Bereits am Morgen des 4. Februars 2016 begann Bonhams anlässlich der Rétrombile mit dem Versteigerungsmarathon im Grand Palais in Paris. Neben einigen Automobilia und Motorrädern wollten auch 129 Automobile unter den Hammer gebracht.
Vielfalt und einiges aus Frankreich
Die 129 Autos teilen sich in 39 Marken auf. Auch bei Bonhams schwang dabei Ferrari obenauf, 17 Lots trugen das springende Pferd aus Maranello auf dem Bug. Es folgten 14 Porsche, 9 Jaguar, 8 Alfa Romeo, 7 Renault, 6 Citroën und Mercedes-Benz. Der Rest teilte sich auf weitere 32 Marken auf, worunter auch selten gelesene Namen wie Adler, Clément-Bayard, Darmont oder Newton-Ceirano zu finden waren.
Immerhin 15% der Autos stammten aus Frankreich, ein Tribut an den Austragungsort.
Mammut-Veranstaltung
Um etwa 14:15 begann die Versteigerung der Automobile, vorher hatte man bereits Motorräder und Automobila abgesetzt. Und es dauerte bis fast 20:00 Uhr, bis der Hammer zum letzten Mal fiel und ein Renault Vivaquatre von 1932 für EUR 18’000 zugeschlagen wurde.
Bonhams setzte hohe Erwartungen in die Ausdauer seiner Bieter, doch immerhin präsentierte sich das Grand Palais deutlich wärmer als in früheren Jahren, so dass das Ausharren etwas leichter fiel, zumal auch für Speis und Trank gesorgt war. Tatsächlich waren denn auch die Stühle länger besetzt als in der Vergangenheit und selbst bei den letzten Lots wurde noch eifrig mitgeboten.
Überflieger aus England, Italien und Japan
Echte Sensationen gab es im Grand Palais keine, grosse Rekorde konnten nicht gefeiert werden. Immerhin aber überraschte ein nicht ganz taufrischer Aston Martin V8 der Serie 3 von 1974 mit einem Verkaufspreis von EUR 126’500 (CHF 140’427), was deutlich über dem Schätzpreis von EUR 50’000 bis 80’000 lag.
Auch die EUR 230’000 (CHF 255’323), die ein unrestaurierter Maserati Sebring von 1967 aus der Schweiz erreichte, lagen klar über dem Estimate von EUR 120’000 bis 180’000.
Und der Mazda Cosmo Sport 110 S von 1970 bewies mit einem Verkaufspreis von EUR 138’400 (CHF 153’193) gegenüber dem geschätzten Wert von EUR 80’000 bis 100’000, dass auch Japaner Potential haben.
Ebenfalls oberhalb des mittleren Schätzwerts fand unter anderem der komplett restaurierte ASA 1000 GT von 1965 mit EUR 131’000 (CHF 145’534) einen neuen Besitzer.
Befriedigendes Ergebnis?
Die Erwartungen waren hoch, teilweise wohl auch zu hoch. Im Schnitt erreichten die Gebote 77,4% des mittleren Schätzpreises, was durchaus als respektabel zu betrachten ist. Doch in vielen Fällen lagen die Limits höher und so konnten nur 60% der Autos verkauft werden. Statt der erwarteten 29 Millionen Euros wurden insgesamt (inkl. Aufpreis/Kommission) nur 12,6 Millionen erzielt. Damit dürften die Bonhams-Leute nicht zufrieden gewesen sein und das Resultat hätte noch weniger gut ausgehen, wären nicht 18% der Lots ohne Mindestpreis verkauft worden.
Analysiert man die Ergebnisse im Einzeln, fällt auf, dass die Autos, die weniger als 70% des mittleren Schätzwerts erzielten, im Schnitt einen Jahrgang von 1955 hatten, während die Fahrzeuge darüber im Schnitt aus dem Jahre 1968 stammten. Einmal mehr also wurden die älteren Klassiker “abgestraft”. Und mit einem Vorkriegsanteil von rund einem Fünftel traf dies Bonhams besonders stark. Die Gebote flossen jedenfalls wesentlich spärlicher bei den alten Autos als bei den moderneren. Zuweilen mussten James Knight und seine Kollegin richtiggehend um Gebote ringen.
Läuft neues Blech besser?
Rund ein Viertel der angebotenen Lots waren nach 1980 gebaut worden. Und diese schlugen sich insgesamt ganz passabel. Den Vogel schoss dabei das Bentley Peterson “Dartmoor” Coupé von 1951 ab, das im 21. Jahrhundert im Art-Deco-Stil für über 300’000 britische Pfund als “Special” mit 6,5-Liter-Rolls-Royce-Maschine aufgebaut wurde. Optisch ein wenig an den Morgan Aero erinnernd, sorgte der Bentley mit einem Verkaufspreis von EUR 483’000 (CHF 536’178) für eine positive Überraschung.
Auch die neuzeitlichen Ferrari Sportwagen (u.a. 575, 550, Testarossa) schlugen sich ganz passabel und der BMW Z8 Roadster von 2002 wurde für EUR 195’500 (CHF 217’024) verkauft.
Zuviel Risiko?
Eine Überraschung für viele war sicherlich, dass der Star der Versteigerung, der Ferrari 275 GTB von 1966 ohne Mindestpreis angeboten war. Und tatsächlich gelang es dem Käufer, den blauen Sportwagen deutlich günstiger zu erwerben, als dies die Schätzung von EUR 2,5 bis 3,5 Millionen hatte erwarten lassen. EUR 2,07 Millionen (CHF 2,3 Millionen) reichten samt Kommission/Aufgeld (aber ohne Transport-/Ablieferungspauschale von EUR 720) für den Kauf des Sammlerstücks.
Damit dürfte der Einlieferer wohl nicht ganz glücklich gewesen sein, aber der Spannung im Grand Palais war das fehlende Limit sicherlich zuträglich.
Keine Zagato-Freunde?
Als Lot 321 und 322 kamen zwei rare Alfa Romeo Giulietta SZ unter den Hammer, eine “Coda Ronda” und eine “Coda Tronca” Version. Nur selten sieht man die beiden zusammen an einer Auktion und entsprechend hoch war die Spannung, wie gut die beiden Aluminium-Coupés, die beide aus den Staaten nach Paris kamen, gegenüber den doch stattlichen Schätzpreisen abschneiden wurden.
Offensichtlich fehlten aber die richtigen Zagato-Enthusiasten im Grand Palais oder ihnen fehlten die erforderlichen Mittel, denn beide SZ wurden nicht verkauft. Die Gebote erreichten 73 und 71% des mittleren Schätzwerts, was EUR 400’000 respektive 500’000 bedeutete.
Das waren keine schlechten Preise, aber der Einlieferer erhoffte sich offensichtlich mehr.
E-Type-Armada
Vier Jaguar E-Type Series 1 Coupés konnte Bonhams nach Paris bringen, sie waren mit Ausnahme von einem Exemplar mit der 4,2-Liter-Maschine ausgerüstet.
Es war dann aber die 3,8-Liter-Version, die für die heisseste Bieterschlacht sorgte und schliesslich für EUR 151’800 (CHF 168’513) verkauft wurde, während zwei neuere Varianten mit dem grösseren Motor trotz Angeboten von EUR 120’000 und 85’000 nicht verkauft wurden.
40% ohne neuen Besitzer
52 Autos konnten in Paris nicht verkauft werden, die Gebote erreichten im Schnitt knapp 72% des mittleren Schätzpreises. Unter den verschmähten Offerten finden sich Superklassiker wie Ferrari F40, Lancia Stratos, Mercedes-Benz 190 SL oder Porsche 911 S 2,4 genauso wie nur selten gehandelte Raritäten wie ein Adler 35/80 HP Phaeton von 1914, ein Renault 22 CV von 1914 oder ein Veritas Meteor Formel 2 von 1950.
Auch einige breit angekündigten Autos fanden keine neuen Besitzer, so etwa der Vorserien-Lancia Aurelia B24 Spider von 1955 oder der Alfa Romeo 6C 2300 B von 1937.
Wenig Interesse bestand auch an den Austin-Healey 3000, die gerade einmal zwischen 67 bis 76% des Schätzwerts erreichten.