Wie soll ich den Le Jog beschreiben? Ich mache es so einseitig, wie wir ihn erlebten. Man könnte sagen wir Drei sind Langstreckenrally erprobt. Haben doch Balz und ich uns extra für Le Jog 2005 einen Rallye-Jaguar (MkI) 3.4 aus einer rostlosen 2.4-Litre-Karosserie aufgebaut.
Seither sind wir mit diesem Wagen ein CRA Monte Carlo Rallye und zwei des AC de Monaco gefahren und viele viele andere kürzere weniger anspruchsvolle Rallies, Treffen, Bergprüfungen und Oldtimeranlässe. Immer wenn Balzs cream-farbenen Mk I und mein schwarzer Mk I uns zu schade war, geschunden zu werden, dann griffen wir zum Rallye-Auto.
Zuwenig Zeit für die Vorbereitung
Aus beruflichen und familiären Gründen hatten wir keine Zeit uns vorzubereiten und so stiegen wir drei Tage vor dem Start frohen Mutes in unseren treuen Jaguar und fuhren in einem Strich nach England, um sinnvollverweise spätabends, die Rush-Hour auf der Londoner Ringautobahn vermeidend, in Reading unser Haupt zur Ruhe zu legen.

Gut ausgeschlafen nahmen wir am Donnerstag die Fahrt nach Lands End unter die Räder, um spätestens um 18.00 die technische Abnahme hinter uns zu bringen. Lands End ist weit, sehr weit von Reading entfernt und so verzichteten wir auf das Mittagessen, um zeitgerecht einzutreffen.
Anmeldung und Papierstudium
Am Freitag meldeten wir uns offiziell an, es gab Papiere, Unterlagen, etc. Um 1100 begann das Novice Briefing. Nachdem wir das Reglement im Channel Tunnel online zu lesen begannen, wussten wir, dass dieses Rallye happig werden würde. Le Jog gilt nicht umsonst als die härteste Rallye Europas für klassische Automobile.
Fast zwei Stunden wurden wir vom speziell beauftragten Steward über die Rallye aufgeklärt. Uns wurde schwindlig, mir vor allem, da es an mir war zu navigieren, während Balz für das Lenkrad und die Pedale zuständig war.

Crows Feet, Herring Bone, Circular Herring Bone, Koordinaten, Höhenpunkte, Ordonanzkarte 1:50'000, Signaturen, gesperrte Zonen, Abfahrt in Nordnordwest, Anfahrt aus Südwest, etc., etc. Der Steward meinte, wir würden uns bald daran gewöhnen. Ganz wichtig sei es aber, einen präzisen Wegstreckenzähler zu haben und die Jogularities ganz ernst zu nehmen. Es gelte der oberste Grundsatz: Richtung VOR Zeit.
Nach Gefühl
Diesen Grundsatz nahmen wir uns auch gleich zu Herzen und entschieden, die Regularities so gut wie irgendwie möglich zu navigieren aber die dauernd ändernden Richtgeschwindigkeiten zu ignorieren und nach Gefühl zu fahren. (Das geht, ... einigermassen je nach Glück).
Also fuhren wir die Eichstrecke nochmals mit 129 anstatt mit einem 128 Zähne zählenden Zahnrad in unserem Halda-Streckenzähler und tatsächlich schafften wir es mit dieser Differenz von 7% auf die 23 km Eichstrecke eine Abweichung von nur 20 Metern zu erreichen. Den ganzen Nachmittag verbrachten wir damit, die fehlenden Streckenteile des ersten Legs in unsere Ordonnanzkarte einzutragen. Eine Knobelaufgabe genau in meinem Sinne, aber auf etwas sehr hohem Niveau. Balz als Fahrer konnte nicht helfen, also kümmerte er sich um andere Belange.
Start in Lands End
Am Samstagmorgen ging es dann los in Lands End, so weit nördlich und westlich, dass es noch Nacht war. Zum Aufwachen gab es eine wilde Fahrt durch Pylonen, ich strauchelte mit dem Ansagen ob links oder rechts an den Tütchen vorbeigefahren werden musste und Balz war nicht genügend hart am Gas. Immerhin schafften wir die ganze Übung mit Würde, die Goldmedaille war noch nicht verspielt.

Das Navigieren ging noch ganz ordentlich von statten, trotzdem verpassten wir ein paar Kontrollen, da ich das Jogularity Roadbook nicht genügend präzise las und so geheime Posten verpasste. Damit war die Goldmedaille verspielt. Immerhin ging es unterbruchsfrei bis zu unserer Ankunft im tiefen Schneegestöber 32 Stunden später um 0300 in Nordwales.
Um wenigsten pünktlich am Ziel anzukommen, brachen wir irgendwo in Snowdonia - nomen est omen, es schneite wie wild - ab und versuchten uns mithilfe des Smartphones zum Hotel führen zu lassen. Aber selbst die moderne Satellitennavigation zeigte sich der Aufgabe nur begrenzt gewachsen. Nicht nur wir kamen spät, viele Prüfungen wurden gestrichen, trotzdem kamen fast alle mit Verspätung an.
Komplett eingeschneit
Am Sonntagmorgen um 09.00 sah es aus wie in der Schweiz, alle Autos waren tief eingeschneit.
Wir trafen einen einschneidenden Entscheid. Ich würde von nun an fahren und Balz sich mit der Navigation auseinandersetzen. Für mich war dies schon deshalb angenehm, weil ich am ersten Tage bereits zweimal Medikamente gegen Reisekrankheit hatte nehmen müssen. Die Kollegen vor Ort sagten zudem voraus, dass wir ab Tag 2 nicht nur Karte lesen mussten, sondern auch Koordinaten auszurechnen und auf die Karte zu übertragen hatten. Und dies alles während der Fahrt. Mir wurde schon beim Gedanken ganz “blümerant”.
Die Route führte uns am Sonntag wieder in tiefere und westlicher Gebiete und der Schnee verschwand. Trotzdem hatten wir schwarzes Eis, Eisplatten, Schnee in verschiedenster Tiefe auf unseren Prüfungen bis zum Ziel in John O'Groats.
Lieber kein Streit
Mein Beifahrer bekam die Navigiererei bald in den Griff und ich schaffte es hin und wieder an die Vorgabezeit auf den Geschicklichkeitsfahrten auf Geschwindigkeit fast zu erreichen. Parkplätze, Schulen, Go-Kart Strecken, Driftstrecken, Bauernhöfe, Flugplätze, dreissig Sonderprüfungen an der Zahl befuhren wir, stets an und über der Haftungsgrenze der Schneereifen, deren Druck wir vorne wegen Schnee auf 1.8 bar reduziert hatten.
Nie hatten wir Streit, hörten aber von ambitionierten Team Fürchterliches. Freundschaften konnten nur noch nach mehreren Flaschen Alkoholika wieder gekittet werden, fliegende Objekte im Cockpit, mörderisch Stille oder grosses Gescheit im Fahrzeug. Dies blieb uns alles erspart, da Le Jog unsere Ferien waren und auch als solches angesehen wurden.
40 von 60 erreichen das Ziel
Langsam dezimierten sich die Wagen. Von 60 kamen nur 40 an. In einer Abzweigung nach links 120 Grad stand ein Triumph. Die gegenüberliegende Gartenmauer wies an der Krone eine Lücke von über 5 Metern auf und lag auf dem Rasen. Der Navigator war grad im Begriffe, an der Haustür zu klingeln, um dem bemitleidenswerten Bewohner um 02.00 früh mitzuteilen, dass seine Mauer nun in ihrer ganzen Breite auf dem Rasen lag.

Ein Volvo 544 stand quer zur Fahrtrichtung und wie grössere oder kleinere Karosseriemodifikationen auf. Der einzige Fixstern für uns war ein “Auntie” Rover 100. Der fuhr wie ein Uhrwerk auf der Strecke ohne grosse Aufregung. Gentlemanlike liess er uns vorbei stürmen, um die folgende Abzweigung unaufgeregt korrekt zu nehmen, während wir die Richtungsänderung verpassten und mit einer Handbremswende umkehren mussten, nur um wieder ungestüm von hinten zu kommen. Im Rover drin fuhren ein älterer “Bappeli" und sein “Mameli” (gemeint sind ein Grosspapa mit Grossmama). Sie nähmen dieses Mal zum 17 Male teil. Als die Navigatorin sich in John O'Groats aus dem Schalensitz des Rover schälte, trippelte sie schon etwas steif zum Fototermin.
Natürlich hatte der Rover am Ziel eine komplett intakte Carrosserie, so wie ein weiteres Schweizer Team im Triumph, deren Saab anlässlich eines Trainingsrallies die Beine streckte und daher mit einem gemieteten Wagen der Organisation ersetzt werden musste. Dieses Team, das uns den dritten Platz in unserer Klasse streitig machte, war gut beraten, den Wagen heil über diese schnellen 4500 km zu bringen, belief sich doch der Selbstbehalt der Vollkaskoversicherung auf immerhin £ 10'000.
Auch mal schlafen und 3 x Frühstück an einem Tag
Die nächste Nacht war dann schon fast etwas zivilisiert. Ankunft um 21.00 und Start um 07.00.
Die letzte Nacht begann in Schottland in Colyumbridge. Trotz nur zwei Stunden Pause reservierten wir ein Hotelzimmer von der Schweiz aus. Dies war ein grösserer Erfolg als erwartet. Wegen vieler gestrichener Prüfungen wegen Schnee und Eis kamen wir relativ früh an dank grosser Erfahrung mit Fahren im Schnee. Wir halfen zwar schieben und ziehen, trotzdem waren wir mit Abstand die ersten im Hotel. Ein geheimer Posten war erst am Aufstellen und murrte, weder der Einstundenwagen noch der Wagen Null seinen vorbeigefahren. Des Weiteren wurde uns eröffnet, dass der Start um 2 Stunden verschoben worden sei wegen prekärer Verhältnisse. Also konnten wir bis 00.00 schlafen gehen.

Dreimal hatten wir in dieser Nacht Frühstück. Um 04.00 ein gebratenes Schinkensandwich, um 08.00 gekochtes Frühstück und am Ziel in John O'Groats angekommen um 11.00 Scones mit Clotted Cream.
Am Ziel
Fazit nach der Ankunft: Es war ein unglaubliches Erlebnis, das wir nicht missen möchten, ohne spezifische Vorbereitung und langem Training würden wir aber auf eine Wiederholung verzichten.

Höhepunkte: Die unglaubliche Inbrunst mit der die Teilnehmer sich engagieren, die traumhaften Strassen, die überwältigende Landschaft, für mich im speziellen die Yorkshire Dales, die einfallsreichen Fahrprüfungen, die verschachtelten Navigationsaufgaben.
Die besten Teams fuhren um die 24 Strafminuten ein. Wir erhielten 155 Strafminuten, wurden aber von einem Schweizer Team mit einem Buckelvolvo, das auch stets einen zufriedenen Eindruck machte und den Anlass vor allem als Ausfährtchen zweier Freunde deklarierte, noch überboten. Von rund 60 gestarteten Wagen erreichten wir den 32 Rang, lagen damit knapp in der vorderen Hälfte, erreichten dafür aber mit einem technisch und carrosseriemässig völlig unversehrten Wagen das Ziel.
Die Goldmedaillen-Gewinner waren:
- David Stanley/Peter Blackett auf Triumph TR4
- Mark Godfrey/Martyn Taylor auf MGB
- Andy Lane/Iain Tullie auf BMW 2002 tii
- Thomas Bricknell/Roger Bricknell auf VW Golf GTi
- Richard Isherwood/Ian Canavan auf einem Nissan Stanza Jubilee
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Damals hieß er m.E. noch Käfer . . .
Ich persönlich habe nie einen Käfer besessen, aber die französische "Luxusalternative" Renault R8. Deshalb kann ich den Hype bzgl. "Käfer"
bis heuter nicht verstehen.
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