -35.6%
|
V |
202 | Chevrolet Corvette C4 ZR1 Targa | 1990 | 40'000 | 60'000 | 26'000 | 29'900 | 31'694 | -40.2%
|
V |
203 | Mercedes-Benz 280 SL Convertible with Hardtop | 1970 | 90'000 | 130'000 | 82'000 | 94'300 | 99'958 | -14.27%
|
V |
204 | Mercedes-Benz 600 Limousine | 1967 | 80'000 | 120'000 | 80'000 | 92'000 | 97'520 | -8%
|
V |
205 | Aston Martin V8 Series 2 Sports Saloon | 1973 | 70'000 | 100'000 | 80'000 | 92'000 | 97'520 | +8.24%
|
V |
206 | MG TC Roadster | 1948 | 40'000 | 60'000 | 35'000 | 40'250 | 42'665 | -19.5%
|
V |
207 | Austin-Healey 3000 MkII Competition Hardtop Coupé | 1961 | 60'000 | 90'000 | 55'000 | 63'250 | 67'045 | -15.67%
|
V |
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