Ja, es ist nicht besonders originell, über das Wetter zu schreiben. Aber es wäre dem Faktor, der die diesjährige Oldtimermesse St. Gallen zu einem gelungenen Saisonabschluss gemacht hat, gegenüber nicht gerecht, seinen Anteil am Erfolg zu verschweigen. Ein heiterer Spätherbsttag mit zweistelligen Temperaturen ist zwar nicht allzu ungewöhnlich – aber eben auch nicht selbstverständlich. Insbesondere dann, wenn es der Himmel in der Woche zuvor mit der Bewässerung sehr gut gemeint hat. Die optimistischen Prognosen aber bewegten viele Besucher dazu, ihre nicht eingemotteten Klassiker auch noch einmal zu bewegen. Und so präsentierte sich nicht nur die Ausstellungsfläche auf dem Messegelände, sondern auch der weitläufige Besucherparkplatz entlang der Bachstrasse bereits eine halbe Stunde nach Einlass gut gefüllt mit historischen Automobilen.
Wer sich die Zeit nahm, alle derart im Freien präsentierten Schaustücke in Augenschein zu nehmen, brauchte denn auch eine ganze Weile, bis er überhaupt am Eingangstor zu den Messehallen für die Eintrittskarte anstehen konnte. Zu viel gab es schon davor zu sehen.
Neben dem "Pflichtprogramm" aus ebenso häufig wie gerne gesehenen Modellen vom Schlage eines MGA, Citroën DS oder VW Typ 3 hatten sich auch zahlreiche Exoten der unteren Preisklasse auf der gebührenfreien Abstellfläche eingefunden. Matra-Simca Rancho und Datsun Cherry 100 A bestachen nicht nur durch ihre Seltenheit, sondern auch durch ihren makellosen Zustand.
Freilich bedeutet die Begeisterung über ihre Anwesenheit nicht, dass keine hochpreisigen Exoten zu bestaunen gewesen wären. Ferrari 512 TR und Lamborghini Espada parkierten im Grünstreifen neben dem Gleisbett, als wären sie alltägliche Fiat-Produkte. Derweil tummelten sich Porsche 944 in einer Menge, die man selbst vom allgegenwärtigen 911 nicht erwartet hätte.
Da das Freigelände seinem Namen gleich in doppelter Hinsicht gerecht wurde –nicht nur unter freiem Himmel, sondern auch mit freiem Eintritt – herrschte auf dem Areal zwischen den Hallen 3, 9 und 7 reger Betrieb. Besonders schon zu sehen, war die grosse Zahl junger Familien, deren Nachwuchs sich vom alten Blech begeistern liess.
Natürlich stand vom BMW 3200 CS bis zum Scania L 110 Super auch einiges herum, von dem man sich begeistern lassen konnte. Dazwischen bot sich ein breites Spektrum von Ford Fairlane 500, Lancia Fulvia, Ford Scorpio, Alpina B6 oder Opel Olympia Rekord. der Preis für die breitesten Hinterreifen ging an De Tomaso Lonchamp, der mit seinen Monsterschlappen sogar den Chevrolet Corvette neben sich schmächtig wirken liess.
All das sorgte dafür, dass der knapp 800 Meter lange Weg vom eigenen Auto bis zur Tageskasse schon einmal zwei Stunden dauern konnte. Im Inneren der Hallen bot sich das gewohnte Bild grosser Klassiker-Messen, wenn auch auf ein sympathisches Mass verkleinert. Da waren die Händlerstände mit polierten Sportwagen, zahlreiche Ersatzteiltische, unzählige Wühlkisten, Blechschilder und Öldosen, jede Menge Modellautos – und die unvermeidliche Reihe Porsche 911.
Doch fanden sich auch hier mit einem Riley RMB von 1947 und einem London-Taxi aus den Neunzigerjahren ungewöhnlichere Offerten, wenngleich eher für den anglophilen Autoliebhaber.
Die Touring-Garage aus Oberwenigen hielt mit einem Mercedes-Benz 350 SL und einem 220 S Coupé den Stern der ansonsten auffällig unterrepräsentierten, anderen Stuttgarter Marke hoch.
Freunde italienischer Fabrikate konnten den Ferrari F40 von Clay Regazzoni bestaunen oder einen Fiat 128 Sport im pastelligen Hellbraun eines Haselnussglacé kaufen – wenn sie nicht gleich nach Bologna zur Auto e Moto d'Epoca gefahren sind.
Für die Schweizer Szene war die Oldtimermesse St. Gallen der letzte grosse "sortenreine" Anlass für historische motorisierte Fortbewegung. Und deshalb hatte das Wetter auch eine lobende Erwähnung verdient. Denn dank der sonntäglichen Pause im Dauerregen hat sich der Besuch nicht angefühlt wie der Rausschmeisser in der Disko – sondern wie ein fröhlicher Abschluss, der Lust macht auf den Neubeginn im nächsten Jahr.
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