Jedes Jahr im Dezember lädt Bonhams die Kunden in das schönes Hauptquartier an der New Bond Street ein, um dort kurz vor dem Jahreswechseln noch einige exklusive Automobile zu versteigern. Am 7. Dezember 2019 war es am Samstag Nachmittag wieder soweit und die 35 angebotenen Fahrzeuge liessen den Sammlern sicherlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Nach rund anderthalb Stunden war die Show vorüber.
Ferrari, Aston Martin und andere
Fast die Hälfte des Angebots wurde von zwei Automarken bestimmt: Ferrari und Aston Martin mit jeweils acht, respektive sieben Sportwagen. Vier Porsche sowie drei Mercedes-Benz und Bentley komplettierten die grösseren Kontingente. Richtig exotische Marken fehlten, wenn man Auburn oder FMR/Messerschmitt nicht in diese Kategorie zählt.
Das Durchschnittsalter von fast 39 Jahren erzählte nur die halbe Geschichte, denn tatsächlich deckten die Autos ein grosses Spektrum ab. Immerhin fünf Wagen stammten aus der Vorkriegszeit, deren 13 aber gleichzeitig aus dem aktuellen Jahrtausend. Die neuen Autos verkauften sich deutlich besser als die ganz alten, denn alle Fahrzeuge vor 1960 blieben ohne neuen Besitzer stehen.
Einer von neun Aston Martin DB4 GT Lightweight
Der Höhepunkt der Versteigerung war sicherlich der Aston Martin DB4 GT von 1961 in “Lightweight”-Spezifikation. Nur gerade neun derartige Exemplare entstanden damals für den Einsatz im Rennsport. Gefahren wurden diese Autos von Leuten wie Stirling Moss, Jim Clark, Roy Salvadori oder Innes Ireland.
Einer der Käufer hiess Phil Scragg, ein reicher Industrieller, der als Amateur Bergrennen fuhr und deshalb für Chassis DB4GT/0169/R eine kurze Hinterachse forderte. Nur drei Besitzer und ein weitgehender Originalzustand machen diesen DB4 zu einem sicherlich besonderen Auto.
Dies anerkannten auch die Bieter, die sich nicht zurückhielten, obwohl der Wagen sogar ohne Mindestpreis angeboten wurde.
James Knight eröffnete beim halben unteren Schätzwert, also bei einer Million britischer Pfund. Zehn Gebote waren nötig und man war bei £ 2,1 Millionen angelangt. Und dafür wurde der Sportwagen auch zugeschlagen, was einen Verkaufspreis von € 2’816'730 oder CHF 3'077'100 bedeutete.
«Your classic car, our reliable values.»
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Der RS von Jay Kay
Nur 200 echte Lightweight-RS wurden vom Porsche Carrera 2.7 RS gebaut. Chassis 9113601097 gehört dazu und befindet sich seit 2008 im Besitz des Musikers Jay Kay (Jamiroquai), der allerdings nur gerade 1000 Kilometer damit gefahren ist und dabei Rechnungen von rund 8000 Pfund bezahlte für Unterhaltsleistungen.
Noch vor zwei Jahren hätte dieser Wagen wohl in Richtung einer siebenstelligen Summe tendiert, doch mehr als £ 620’000 wollte kein Interessent bieten. Dafür wollte ihn Jay Kay offenbar nicht hergeben.
Immerhin wurde er den Ferrari F12tdf von 2016 mit gerade einmal 895 Meilen für € 719’950, respektive CHF 786'500 (nach Nachverhandlungen) los, während dem aber auch sein Porsche Carrera GT von 2004 mit nur 2400 Meilen auf dem Tacho bei £ 560’000 deutlich unter dem Schätzwert stehen blieb.
Nun, Jay Kay dürfte es wohl verschmerzen können, an Geld sollte es dem erfolgreichen Showman und Musiker ja nicht fehlen.
Der Virage von Prinz Charles
Prinz Charles ist bekanntlich ein Aston-Liebhaber und so überrascht nicht, dass er sich auch einen besonderen Virage Volante bestellte, der ohne breite Karosserie aber mit viel Motorpower ausgeliefert wurde.
Den Schätzpreis erreichten die Gebote zwar nicht ganz, trotzdem wurde der offene Aston aber für € 280'542 oder CHF 306’475 verkauft, was vermutlich einen neuen Rekord für den Virage Volante bedeutet haben dürfte.
Neue Autos mehr gefragt
Generell garantierten die jüngeren Autos für heute Gebote als die früheren Wagen. Im Schnitt betrug das Höchstgebot bei den Fahrzeugen, die nach 2000 gebaut wurden, im Schnitt 83% des mittleren Schätzwerts, während die früheren Autos bei 77% lagen.
Neben dem bereits erwähnten F12tdf wurde auch ein Ferrari 512 von 2017, ein Alfa Romeo 8C Spider von 2013, ein handgeschalteter (“this is the specification you want” Aston Martin DBS von 2009 und zwei Ferrari 550, davon einer als Zagato- GTZ Barchetta) erfolgreich neuen Besitzern zugeschlagen.
Verschmähter Hyper-Kabinenroller
Der FMR Tiger Tg500 lässt sich kaum mit den übrigen, schwach motorisierten Kabinenroller vergleichen, obschon seine Karosserie weitgehend identisch ist mit dem normalen Messerschmitt. Aber im “Tiger” war der Motor anstatt 200 cm3 500 cm3 gross und Geschwindigkeiten weit über 100 km/h möglich. Tatsächlich fuhren die strammen Tiger manchem Sportwagen um die Ohren.
Chassis 20655 sollte, frisch und aufwändig restauriert, für £ 120’000 bis 160’000 den Besitzer wechseln.
Doch die anwesenden Bieter zeigten überraschend wenig Interesse, mehr als £ 90’000 wollte niemand aufrufen, eine magere Ausbeute, wenn man sich daran erinnert, dass solche Fahrzeuge auch schon für über eine Viertelmillion den Besitzer gewechselt haben.
Der erfolglose BMW 328 aus England
Frazer Nash schloss mit BMW im Jahr 1934 eine Lizenzvereinbarung und begann BMW-Modelle nach England zu importieren. Diese erhielten teilweise Werks-, teilweise Karosserien von britischen Handwerksfirmen.
Der Frazer Nash-BMW 328 Roadster von 1939 mit Chassis 85411 war einer dieser Wagen und er sollte nun für £ 650’000 bis 850’000 einen neuen Eigentümer finden.
Die Gebote blieben allerdings bei £ 610’000 stecken und dafür wollte der Besitzer den interesanten Wagen offenbar nicht hergeben.
Noch mehr Geld wurden für einen Alfa Romeo 6C 1750 Zagato von 1929 mit Kompressor und Fahrgestellnummer 0312931/0332931 aus langjährigen Besitz erwartet. Doch auch hier war bei £ 740’000 Schluss, deutlich unter dem Schätzwert von £ 800’000 bis 1,2 Millionen.
Nicht besser erging es dem herrlichen Auburn 851 Supercharged Boat-tail Speedster von 1935, der einst der Woolworth-Erbin Barbara Hutton gehört hatte. Bei £ 580’000 war Schluss, der Wagen blieb unverkauft.
Obwohl eigentlich jeder Wagen mit interessanten Aspekten aufwarten konnte, blieben über zwei Drittel der 35 Fahrzeuge stehen. Im Schnitt erreichten die Gebote 79 Prozent des mittleren Schätzwerts, dieser Wert fällt auch im Vergleich zu anderen Auktionen nicht ab. Die Einlieferer aber hatten wohl relativ hohe Mindestpreise vorgegeben, was vielleicht in Anbetracht des erwarteten Brexit und der bevorstehenden Wahlen in Grossbritannien verständlich ist. Denn wer möchte aktuell schon auf das britische Pfund wetten.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | £ Est von | £ Est bis | £ HG | £ VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Jaguar Mark II 3.8-Litre 'Coombs Evocation' Sports Saloon | 1965 | 48'000 | 58'000 | 45'000 | 51'750 | 67'275 | 61'582 | -2.36%
|
V |
2 | Rolls-Royce 20/25hp Foursome Drophead Coupé | 1933 | 110'000 | 130'000 | 85'000 | N | ||||
3 | Aston Martin DB5 Sports Saloon | 1965 | 470'000 | 550'000 | 440'000 | N | ||||
4 | Alfa Romeo 6C 1750 Supercharged Super Sport Spider | 1929 | 800'000 | 1'200'000 | 740'000 | N | ||||
5 | Ferrari 550 Maranello Coupé | 2001 | 90'000 | 120'000 | 105'000 | 120'750 | 156'975 | 143'692 | +15%
|
V |
6 | Aston Martin Virage Volante | 1994 | 225'000 | 275'000 | 205'000 | 235'750 | 306'475 | 280'542 | -5.7%
|
V |
7 | Dino 246 GTS | 1974 | 380'000 | 460'000 | 350'000 | N |
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