Bereits zum 6. Mal fand am 2. Juni 2018 das Kunststoffauto-Treffen Fantastic Plastic statt. Gewidmet den Autos, die statt Stahlblech oder Aluminium mit Kunststoff-Karosserien aufwarten, hatte sich einmal mehr eine recht umfangreiche Auswahl an ungewöhnlichen Autos angemeldet, etwa 100 Fahrzeuge an der Zahl.
Im Zentrum
Den Anfang machte die Einfahrt im Verkehrshaus Luzern, wo die Autos auf der grossen Piazza vor der Autohalle aufgestellt wurden. Gegen Mittag ging es im Pulk in die neue Mall of Switzerland, wo die bunten Sportwagen und Freizeitautos nicht nur für Abwechslung sorgten, sondern auch für deutlich steigende Besuchsfrequenzen im Shopping-Center.
Dann ging es übers Michaelskreuz und durch schöne Landschaften nach Rain, wo der Tag bei besten Wetterbedingungen seinen Abschluss im Aussenlager des Verkehrshaus nahm. Da gehörte die Wurst natürlich genauso dazu wie die Führung durch die normalerweise nicht öffentlich begehbaren Reserven des Luzerner Museums.
Markenvielfalt
Einmal mehr glänzte das markenungebundene Treffen durch grosse Vielfalt. Natürlich waren die bekannten Kunststoff-Autohersteller Lotus oder Chevrolet (Corvette) vertreten, aber eben halt auch viele kleine Anbieter, die mancher schon lange vergessen haben dürfte.
Gründer von Tornado wiederholt seine Hochzeitsreise
Zum 60. Hochzeitstag restaurierte Bill Woodhouse zusammen mit Freunden seinen ersten Tornado Typhoon. Woodhouse gründete in den Fünfzigerjahren diese Sportwagenmarke und baute eine Reihe durchaus interessanter Fahrzeuge, von denen zwei in Luzern zu sehen waren.
Mit Woodhouse kamen noch weitere Briten ans Treffen in Luzern, sie stellten zusammen sicherlich die aussergewöhnlichsten und seltensten Kleinserienfahrzeuge.
Franco Sbarros Mille Miglia
Richtig selten sind auch die Konstruktionen von Franco Sbarro, der gerne mit Kunststoff arbeitet. Den Mille Miglia zeigte er 2005 auf dem Genfer Autosalon, die Technik war da schon rund zwei Jahrzehnte alt, stammt sie doch vom Ferrari 365 GT4 2+2.
Darüber wölbt sich eine elegante, aber relativ massige Barchetta-Karosserie. Mindestens drei dieser Autos sollen damals entstanden sein, einer fand am 2. Juni 2018 nach Luzern und wurde tüchtig bewundert.
Monteverdis Saurer
Ebenfalls überaus rar ist ein Geländewagen namens Saurer 232 M. Seine Wurzeln reichen zurück zu Peter Monterverdi, der das 4x4-Nutzfahrzeug als Nachfolger des Jeeps an die Armee verkaufen wollte. Saurer sollte die Produktion übernehmen, aber die Armee entschied sich für den Puch G, so dass nur knapp zwei Dutzend Prototypen entstanden, die heute fast alle in Privathand sind.
Einer dieser Geländewagen mit Kunststoffkarosserie war in Luzern zu bewundern und verkörperte damit fast ein wenig den Antipoden zu all den flachen Sportwagen auf dem Platz.
Schon mal von einem De La Chapelle gehört?
Frankreich hat immer wieder interessante Sportwagen hervorgebracht, etwa die Mittelmotorautos von Matra, von denen einige in Luzern zu sehen waren, oder der MVS Venturi. Aus derselben “Küche” kommt auch der De La Chapelle Roadster, ein kompakter Mittelmotor-Sportwagen mit Vier- oder Sechszylindermotoren und gefälligen Proportionen.
Die Produktion des Mitte Neunzigerjahre vorgestellten Wagens hat homöopathische Dimensionen, umso interessanter, einmal eines dieser raren Autos an einem Treffen bewundern zu können.
Freizeitautos unterschiedlicher Couleur
Auf deutlich grössere Stückzahlen kamen in den Sechziger- und Siebzigerjahre die Buggies. Meist beschaffte man sich damals ein obsoletes VW-Chassis und einen Bausatz mit Kunststoff-Wanne und Zubehörteilen und bastelte sich an ein paar Wochenenden den eigenen individuellen Buggy.
Kreative Farbgebungen und möglichst breite Hinterreifen gehörten genauso dazu, wie ingeniös geformte Auspuffrohre und heiss aussehende Schalensitze. Es gab die Buggy-Bausätze von verschiedenen Hersteller, einige von ihnen entwickelten sogar in der Schweiz. Einen Teil des damaligen Spektrums an Buggy-Varianten konnte man auch in Luzern einfahren sehen.
Wem dies zu rustikal war, dem sagte vielleicht die franzöische Alternative auf Citroën-Diane-Basis mehr zu, der Méhari.
Vor zwei bis zwölf Zylinder
Die beiden Extreme wurden bereits erwähnt, aber es gab auch einige Fahrzeuge mit acht Zylindern zu hören, so etwa der TVR Cerbera aus Blackpool oder der Lotus Esprit. Mit V8-Power ging es auch in der Cobra-und in der Daytona-Replika richtig zur Sache. Nicht jeder will selber schöne Formen austüfteln. zumal es ja genügend gut gelungene Vorbilder gibt.
So gehören die Replicas zur Kunststoff-Szene wie die Buggies oder individuelle Kreationen. Gleich zwei MP Lafer, angelehnt an den MG TD repräsentierten unter anderem dieses Kunststoffautosegment.
Ehrengast Alpine
Alpine und Alpine-Renault waren gleich mit anderthalb Dutzend Autos vertreten. Die “Berlinette” war gleich mehrfach vertreten und auch von der A310 gab es die 1600-er und die V6-Versionen zu bewundern. Selbst eine späte A610 hatte nach Luzern gefunden.
Gegründet in den Fünfzigerjahren von Jean Rédélé, einem begnadeten Rallye-Fahrer und Tüftler, machte die Marke Alpine vor allem durch viele Rallye-Siege, u.a. bei der Rallye Monte Carlo, von sich reden. Doch auch in Le Mans siegte eine Alpine bei den 24 Stunden. In den Siebzigerjahren wurde die Marke von Renault übernommen, Mitte der Neunzigerjahre wurden letztmals Sportwagen unter der Marke produziert.
Bis 2017, als die neue A110 in Genf vorgestellt wurde.
Die aktuelle Alpine A110 wurde sozusagen als Sahnehäubchen gezeigt. Ihre Karosserie weist zwar kaum mehr Kunststoff auf, optisch und fahrdynamikmässig ist die neue A110 aber sicherlich ein glaubwürdiger Nachfolger der Berlinette. Sie ist sogar so beliebt, dass die erste Serie bereits ausverkauft ist. Wer jetzt eine Variante der zweiten Serie bestellt, kriegt diese frühestens im Frühjahr 2019. Die neue Alpine hat also durchaus das Zeug zum Nischen-Bestseller, dies zeigten auch die bewundernden Blicke, die auf die Alpine fielen.
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