Sauber feiert ein halbes Jahrhundert Geschichte, denn das Unternehmen wurde am 15. Mai 1970 vor 50 Jahren gegründet. Seit jenem Tag, an dem Peter Sauber die gleichnamige Marke ins Leben rief, ist der Name im Motorsport zu einem Begriff geworden. Er wechselte von Bergrennen zu Rundstreckenrennen, bevor er Erfolge auf höchstem Niveau im Sportwagensport erzielte und zu Beginn der Saison 1993 in die Formel 1 wechselte.
Die Anfänge
Am 15. Mai 1970 gründete Peter Sauber in Hinwil (CH) eine Firma mit dem Namen PP Sauber AG. Jetzt feiert sie ihren 50. Geburtstag. Erinnerungen werden wieder wach. Trotzdem die Schweiz ohne eigene Renn- oder auch nur Teststrecke nicht wirklich ein Motorsportland ist, glaubte Peter Sauber schon 1970 an seine eigenen Rennwagen.
Mit seiner Erstkonstruktion dem gelben C1-Sportwagen mit 1000 ccm Cosworth-Motor gewann er selbst am Steuer auf Anhieb die CH-Meisterschaft. Die Sauber Modellpalette behielt bis heute die Bezeichnung "C" bei, was von Christiane, dem Vornamen seiner Frau herrührt.
Nach dem erfolgreichen Start ging es mit den Modellen C2, C3 und C4 weiter, die bereits auch im internationalen Sport Kunden fanden.
1976 kam der internationale Durchbruch mit dem C5. Der Triumph von Herbert Müller mit dem C% im Francy Racing Team in der europäischen Interserie brachte Anerkennung und war der Grundstein für die erste Teilnahme in Le Mans 1977. Gut zehn Jahre später aber wurde Sauber mit dem Gruppe-C Mercedes getriebenen Rennwagen, dem C9, weltbekannt, nachdem er den Gesamtsieg in Le Mans eingefahren hatte.
Peter Sauber erinnert sich noch gut an die schwere Geburt: "Wir haben für Seger & Hoffmann, eine Schweizer Kunststoff-Firma, den C6 für die neue Gruppe C gebaut. In Zusammenhang mit diesem Auto gab es Kontakte zu drei Ingenieuren von Mercedes-Benz. Die wollten gerne Rennsport betreiben und haben das Thema vorangetrieben. Es hat aber von 1984 bis 1987 gedauert, bis wir Mercedes davon überzeugen konnten, dass hier Fleisch am Knochen ist."
Der erste Le-Mans-Start im Jahr 1988 verlief noch etwas holprig. Die C9-Silberpfeile mussten beim Debüt aus Sicherheitsgründen zurückgezogen werden, nachdem Klaus Niedzwiedz im Training bei 300 km/h einen Reifenschaden ereilte. Beim zweiten Anlauf 1989 gab es dann direkt einen Doppelsieg.
Erster ganz grosser Erfolg der Le-Mans-Sieg
Beat Zehnder, der 1988 als kleiner Mechaniker anfing und es bis zum F1-Teammanager schaffte, erinnert sich:
"Für mich war es der größte Erfolg in unserer Geschichte. Mehr noch als der Doppelsieg in der Formel 1 in Kanada 2008. Damals hat es uns keiner zugetraut. Weil in 24 Stunden so viel schiefgehen kann. Jochen Mass im Siegerauto war über Auspuffteile von einem Porsche gefahren. Der Unterboden bekam einen Riss, der durch die Vibrationen im Fahrbetrieb immer größer wurde. Wir mussten Teile der Karosserie wegschneiden. Jochen ist mit einem Loch in der Seitenwand zum Sieg gefahren. Kenny Acheson im zweiten Auto hatte die letzten zwei Stunden nur noch den fünften Gang. Und das bei einem Auto, das im fünften Gang auf 400 km/h übersetzt war."
Für das Kundenprogramm in der Sportwagen-WM vertraute Mercedes dem Schweizer Rennstall 1990 seine neuen Junior-Fahrer Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher an.
"Die Zielsetzung war natürlich, dass wir alle Junioren in die Formel 1 bringen", erinnert sich Peter Sauber. "Das durfte man beim Start des Programms aber noch nicht sagen. Die Formel 1 war da noch tabu für Mercedes."
Bevor Sauber selbst den Einstieg in die Königsklasse wagte, gelang der Sprung den Piloten. Beim Durchbruch von Michael Schumacher musste Sauber selbst etwas nachhelfen: "Dass Michael Schumacher ein großes Talent war, hat man sofort erkannt. Das war nicht sehr schwierig", berichtet der Teamchef. "Eddie Jordan hat dann 300.000 Dollar für den Formel-1-Sitz in Spa verlangt, wenn ich mich richtig erinnere. Ich habe damals den Scheck ausgestellt."
Der Formel-1-Einstieg
1993 begann dann die Schweizer F1-Geschichte. Nach dem Vorbild des Le-Mans-Engagements wurde das Grand-Prix-Projekt zusammen mit Mercedes auf die Beine gestellt. Doch kurz vor dem Einstieg bekamen die Bosse in Stuttgart plötzlich kalte Füße. "In Hinwil wurde damals viel investiert", verrät Sauber. "Wir haben deshalb Mercedes-Chef Jürgen Hubbert informiert, dass wir auch ohne Werksunterstützung in die Formel 1 einsteigen. Obwohl es offiziell nicht erlaubt war, hat uns Mercedes in der Anfangszeit unter die Arme gegriffen. Ohne die Hilfe hätten wir die ersten zwei Jahre wohl nicht fahren können."
Mit den beiden ersten GP-Piloten JJ Lehto und Karl Wendlinger holte man bereits beim Debüt in Südafrika mit dem C12 WM-Punkte. Nach dem 6. Startplatz fuhr der Finne im Rennen auf den sensationellen 5. Platz. Immer wieder bot Peter Sauber für spätere Spitzenfahrer ein Sprungbrett in die F1. So gingen Kimi Raikkonen, Felipe Massa, Sergio Perez und Charles Leclerc durch seine Schule.
Zehnder sind aber auch andere Piloten in Erinnerung geblieben, wenn auch nicht immer wegen ihrer fahrerischen Qualität. "Peter Sauber war ein strenger Chef. Unser neuer Fahrer Johnny Herbert eher das Gegenteil. Bei seinem ersten Test für uns in Paul Ricard hätte er sich fast um seinen Job gebracht. Er kam mit seinem Mietauto an, hat alle möglichen Faxen gemacht. Prompt hat er einen unserer Lastwagen gerammt. Peter stand direkt daneben. Er hat sich sicher gefragt, ob das wirklich der richtige Fahrer für uns ist."
Nicht nur mit dem Teamchef gab es Streit, auch untereinander waren sich die Fahrer nicht immer einig, wie eine weitere Episode vom Qualifying 1998 in Monte Carlo zeigt: "Jean Alesi will gerade seine fliegende Runde beginnen, da fährt ihm Teamkollege Pedro Diniz vor das Auto. Nicht, weil wir ihn falsch rausgeschickt hätten. Diniz hat von sich aus entschieden, wann es Zeit war", plaudert Zehnder aus dem Nähkästchen. "Als Jean zurück an der Box war, hat er eine Schimpftirade losgelassen, die einzigartig war. Den Funk hätten wir gar nicht gebraucht. Er hat so geschrien, dass wir es durch den Helm durchgehört hätten."
BMW kommt ins Boot
2004 baute Sauber einen 1:1 Windkanal mit rollendem Boden, der zu jener Zeit weltweit zu den besten zählte. BMW die bis anhin ihre Motoren an Williams lieferten, wollten 2006 mit einem eigenen Auto antreten. Was lag näher als das Sauber-Team zu übernehmen.
2008 feierte die Truppe mit Robert Kubica in Montreal den bis heute einzigen GP-Sieg, als Tupfer auf dem i wurde Team-Kollege Nick Heidfeld als zweiter abgewunken.
Mit dem für alle völlig unerwarteten plötzlichen Ausstieg von BMW nach nur vier Jahren Ende 2009 kaufte der Firmengründer sein Team zurück. Die zugesagte finanzkräftige Unterstützung einer heimischen Bank blieb aus und so geriet das Team in eine schwere finanzielle Krise. Harte Jahre standen vor der Tür und trotzdem zeigte sich das Team stark wie nie. Sergio Perez zeigte wieder mit Ferrari-Power unterwegs dem grossen Bruder in Malaysia 2012 so richtig die Zähne. Checco kämpfte gegen Alonso um den Sieg und konnte nur über scharfen Boxenfunk zum Rückzug gezwungen werden.
2016 mit dem Besitzerwechsel zog sich Firmengründer Peter Sauber aus dem operativen Geschäft zurück. Heute fahren die Hinwiler unter dem wohlklingenden und traditionsreichen Namen "Alfa Romeo Racing". Erinnert man sich an die grossen Erfolge der Mailänder vor dem Krieg und den beiden ersten Nachkriegs-Jahren 1950 und 51, so wünscht man sich doch diese rund 70 Jahre später, zum 50 jährigen Firmenjubiläum zurück.
Stimmen zum Geburtstag
Frédéric Vasseur, CEO Sauber Motorsport AG: "Der heutige Tag markiert einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte von Sauber Motorsport. 50 Jahre in diesem Geschäft sind eine lange Zeit, aber Sauber hat es bei allen Herausforderungen immer wieder geschafft, sich neu zu erfinden. Seine grösste Stärke sind im Kern die Menschen, die das Unternehmen aufgebaut haben und die dafür sorgen, dass es auch heute noch auf höchstem Niveau konkurrenzfähig ist: seine Mitarbeitenden. Die heutigen Feierlichkeiten sind eine Hommage an die harte Arbeit, das Engagement und die Leidenschaft für den Rennsport eines jeden Einzelnen von ihnen - und ein Wunsch für die nächsten 50 Jahre, noch erfolgreicher zu sein als die letzten".
Kimi Räikkönen (Rennfahrer, Fahrzeugnummer 7): "Ich möchte Sauber am Tag seines 50. Geburtstags alles Gute wünschen. Es ist ein Team, das mir so viel bedeutet, denn hier hatte ich mein Formel-1-Debüt, und ich bin dankbar für die schöne Zeit, die wir zusammen hatten. Natürlich gab es bereits eine großartige Teamgeschichte, bevor ich dazukam, und das Team hat sich danach großartig weiterentwickelt; jetzt sind wir wieder zusammen, bereit, neue Seiten dieser Geschichte zu schreiben, und ich hoffe, dass es noch viele weitere großartige Momente geben wird".
Robert Kubica (Reserve-Fahrer): "Heute ist ein ganz besonderer Tag, der das 50. Jahr einer langen Geschichte markiert, nicht nur in der Formel 1, sondern auch im Motorsport. Dieses Team besteht seit jeher aus großartigen Menschen, und es war eine Freude, für sie zu fahren. Hier habe ich mein Debüt gegeben, im Jahr 2006, was die größte Chance für mich und meine Karriere war. Ich habe viele schöne Erinnerungen an diese Tage, und der Sieg in Kanada 2008 war definitiv einer der größten Momente in meinem Rennfahrerleben. Ich möchte allen Menschen gratulieren, die die Geschichte von Sauber geschrieben haben, aber auch den neuen Menschen, den neuen Gesichtern, die ich bei meiner Rückkehr nach Hinwil, unserer Heimat, kennen lernen durfte, alles Gute und viel Glück wünschen. Ich wünsche dem Team 50, 100 weitere Jahre grossartige Geschichte im Motorsport".