Heute vor 60 Jahren wurde im wahrsten Sinne der Grundstein für eine einzigartige Erfolgsgeschichte gelegt. Am 8. März 1956 startete die Produktion des Bulli im neu erbauten Transporterwerk in Hannover. Auf einem 1,1 Millionen Quadratmeter grossen Gelände im Stadtteil Stöcken wurde innerhalb nur eines Jahres ein komplettes Werk - die damals grösste Fertigungshalle Europas - aus dem Boden gestampft. Es war zugleich der Beginn einer einzigartigen Ära im Fahrzeugbau: Denn hier wird seither die Automobil-Legende Bulli (T-Baureihe) gebaut.
Symbol des Wirtschaftswunders
In den Kinos läuft Heinz Rühmann als „Charley‘s Tante“, aus kleinen Transistor-Radios tönt der Elvis Presley-Hit „Love me tender“. Und die Deutschen entdecken ihre Liebe zum Automobil: Das sogenannte Wirtschaftswunder ist da. Der Volkswagen Käfer ist bestverkaufter Pkw des Jahres 1956, knackt im Laufe des Jahres die Millionen-Grenze. Auch der Bulli ist heissbegehrt. Die Produktionskapazität im Wolfsburger Stammwerk, wo der Bulli bereits seit 1950 gebaut wird, reicht längst nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Brot, Bier und Buletten müssen zum Verbraucher. Auch Konsumartikel wie Fernseher und Kühlschränke sollen schnellstmöglich und sicher zum Kunden geliefert werden. Dazu brauchen Geschäftsleute und Handwerker den unverwüstlichen Bulli.
Über 235 Städte und Gemeinden bewerben sich damals, um neuer Standort für das geplante Transporter-Werk zu werden. Heinrich Nordhoff, Generaldirektor der Volkswagenwerk GmbH und späterer Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG, gewinnt den Aufsichtsrat für den von ihm favorisierten Standort Hannover. Aber Nordhoff erkennt bereits damals: „Den Wert eines Unternehmens machen nicht Gebäude und Maschinen und auch nicht seine Banknoten aus. Wertvoll an einem Unternehmen sind nur die Menschen, die dafür arbeiten, und der Geist, in dem sie es tun.“
Aus dem Nichts heraus..
Zunächst beginnen 372 Mitarbeiter in einem schneereichen Winter mit dem Bau. Schon Ende März 1955 sind auf der Baustelle 1’000 Arbeiter beschäftigt. Der durch einsetzendes Tauwetter inzwischen aufgeweichte, matschige Boden muss mit Bohlenwegen gesichert werden, damit Lkw Baumaterial anliefern können. Auf dem Gelände selbst wächst eine kleine, provisorische Stadt heran – mit Baubüros, Versorgungs- und Unterkunftsbaracken, Kantinenzelten. Auch geschäftstüchtige Händler mit Verkaufsbuden siedeln sich hier schnell an.
Nach nur 12 Wochen ragen die Mauern schon über vier Meter in die Höhe. 28 Kräne sind im Dauereinsatz, 22 grosse Mischmaschinen spucken täglich 5’000 Kubikmeter Beton aus. Insgesamt werden 1’750'000 Kubikmeter Erde bewegt – so viel wie damals 256’000 Lastwagenladungen.
Rekordverdächtig
Ab Mai sind rund 2’000 Arbeiter täglich auf der Riesenbaustelle beschäftigt. 600’000 Quadratmeter Schalholz werden für den Betonguss verbraucht. Zum Vergleich: „Damit hätte man einen ein Meter breiten Holzsteg von Wolfsburg nach Basel bauen können“, schreibt ein Journalist damals.
Gleichzeitig schult Volkswagen bereits neue Mitarbeiter für die Transporter-Fertigung. Mit einem dafür extra eingesetzten Zug fahren sie jeden Tag um 4.10 Uhr vom Hauptbahnhof nach Wolfsburg, wo sie in die Produktion des Bulli eingewiesen werden. 3’000 Mitarbeiter sollen den reibungslosen Produktionsstart garantieren. In nur wenigen Wochen wird der Karosseriebau eingerichtet, im Februar 1956 ist auch der mehrgleisige, zehn Kilometer lange Bahnanschluss zum Werk fertig.
Nach nur einem Jahr Bauzeit
Am 8. März 1956 startet die Serien-Produktion eines künftigen Symbols der „Wirtschaftswunderjahre“ in Hannover-Stöcken mit 4’000 Mitarbeitern. Bis 1967, dem Ende der Produktion der ersten Transporter-Generation, laufen in Deutschland 1,8 Millionen Bulli vom Band.
Bis heute sind weltweit insgesamt rund 12 Millionen Transporter gefertigt worden und es sind mittlerweile rund 14’500 Mitarbeiter beschäftigt.