Mit „Geheimtipps“ ist es so eine Sache: Je mehr sie im Umlauf sind, desto weniger sind sie „Geheimtipps“. Also: Es wäre eigentlich viel sinnvoller, nichts über die Schauinsland Klassik zu schreiben, damit diese Veranstaltung noch möglichst lange als „Geheimtipp“ unter der Hand gehandelt werden kann!
Hommage an damals
Am ersten August-Wochenende (2. und 3. August 2019) wurde im grenznahen Freiburg im Breisgau die 13. Schauinsland-Klassik ausgetragen, eine Hommage an das legendäre Bergrennen, das von Mitte der 20er Jahre bis Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts 38 Mal ausgetragen wurde – 100‘000 Zuschauer waren in der Hochblüte dieses Rennens keine Seltenheit.
Nach einem Verbot durch die lokale Politik mit Umweltschutzargumenten wurde dann 2001 die Schauinsland Klassik aus der Taufe gehoben.
Breites Fahrzeugaufgebot
125 Teams, vorwiegend aus Deutschland und der Schweiz, ergänzt mit Equippen aus Frankreich und Luxemburg, nahmen am Freitag Mittag die erste von insgesamt zwei Etappen unter die Räder.
Von A wie Alfa Romeo oder Alvis 12/70 Sports (1937) über F wie Ford A Boattail Racer (1930) und M wie Mercedes Benz 230 SL (1967) bis zum V wie VW 1303 Käfer (1979) war die gesamte Palette an sehenswerten Oldtimern am Start.
Über Berg und Tal
Der erste Tag führte von Freiburg zuerst über das piece de resistance, nämlich den Schauinsland nach Neuenburg am Rhein, ins Südbadische in die Nähe von Lörrach, und dann über St. Blasien, Totdnau wieder zurück zum Ausgangsort. Gute 250 Kilometer warteten auf die Teilnehmer, gespickt mit 31 Sonderprüfungen, die auf die Hunderstelssekunde genau angesteuert werden sollten.
Zieleinlauf war am Abend auf dem Münsterplatz von Freiburg, der von vielleicht tausend Zuschauern gesäumt war. Abschrankungen sorgten dafür, dass sich die Autos der Teilnehmer den Weg nicht durch die Menschmasse suchen mussten…
Fast wähnte man sich an einer Oldtimer-Veranstaltung in Italien!
Auf der legendären Schauinslandstrecke
Der zweite Tag führte über 260 Kilometer in den östlichen und nördlichen Teil des unendlich weitläufigen Schwarzwaldes. Und natürlich war die Schauinslandstrecke wieder am Anfang der Etappe. Alles war gespickt mit 21 Sonderprüfungen.
Nach insgesamt 500 Kilometern endete die Schauinsland Klassik Samstag abends inmitten des „Street Food Market“ auf dem Messegelände Freiburg und dem verzückten Staunen der interessierten Besucher. Den krönenden Abschluss bildete die feierliche Siegerehrung, die in neuer Form auf dem Messegelände stattfand.
Dort jubelten, zu ihrer eigenen großen Überraschung, Susanna und Stefano Ginesi vom Team „Porsche Classic Zürich“ am meisten. Die beiden gewannen mit ihrem Porsche 356 C aus dem Jahr 1964 die Gesamtwertung. „Das ist ein unglaublich schönes Gefühl und bedeutet uns sehr viel. Wir sind schon viele Rennen gefahren, aber der Empfang auf dem Münsterplatz, der war wirklich einzigartig!“, sagte Stefano Ginesi freudestrahlend.
Freiburg und der Katholizismus
Die heilige Messe im Freiburger Münster ist dem dortigen Klerus im wahrsten Sinne des Wortes heilig. Störungen werden keine geduldet, schon gar nicht von motorsportlichen Veranstaltungen wie der Schauinsland Klassik. Der Zieleinlauf am Freitag Abend darf deshalb frühestens auf 19.30 Uhr für das erste Auto angesetzt werden, denn dann ist die Samstag-Abend-Messe fertig und die Motoren sind keine Konkurrenz mehr für das gesprochene Wort in der Kirche. Der Zuschauerauflauf beim Zieleinlauf lässt die Frage der Interessenlage „Schauinsland-Klassik versus Gottesdienst“ aufkeimen…
Felgenbruch
Wie schon im letzten Jahr lenkte Robert Krause (37) zusammen mit Benjamin Drescher (36) einen Ford A Boattail Racer aus dem Jahre 1930. Mit dem Sieg in der Vorkriegswertung wurde dieses Jahr nichts. Bereits kurz nach dem Start, auf der legendären Schauinsland-Strecke, brach an ihrem Racer eine Felge. Immerhin schafften sie es zusammen mit der ADAC-Depannierungs-Crew, den Schaden zu beheben und zurück ins Rennen zu gehen.
Helden
Mario Ketterer (69) und Fredy Amweg (70) waren die Ehrengäste an der diesjährigen Schauinsland Klassik. Ungewohnt war der fahrbare Untersatz der beiden: Das schnelle Renngerät aus früheren Zeiten musste einem VW Käfer mit gerade mal 34 PS Platz machen, und sie mussten untereinander ausknobeln, wer ins Lenkrad greifen und wer auf dem Beifahrer-Sitz Platz nehmen musste. Eine Gaudi war es allemal, und dass sie nicht in Versuchung kamen, auf Bestzeit zu fahren, hatte der Käfer den Vermerk „Presse“ aufgedruckt, dazu die Zahl 459 – keinesfalls die Starnummer sondern sinnbildlich die Rekordzeit von 4:59 min. von Mario Ketterer aus dem Jahr 1978, gefahren im einem RALT-Formel-2-Rennwagen.
Auch Fredy Amweg konnte sich ins goldene Buch des Schauinsland eintragen: Der Schweizer Bergkönig gewann 1974 in einem March-BMW-Formel-2-Monoposto. „Wir nehmen es nicht so ernst – ich denke wir müssen ab und zu einen Halt einlegen und Niveaukontrolle machen“, lachte Amweg am Freitag Mittag. Die Niveaukontrolle erklärte er nicht näher, unklar bleibt, ob es die Niveaus am Käfer betraf oder der beiden Kehlen…
Sorgfältige Streckenwahl
Wieso hat die Schauinsland Klassik soviel Charme? Ganz einfach: Die Strecken wurden mit einer unglaublichen Sorgfalt ausgesucht.
Hauptstrassen wurden, wenn immer möglich, gemieden und dienten nur gerade für die Überführung zum nächsten Nebenstrassen-Abschnitt. Auch eigentliche Waldwege und Güterstrassen wurden in die Routen einbezogen, die Teilnehmer lernten so den Schwarzwald von einer ganz andern Seite kennen. Es konnte schon mal passieren, dass Waldarbeiter beim Holzen gestört wurden oder es zu einer Begegnung mit einem Baumstamm-Transport mit Traktor kam.
Die attraktiven (Fahrer-) Strecken führten über Orte, die man als normaler Autofahrer nie kennen lernen würde. Und das Gebiet ist so weitläufig, dass auch nächstes Jahr wieder neue und abwechslungsreiche Strecken ins Programm aufgenommen werden dürften…
So dürfte es auch nächstes Jahr wieder sein, wenn die Schauinsland Klassik am 31. Juli bis 01. August 2020 wieder stattfindet.
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