Die legendäre "Le Jog"-Rallye startete am 7. Dezember 2019 zum 25. Mal in Lands End, dem südwestlichsten Punkt Englands, und endete nach 4 Tagen, 1500 Meilen (2414 KM) am 10. Dezember im schottischen John o'Groats, dem nordöstlichsten Ort Grossbritanniens.
Härteste Winter-Rallye für Oldtimer
Der Start erfolgte um 7:30 morgens, und nach 75 Stunden erreichten 64 der 82 gestarteten Fahrzeuge das Ziel. 18 Rallyeautos fielen der harten Rallye zum Opfer, was zeigt, wieviel die "Le Jog" Mensch und Maschine abverlangt. Ganze acht verwegene Teams starteten mit Vorkriegsfahrzeugen, was die Herausforderung bei den unfreundlichen Wetterverhältnissen noch deutlich erhöhte.
Goldmedaillengewinner
Das Ziel zu erreichen, ist an der Winterrallye an sich schon eine Meisterleistung von Fahrer und Navigator, ungeachtet der Medaille oder der Strafminuten. Um zu punkten, müssen die Zwei-Mann-Besatzungen jede Kontrolle zur ihnen zugewiesenen Zeit minutengenau erreichen, und auch bei den Geschwindigkeitsprüfungen dürfen ihnen keine Fehler unterlaufen.
Insgesamt wurden sechs Goldmedaillen vergeben, die am härtesten verdienten waren wohl jene der Vorkriegsfahrzeuge-Teams von Elliott Dale/Charlotte Ryall und Stuart Anderson/Emily Anderson. Einer zusätzlichen Herausforderung musste sich das Anderson-Team stellen: Stuart Andersons Navigator wurde am Abend vor der Rallye krank, und seine Tochter Emily übernahm in letzter Minute den Copiloten-Sitz.
Erschöpfte Mannschaften
In den offenen Bentleys erweiterte das Wetter die anstrengende Fahrt um die Komponenten Wind und Regen, zu denen Stuart Anderson sagte: "Wind und Regen hat jeden Teil des Körpers erwischt, und ich wurde noch nie bei einer Rallye im Auto so durchgeschüttelt, im Cockpit von links nach rechts geworfen, wie im Bentley, es war nicht sehr angenehm". Elliot Dale, der unter anderem schon über den Atlantik gerudert ist, hatte einen ganz eigenen Ansatz im Umgang mit wirklich schlechtem Wetter wie diesem: "Ich drückte meinen Kopf direkt an die Windschutzscheibe, natürlich war der dann dem Lenkrad im Weg, aber wenigstens konnte ich etwas sehen"
Zum 25. Jubiläum war das Wetter wieder garstig
Harte Wetterbedingungen, einschliesslich sintflutartiger Regenfälle auf einem Grossteil der Strecke, machten den Mix aus anspruchsvollen Gleichmässigkeitsprüfungen und spannenden Geschwindigkeitsfahrten für die Teams zu einer echten Herausforderung. Aufgrund der extrem langen Fahrzeiten forderte die Müdigkeit die Teams zusätzlch. Mensch und Maschine werden bei Langstrecken-Rallyes bis an ihre Grenzen gefordert, und das macht für die Wettkämpfer den Sport so reizvoll.
Peter Rushforth, heute über 80 Jahre alt, ursprünglicher Le Jog-Organisator, sagte: "Dies war mein erstes Mal als Teilnehmer, und es machte mir sehr viel Spass. Die Route war fast die gleiche wie vor 25 Jahren, aber ich denke, die Rallye war damals etwas härter, da man sich noch weniger Schlaf gönnte als heute". Auch Mike Parkinson, der mit einem Bentley MK6 Special gestartet war, konnte man die Strapazen ansehen: “Wir können kaum noch gehen, wir sehen fast nichts mehr, unsere Augen sind müde, aber wir sind glücklich und haben die Rallye wirklich genossen".
Die Rallye fodert alles von Mensch und Maschine
Während der vier Tage und drei Nächte dauernden Rallye bekamen die Teilnehmer vielleicht zehn Stunden Schlaf – wenn es gut lief. Die Strapazen beschrieb der Navigator Andy Ballantyne, Goldmedaillen-Gewinner, so: "Nach dem Start fanden wir fast nicht aus Cornwall heraus, aber dank der harten Arbeit meines Piloten Stewart Christie schafften wir den Weg zurück an die Rallye. Der erste Tag war hart, die erste Nacht noch härter, aber die letzten 24 Stunden waren wirklich gnadenlos, in der letzten Nacht waren wir körperlich am Ende. Ich denke, wir brauchen jetzt einen Moment Ruhe, um zu verstehen, welchen wunderbaren Erfolg wir an der Rallye erreicht haben."
Bei der härtesten Langstrecken-Rallye Europas ist das Ankommen im Ziel schon wie ein Sieg zu feiern, wer dazu noch eine Medaille mitnehmen oder tiefe Strafminuten notieren durfte, freute sich umso mehr. Im Ziel gab jedenfalls nur glückliche Gesichter!
Goldmedaillengewinner
7 - Stuart Anderson (GBR) Emily Anderson (GBR) Bentley Derby 41⁄4
18 - Paul Dyas (ENG) Martyn Taylor (ENG) Volvo Amazon
35 - Kevin Haselden (ENG) Gary Evans (GBR) Mini Cooper
41 - Stewart Christie (SCO) Andy Ballantyne (GBR) MG B GT
52 - Richard Boughton (ENG) Paul Bosdet (ENG) BMW 2002 Tii
84 - Eric Michiels (LUX) Aswin Pyck (BEL) Porsche 924S
Regelmässig mit Teilnehmern aus der Schweiz
Aus der Schweiz traten 2019, nebst weiteren Teams, Daniel Sauter und Severin Senn an, die auf ihrem Chevrolet Fangio Coupé aus dem Jahr 1938 den respektablen dritten Rang in ihrer Klasse herausfuhren.
Wir konnten mit zwei Schweizer Teilnehmern der Vorjahre über die Le Jog Rallye sprechen, und zwar mit dem Jaguar-Spezialisten Georg Dönni von "Jaguar Classics", der 2017 im Team mit Balz Bessenich auf einem Jaguar MKI 3.4 Saloon startete.
Auch Martin Rudolf, Inhaber der Oldtimer Fachwerkstatt "Madmotors", baten wir zum Interview; Er bestritt die Le Jog 2018 mit Teampartner Stefan Müller auf einem Volvo Amazon 123 GT Rallye.
Lesen Sie, was die beiden auf unsere Fragen geantwortet haben – einige Antworten sind durchaus mit einem Augenzwinkern zu verstehen.
Schildere uns die zwischenmenschlich schwierigste Situation im Cockpit:
Martin Rudolf: "Es gab keine. Wir hatten vor dem Start unser gemeinsames Ziel festgelegt: Wir wollten gesund bleiben, ankommen und möglichst keine Strafpunkte einfahren – in dieser Reihenfolge. An diesen Zielen orientierten wir uns, und meisterten Le Jog als Team. Erfolgreich Rallye fahren geht nur, wenn man sich kennt und versteht. Die Rollen im Cockpit sind klar verteilt, der Navigator sagt, wo es lang geht, der Fahrer fährt, und trifft keine eigenen Entscheidungen, wenn es um die Route geht."
Georg Dönni: "Das war, als ich einen langsameren Triumph TR4 überholte, der aber korrekt dem Roadbook folgend abbiegen wollte. Mein Navigator wies mich an, denselben Abzweiger zu fahren, aber ich dachte, die Strasse wäre viel zu klein und sei nicht Teil der Route. Ich rauschte also am Triumph geradeaus auf der Hauptstrasse vorbei. Mein Navigator Balz überzeugte mich, dass ich wenden musste, und war ziemlich sauer, dass ich seinen Anweisungen nicht Folge geleistet hatte. Nicht auf den Navigator zu hören, ist mir danach aber nicht mehr passiert. Man muss im Cockpit gut aufeinander abgestimmt sein, um sich nicht zu verfahren."
Welcher Moment war mental am anspruchsvollsten?
Martin Rudolf: "Als ich realisiert hatte, dass unser Auto so gut vorbereitet war, dass es nichts zu schrauben gab...."
Georg Dönni: "Den gab es bei uns nicht – wir hatten im Auto unsere eigene Party und Freude an der Rallye"
Was war körperlich am anstrengendsten?
Martin Rudolf: "Das Zielbier anheben nach der Zieldurchfahrt in John O'Groats, nach den letzten 28 Stunden Fahrt am Stück."
Georg Dönni: "Die Schmerzen an den Händen, vom Lenkrad, weil ich nicht gerne mit Handschuhen fahre."
Schildere uns den schönsten Streckenteil der Rally:
Martin Rudolf: "Der schönste Teil, landschaftlich, ist für mich die Gegend um den Lake District. Diesen durchfährt man bei Tage und die Winterstimmung ist fantastisch. Allerdings muss man dann auch noch das Glück haben nicht navigieren zu müssen, sondern fahren zu dürfen. Wenn man navigiert, ist es unmöglich, die Landschaft zu geniessen, man hat alle Hände voll zu tun. Hinter dem Lenkrad jedoch ist es immer gemütlich. Man muss nur zur vorgegebenen Zeit am richtigen Ort sein, und der Navigator sagt ja an, wo man abbiegen, und wie schnell man fahren muss. Schottland ist sicher auch schön, aber dort ist es eigentlich immer dunkel um diese Jahreszeit, wenn man auf der Le Jog fährt."
Georg Dönni: "In Schottland mittags um 12 Uhr ein Foto schiessen, die Sonne ist da kaum über dem Horizont. Oder Yorkshire Dales, wo die Natur gelb gefärbt ist, das Gras eingetrocknet, und man auf den Strassen Schneeverwehungen antrifft. Aber eigentlich kam uns die Landschaft auf der ganzen Rallye vor, als wäre sie nicht von dieser Welt."
Welche Platzierung habt Ihr erreicht?
Martin Rudolf: "In unserer Klasse haben wir den 2. Platz errungen. Bei den sogenannten "Autotests", in denen man möglichst schnell einen abgesteckten Parcours abfahren muss, haben wir sogar den Sieg eingefahren."
Georg Dönni: "Das weiss ich nicht mehr, wahrscheinlich sind wir im hinteren Bereich des Feldes angekommen, wir wollten Spass haben und achteten nicht besonders auf die Zeitvorgaben."
Wirst Du wieder teilnehmen?
Martin Rudolf: "Im Ziel dachten Stefan und ich jedes Jahr, so, das wars, fertig, das machen wir nicht mehr, wir haben uns verausgabt. Aber kaum verliessen wir die Insel, schmiedeten wir bereits wieder Pläne für das nächste Jahr, und besprachen, wo wir uns noch verbessern könnten."
Georg Dönni: "Unbedingt, ja. Allerdings nur als Fahrer. Ich bräuchte dann einen guten, erfahrenen Navigator. Der müsste mit starken Nerven ausgerüstet sein, und es dürfte ihm nichts ausmachen, dass er mehrheitlich auf die Karte schaut, und nicht so viel von der Landschaft mitbekommt."
Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, meine Fragen zu beantworten!















































































































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