Wer glaubt, dass Elektromobilität ein Thema unserer Tage sei, täuscht sich: Ebenso lange, wie es Verbrennungsmotoren gibt, wird auch an Fahrzeugen mit Elektroantrieb geforscht und gearbeitet. Eine Sonderausstellung im PS.Speicher im südniedersächsischen Einbeck gibt ab Mitte April erstmals einen vollständigen und lückenlosen Überblick über die wechselhafte Geschichte und Entwicklung der E-Mobilität von den Anfängen vor 130 Jahren bis in die Gegenwart.
Die ausgestellten batteriebetriebenen Fahrzeuge auf zwei, drei und vier Rädern zeigen, wie sich die Elektromobilität von den ersten Versuchen über durchaus alltagstaugliche Varianten bis zu heutigen Serienfahrzeugen entwickelt hat. Denn bereits vor über 100 Jahren fuhren Elektromobile mit durchaus passablen Reichweiten auf unseren Strassen. Noch in den 1910er Jahren war offen, ob sich der Verbrennungsmotor oder der Elektromotor im Alltagsgebrauch durchsetzen würde.
So ist das älteste Exponat der Ausstellung die Rekonstruktion des Flocken- Elektrowagens aus dem Jahr 1888. Darüber hinaus finden sich weitere Schätze aus der Blütezeit der E-Mobilität vom Anfang des 20. Jahrhunderts sowie interessante Einzelstücke und Prototypen aus der Zeit des vermeintlichen, fast 70-jährigen Stillstands der Elektromobilität.
Doch nicht nur „altes Eisen“ ist im PS.Speicher zu sehen. Neben den Elektro-Oldtimern zeigt der PS.Speicher in einem besonderen Bereich der Ausstellung Fahrzeuge aus aktuellen Serienproduktionen. Damit eröffnet sich den Besuchern der Ausstellung auch die Möglichkeit, einen aktuellen Überblick über das Angebot zu erhalten.
Dazu sollen auch zahlreiche Vorträge und Veranstaltungen in der Ausstellung zum Thema Elektromobilität beitragen, die derzeit in Vorbereitung sind.
Die Sonderschau des PS.Speicher führt ihre Besucher zunächst zurück in die Zeit der Pioniere, in der Autofahren noch ein grosses Abenteuer war. In eine Ära, in der sich viele Hersteller tummelten und unterschiedliche Antriebe - von Benzinautomobilen über Dampfwagen bis hin zu Elektrofahrzeugen - anboten und in starkem Wettbewerb untereinander und zu den bewährten Pferdefuhrwerken standen. Benzinautos startete man mit einer Kurbel durch Muskelkraft. Mit den damals noch unsynchronisierten Getrieben war dies ein Geschicklichkeitsspiel. Dampfautos benötigten eine lange Vorheizzeit und häufiges Auffüllen von Wasser. Elektroautos waren vergleichsweise leicht zu bedienen. Doch die geringen Reichweiten, die schweren Akkus und die langen Standzeiten zum Aufladen der Batterien - oft länger als einen Tag - galten auch damals als wesentliche Nachteile dieser Antriebsart.
Im Jahr 1912 erlangte der elektrische Starter seine Serienreife und beförderte damit indirekt den E-Motor ins Aus. Nun konnten viele Motoren auf Knopfdruck angelassen werden und mussten nicht mehr umständlich angekurbelt werden. Tankstellennetze baute man in rasantem Tempo aus. Nachdem sich der Verbrennungsmotor als praktikablere Antriebsart durchgesetzt hatte, sah man Elektro-PKW fortan eher selten auf den Strassen. Ein Detroit Electric aus der Sammlung des PS.Speicher aus dem Jahr 1915 repräsentiert daher den vorerst letzten alltagstauglichen, mit Strom betriebenen Personenwagen der automobilen Frühzeit. Interessant bei diesem Fahrzeug ist seine individuelle Historie: Er wurde noch bis in die 1970er Jahre als Alltagsfahrzeug einer älteren Dame im New Yorker Strassenverkehr genutzt.
Die Elektromobilität beschränkte sich ab den 1920er Jahren eher auf die Sparten "öffentliche Verkehrsmittel" und "Nutzfahrzeuge". Ein Hansa Lloyd Lastwagen aus dem Jahr 1923 und ein Brot-Lieferwagen der Wittler-Brotfabrik in Berlin als weitere Exponate belegen, dass der Elektroantrieb für den Stadtbetrieb kein Problem darstellte.
Mit einem Streetscooter Work und aktuellen Elektrofahrzeugen schlägt der PS.Speicher eine Brücke zur Gegenwart. Zudem wird auf das Thema Fahren in der Zukunft verwiesen. Autonomes Fahren, vernetzte Autos oder der Wasserstoffantrieb sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern die technischen Innovation stehen in den Startlöchern. Selbst technische Themen, wie die Batterietechnologie, Sense and Avoid-Technologien und zukünftige Mobilitätsvisionen wie beispielsweise von Elon Musk und Richard Branson, von der ZF Friedrichshafen AG und sogar dem Luftfahrtunternehmen Airbus dokumentiert die Ausstellung „Unter Strom“ unterhaltsam und tiefgründig.
Die Ausstellung ist ab dem 15. April für Besucher geöffnet und läuft voraussichtlich bis Ende Oktober.
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite.