Eigentlich stand die Motorworld Classics Berlin, die vom 5. bis 8. Oktober 2017 zum Oldtimer-Schauen und Kaufen einlud, ja unter einem guten Stern. Eine ganze Halle (Nummer 11, auf zwei Ebenen) war dazugekommen und neue Aussteller konnten verpflichtet werden. Doch dann kam Xavier und er liess die Flaggen vor den Messehallen so stark wehen, dass am Donnerstag von einem Besuch des Sommergartens abgeraten wurde. Sturmtief “Xavier” hatte Norddeutschland fest im Griff und es dürfte sicherlich daran beteiligt gewesen sein, dass sich der Zulauf am ersten Tag in Grenzen hielt.
Doch dies wurde an den anderen drei Messetage kompensiert, so dass die Organisatoren von einem neuen Besucherrekord, genannt wurden 28’500 Fach- und Publikumsbesucher, vermelden konnten.
Von Herzen
Von “Emotion pur” war bereits bei der Pressekonferenz die Rede und dass die Berliner Oldtimermesse halt von Herzen komme. Das spürte der Besucher auch wirklich überall, denn angefangen beim Messepersonal, das in historisch wirkenden Kostümen eingekleidet war, über die immer wieder passenden Musikeinlagen bis zu den sympathisch aufgezogenen Stände wurde alles getan, dass man sich in der Zeit zurückversetzt fühlen konnte.
Aber besser noch als mit Standbau und Verkleidungen brachte Heidi Hetzer, die rüstige Weltumrunderin, das Besondere der Messe auf den Punkt: “Die Motorclassics Berlin gehört genau hier hin, an die AVUS, denn die Abkürzung steht für “Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße” und genau das ist es doch, was wir hier machen. Wir testen neue Konzepte und üben uns darin, Jung und Alt für den Oldtimer und das Automobil an sich zu begeistern.”
Dass ihr "Hudo", als der Hudson, mit dem sie den Erdball umrundete, in Berlin auch gezeigt wurde, war da natürlich Ehrensache.
Regional
Mit rund 40’000 Quadratmetern (genaue Zahlen sind nicht verfügbar) gehört die Berliner Messe weder zu den grossen Veranstaltungen dieser Art, noch kann sie wie die Rétromobile in Paris oder die Techno Classica In Essen auf ein internationales Publikum zählen. Sie ist eine regionale Messe mit einem Einzugsgebiet von über fünf Millionen potentiellen Besuchern.
- Batterien
Überschaubar
Man kann sich allerdings auch in den Berliner Hallen verirren, nicht weil sie besonders gross sind, sondern weil sie über Zwischengänge und Treppenhäuser verknüpft werden. Wer die Architektur verstanden hatte, der konnte in rund einer Stunde eine Tour d’Horizon machen, für eine genauer Inspektion der Stände und der Ausstellungsobjekte waren dann eher drei bis vier Stunden nötig.
Mit der zusätzlichen Halle hatte man auch das Ausstellungsspektrum erweitert und stark auch auf Motorräder gesetzt, die nun an verschiedenen Orten das Geschehen auflockerte.
Der IAA-Stuck-Elvis-BMW 507
Ein ganz besonderes Exponat hatte BMW Classic mit nach Berlin gebracht, den frisch restaurierten BMW 507, der einst an der IAA als Ausstellungsfahrzeug stand, dann von Hans Stuck bei Bergrennen eingesetzt wurde und schliesslich in den Besitz von Elvis überging.
Jetzt glänzte er wieder in weisser Lackierung wie damals. BMW hatte, anders als andere Automobilhersteller, einen offiziellen Stand und setzt ganz bewusst auf den neuen Messestandard, der viel Potential habe.
Die Filmstars
Für einigen Andrang sorgten zwei automobile Filmstars, die an der Berliner Messe zu sehen waren. Für “Bullit” mit Steve McQueen wurden damals zwei Dodge Charger R/T 440 eingesetzt, nur einer hat überlebt.
Zu sehen war der kraftstrotzende Wagen zusammen mit “Eleanor”. So nannte Nicolas Cage im Streifen “Gone in sixty seconds” seine Vierrad-Achilles-Ferse, bei der es sich um einen Shelby GT 500 von 1967 handelte, die sich aber durch allerlei Modifikationen von der Serie unterschied.
Drei originale Filmautos entstanden damals, gefolgt von vielen Repliken. In Berlin war aber das Original zu sehen.
Michael Schumachers Rennwagen
Eine Sonderausstellung widmete sich dem Thema Michael Schumacher und zeigte viele Sammelstücke aus dem Leben des berühmten Rennfahrers.
Höhepunkte waren natürlich dabei der Mercedes C291 von 1991, der Benetton 194-5 von 1994 und der Mercedes-Benz F1 von 2010 (Showcar).
Attraktive Clubstände
Sie mussten zwar meist mit den weniger gut beleuchteten Hallen vorlieb nehmen, aber trotzdem boten gerade die Clubs wieder einmal viel Abwechslung und mit viel Enthusiasmus aufgestellte Stände.
Ob es nun um die Geschichte der Marke NSU oder die Fahrzeuge von Alfa Romeo ging, um den VW Käfer oder Karmann-Ghia oder die eleganten Citroën aus Frankreich, auf den Clubständen kam man immer auf die Rechnung.
Bei der T3 IG wurde gleich ein ganzer Polizeieinsatz nachgestellt, beim Mercedes-Veteranen-Club eine Hochzeit.
Man kann die Aktivitäten der Clubs nicht genug loben, wissend, dass die Leute dies alles in ihrer Freizeit und ohne Entschädigung machen.
Mit Coys-Versteigerung
Mit einem neuen Partner, Coys of Kensington, konnte die Berliner Messe erneut eine Versteigerung anbieten.
Das Wagenangebot, das Coys nach Berlin brachte, war dabei durchaus beeindruckend und es enthielt viele Rosinen, etwa den Renault-Alpine A108 von 1966 als Cabriolet oder das bei uns kaum bekannten Fiat 124 Vignale Coupè “Eveline”, das rund 200 Mal gebaut wurde und ein wenig wie ein geschrumpfter Jensen Interceptor aussieht von vorne.
Nicht nur stehende Autos
Wie letztes Jahr war die Berliner Messe auch Start und Ziel der ADAC Youngtimer Tour 2017, ausgelegt auf jüngere Teilnehmer und Fahrzeuge. Der ADAC konnte am 5. Oktober aber auch noch ein neues Rallye-Konzept namens “ADAC Europa Classic” ankündigen, welches das Auto-Wandern in den schönsten Gegenden Europas zum Inhalt hat. Ähnlich wie bei der früheren Trentino Classic, die durch die Europa Classic abgelöst wird, wird jeweils eine bestimmte Gegend ausgesucht und mit einem zentralen Ort als Ausgangspunkt mehrere Tagestouren gefahren.
Für 2018 ist die Region bereits bestimmt, es handelt sich um den Kanton Tessin in der Schweiz, mit dem der ADAC mit der Moto Classic bereits gute Erfahrungen sammeln konnte.
Ergänzt wurde das Messeprogramm durch eine Veranstaltungsreihe, die bekannte Persönlichkeiten aus dem Rennsport und der Automobilgeschichte auf die Bühne brachte, etwa Norbert Haug, Hans Herrmann oder Strietzel Stuck.
Berlin als Magnet
Den einen oder anderen Promi konnte man bereits am Donnerstag beim Preview-Tag sehen, Günther Jauch etwa, der die Auslage interessiert musterte. Aber selbst er konnte fast so unerkannt durch die Ausstellung flanieren wie die anderen Leute, die sich an der Berliner Messe einen schönen Tag machten.
Ob nicht nur geschaut, sondern auch gekauft wurde, das ist eine andere Frage. Diese werden sich nun die Aussteller stellen und dann darüber entscheiden, ob sie im nächsten Jahr, wenn in Berlin vom 4. bis 7. Oktober 2017 wieder zur Motorworld Classics eingeladen wird, erneut dabei sind.