Bereits zum 27. Mal wurde am 24. bis 27. Juli 2019 im letzten Paradies Auto gefahren. Mit den Fahrzeugen von einst auf den Straßen von heute: das ist die Ennstal-Classic, die einen wahrlichen Höhenflug angetreten hat, wie er bei der ersten Ausgabe im Jahre 1993 mit 35 Autos nicht abzusehen war.
Seit der Premiere ist Gröbming im Ennstal die „Radnabe“, um die sich alles dreht. Walter Röhrl war der erste Sieger und was in seinem „Windschatten“ im Ennstal anreiste, waren Weltstars wie Sir Stirling Moss, Sir Jackie Stewart, Niki Lauda, Sebastian Vettel, Mario Andretti, Rowan Atkinson, Patrick Dempsey und Brian Johnson.
Pure Nostalgie
Die Ennstal-Classic löst für die Teilnehmer ein Rückfahrticket in die Jugend, sie steht für pures Autofahren mit klassischen Automobilen auf den schönsten Alpenstrassen Österreichs in einer durch Leidenschaft geprägten Atmosphäre von Gleichgesinnten.
"Eine traumhafte Strecke durch ein wahres Naturparadies", schwärmte auch Ex-Formel-1-Pilot Jochen Mass. "Das ist eine der schönsten Oldtimerrallyes, die es gibt", schloss sich Schauspieler Peter Kraus an. "Es ist wunderbar, wie herzlich wir alle Jahre hier empfangen werden", meinte auch Rapid-Präsident Michael Krammer.
Ohne Youngtimer und Neoklassiker
Die Ennstal-Classic ist eine Gleichmässigkeitsfahrt für richtige Oldtimer. Das älteste Auto, das die lange Strecke auf sich nahm, war 2019 ein Bugatti 37A mit Baujahr 1928 und 70 PS, pilotiert von Andrea Daum-Hübner und Astrid Stüger-Hübner.
Das jüngste und stärkste Auto am Start war ein Jaguar E-Type V12 mit Baujahr 1972 und 272 PS, pilotiert von Camillo Dessulemoustier und Joe Ofenböck.
Anspruchsvolle Bedingungen
Die grosse Hitze von über 35 Grad machte Mensch und Maschine schwer zu schaffen.
Während die Fiaker-Pferde in Wien zu Recht Hitzepause erhielten, bildeten sich in den Vergasern und Benzinleitungen der alten Autos Dampfblasen oder es entstanden andersgeartete Hitzeprobleme, die den Motoren schwer zu schaffen machten und oft an einer programmgemässen Weiterfahrt hinderten.
Zum Schluss noch Regen
Am Sölkpass, der dieses Jahr wieder befahren werden konnte, fielen am Donnerstag-Abend ein paar wenige Tropfen und von weitem hörte man dumpfes Donnergrollen. Doch der heftige Regen kam dann erst am letzten Tag anlässlich der Präsentation der Rennwagen in Gröbming.
Beim Aufreihen zur letzten Sonderprüfung mit den sieben Lichtschranken fielen grosse, schwere Regentropfen vom Himmel. Die Vorkriegs-Besatzungen schützten sich mit Schirmen so gut es nur ging, ein Dach hatten nicht alle dabei.
Der Kleine war der Grösste
Am Ende hatte das "Mini-Team" mit der Startnummer 214 die Nase vorn. Das Duo Friedrich Radinger/Thomas Wagner gewann die Ennstal-Classic 2019. Für die beiden war es bereits der dritte Gesamtsieg, nachdem sie schon in den Jahren 2015 und 2016 ganz oben auf dem Siegespodest standen.
„Wir haben uns im Laufe des Rennens immer mehr verbessert. Die grosse Frage war aber, ob der Wagen durchhält. Heute am Stoderzinken hatten wir nur noch eineinhalb Bar Öldruck, wir waren wirklich kurz vor dem Exitus. Gott sei Dank ist es sich aber ausgegangen mit den letzten sieben Lichtschranken im Gröbming“, freut sich der überglückliche, frischgebackene Dreifach-Sieger der Ennstal-Classic … und gab die Gratulationen gleich an seinen Beifahrer weiter: „Der Thomas ist nicht nur mein Lieblingsschwiegersohn, er ist auch der perfekte Beifahrer, der absolut keine Fehler macht. Für den Fahrer gibt das eine unglaubliche Sicherheit, um sich aufs Fahren zu konzentrieren.“
Das Siegerpodest komplettierten Erich und Roswitha Volk mit dem Ford Mustang Fastback Coupé. Sie hatten im Ziel weniger als 100 Punkte Rückstand auf die Sieger, so eng ging es zu. Auf dem dritten Platz fuhren Peter Schöggl und Wolfgang Artacker auf einem Alfa Romeo Spider ein.
Nur Klassensiege für die Älteren
In der Epoche 1 der Fahrzeuge bis Baujahr 1934 holte Erich und Alexandra Hemmelmayer auf Ford 5 Window de Luxe Coupé. In Epoche 2 der Baujahre 1935 bis 1950 waren Kurt Menhofer und Gerald Gegenpart mit ihrem Healey Silverstone siegreich. In der Epoche 3 der Baujahre 1951 bis 1960 triumphierten Florian Kunz/Otmar Schlager auf Aston Martin DB4. In der Kategorie 4 bis Baujahr 1972 holten sich logischerweise die Gesamtsieger Radinger/Wagner den Sieg.
Immer interessant geblieben
Trotz den 27 jährlichen Austragungen, hat man eigentlich nie das Gefühl, dass es sich wiederholt. Dabei helfen auch immer wieder die Streckenänderungen und die neuen Routen. Das Gebiet der Steiermark bietet samt dem Umland so viele tolle Möglichkeiten, dass immer wieder neue Strassen und Landschaften entdeckt werden können.
Mit der Sonderprüfung am Stoderzinken begann die Ennstal-Classic 26 Mal. Dieses Jahr wanderte sie zurück im Terminplan und stand somit am Samstag in aller Frühe, vor dem Finale in Gröbming an. Tatsächlich musste erstmals die Stoder-Prüfung kurz unterbrochen werden, nachdem ein Alfa-Romeo Fahrer aus unerklärlichen Gründen ein Loch in die mächtige Felswand schlagen wollte, dabei aber gottseidank “nur" seinen Alfa etwas verformte.
Ohne Racecar-Trophy
Die Racecar-Trophy fand 2019 nicht mehr statt. Der Aufwand für die Teilnehmer mit dem andauernden Auf- und Abladen der Rennwagen war schlichtweg zu gross und die während der Veranstaltung gefahrenen Kilometer viel zu knapp.
Ehrung von Abarth
Die Showveranstaltung in Gröbming, traditionell kurz vor der letzten Sonderprüfung stattfinden, gehörte natürlich dazu. Mit ihr wurde an das 70-Jahre-Jubiläum des Österreichers Carlo Abarth erinnert, entsprechend viele Autos mit Skorpion konnten denn auch gesichtet werden.
Eine Vielzahl verschiedenster Abarth fuhren einige Showrunden durch Gröbming. Arturo Merzario war der bekannteste Fahrer im Cockpit und genoss seine Bekanntheit als steirischer Cowboy. Natürlich fuhr er, typisch für ihn, mit seinem Markenzeichen auf dem Kopf.
Auch an Siffert gedacht
Aus Schweizer Sicht war natürlich der frisch restaurierte Porsche 908/02 Spyder mit dem Namen "Siffert" auf dem Cockpit von grossem Interesse.
Der schnelle und leichte 908/02 landete 1969 einen Vierfachsieg beim wohl härtesten Strassenrennen der Welt, der Targa Florio auf Sizilien. Der Vorarlberger Rudi Lins, der damals auf den 21. Platz fuhr, pilotierte 2019 den 908/2 durch Gröbming.
Für Siffert zeigte unser ehemaliger F1-Fahrer bei Williams, Jo Vonlanthen, wie immer freundlich winkend seinen ehemaligen GRD F2 von 1973.
Sinfonie aus sechs Zylindern
Auch Egon Hofer drehte ein paar Runden im Ferrari 212E. Die unrestaurierte Karosserie, die vor 50 Jahren Peter Schetty die Bergeuropeisterschaft gesichert hatte, sitzt heute auf einem anderen Chassis und im Heck heult kein Zwölf-, sondern ein Sechszylindermotor aus dem Dino 206S.
Trotz nur halber Zylinderzahl gewann Hofer aber sicherlich den Preis für den absolut besten Sound.
Perfekte Organisation
Insgesamt war auch die 27. Austragung der Ennstal-Classic wie immer perfekt organisiert und absolut gelungen.
Schade, dass in den österreichischen Medien ein tödlicher Unfall eines Motorradfahrers mit einem Oldtimer weit neben der Veranstaltung so breitgetreten wurde, dass man schon glaubte, es wäre einem Teilnehmer passiert. Ausser ein paar Motorschäden und gröbere Hitzeaussetzer von Mensch und Maschine waren an der Ennstal-Classic selber aber keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen.