Zum 24. Mal traf man sich vom 27. bis 30. Juli 2016 mit Oldtimern im schönen Ennstal. Gröbming ist die Hofburg der Ennstal-Classic und muss inzwischen mit Brescia, Monaco und Goodwood fast auf die gleiche Stufe gestellt werden.
2017 wird die Idee, die einst am Rande eines Formel-1-Grand-Prix geboren wurde, 25 Jahre alt. Die erste Ausfahrt mit rund 40 Autos glich damals noch einer privaten Ausfahrt, doch seit Jahren sind die Startplätze im Paradies mehr als nur gefragt. Die anspruchsvolle Rallye zieht Fahrer aus der ganzen Welt in ihren Bann.
Kultur und Gesellschaft
Auf "kurier.at" ist folgendes zu lesen:
“Alte Autos sind Teil unsere Kultur und Gesellschaft. Sie sind Zeugnisse des Stils, des technischen Fortschritts und der sozioökonomischen Entwicklung ihrer Zeit. Klar ist aber auch, dass ein Oldtimer nicht die Abgas-Standards aktueller Modelle erfüllen kann – zwischen den Jahrgängen von früher und dem modernen Stand der Technik liegen schließlich Welten. Deutlich relativiert wird das allerdings dadurch, dass der aktive Oldtimer-Fahranteil im Straßenverkehr laut FIVA-Studie mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von nur rund 1500 Kilometer pro Jahr vernachlässigbar gering ist, weil sich die Nutzung dieser Fahrzeuge in erster Linie auf die Teilnahmen an Veranstaltungen oder auf Freizeitausfahrten in landschaftlich schöne Regionen beschränkt – wovon wiederum die Tourismusbranche profitiert.
Im Fall der Ennstal-Classic reden wir da von mehr als 20’000 zusätzlicher Nächtigungen in der gesamten Region und einer Umwegrentabilität von immerhin etwa 10 Millionen Euro. Solche Zahlen sollte selbst die Schweiz hellhörig machen, nur leider ist die Akzeptanz für eine derartige Rallye nie und nimmer gegeben. Denn in Österreich ist nicht nur die Gastfreundschaft einzigartig, nein auch die Polizei drückt oft beide Augen zu und selbst Strassenrenovationen werden verschoben um nicht die Rallye mit Baustellen und Ampeln zum Kochen zu bringen.”
Weiter ist auf "kurier.at" treffend zu lesen:
“Es geht dabei um die Erkenntnis, dass zum Fahren nicht nur die Magie der Kurven gehört, sondern auch die der Landschaft – oben, am Stoderzinken und am Sölkpass regieren statt der satten Sommerfarben im Tal die kühle Blässe hochalpiner Lagen: Kitschig-schön, wie alte Fototapeten. Taunasse Bergweiden in der Früh, es riecht nach Heu und derb nach Kuhmist, nach Waldgrün und Wasserfällen, nach frisch gemähtem Gras und Baumharz.
Kein Wunder, dass alle Teilnehmer, auch die, die sich in der Rolle gusseiserner Machos und gestresster Multi-Tasker gefallen, neben der sportlichen Herausforderung auch die sublime Schönheit der Szenerie als Grund für einen Start bei der Ennstal-Classic anführen. Weil die Ennstal keine gemütliche Schnauferl-Kaffeefahrt, sondern harte Arbeit ist, sind nicht nur Neulinge erstaunt, dass nach zwei stählernen Wettbewerbstagen und stocksteifem Umgang mit archaischen Oldtimern Unterarme wehtun, die Rückenmuskulatur steinhart verspannt ist und Handgelenke mürbe geworden sind.”
Paradiesisch?
So schön das „Autofahren im letzten Paradies“, wie der Untertitel der Ennstal-Classic so treffend lautet, auch ist: Am Ende, am Ziel des freitäglichen 429-Kilometer-Marathons in der vor Zuschauer berstenden Schladminger Innenstadt, nach überstandener Tortour, dem unangenehmen Gefühl völliger körperlicher Aushöhlung und sämtlichen psychischen Nahtod-Erfahrungen ist die bunte Mischung aus Schickeria und Bodenständigkeit froh, dass es endlich vorbei ist. Sie versprechen aber im selben Atemzug, nächstes Jahr wiederkommen zu wollen.
In den vergangenen 24 Jahren ist die Veranstaltung zu dem gewachsen, was sie heute ist. Die Begeisterung ist bei allen extrem gross, egal ob bei den Teams oder bei den Fans.
Fast unfallfrei
Es gab nur ganz wenige Kaltverformungen durch kleine Unachtsamkeit. Selbst ein nächtlicher Autowechsel wurde vorgenommen. So wechselte Hermann Schwarz den Austin Healey 100M gegen seinen Devin-Porsche, nachdem der Healey auf dem Red Bull Ring damit drohte, sein rechtes Vorderrad wegschmeissen zu wollen.
Tolle Sound-Kulisse und eine Tour durch die Automobilgeschichte
Das wertvollste Auto im Teilnehmerfeld war ganz klar der Ferrari 250 GTO von Lord Irvin Laidlaw mit einem geschätzten Versicherungswert von rund 35 Millionen Euro. Auch der Sound des 12-Zylinders hat auf dem Flugplatz Niederöblarn bei hohen Drehzahlen absolut überzeugt.
Das wohl interessanteste Auto im Feld war mit Sicherheit der GAZ GL1 von den Gorki Automobilwerken. Siegfried Wolf hat eines der letzten noch erhaltenen Exemplare aus dem Jahre 1938 zu neuem Leben erweckt. Der GAZ GL1 mit seinem 101 PS starken V6-Motor galt in der Vorkriegs-Sowjetunion als schnellster Rennwagen.
Das geschichtsträchtigste Auto war der Porsche 550 RS Spyder aus dem Porsche-Museum mit dem Hans Hermann bei der Carrera Panamericana 1954 hinter zwei viel stärkeren Ferrari Dritter wurde.
Das älteste Auto war der Sunbeam Supersports von Thomas Treul aus dem Jahre 1927. Und das zumindest aus Sicht des Autors formlich schönste Auto war der Maserati A6GCS-53 Fantuzzi von 1954.
Prominenz an Bord
Der langjährigste VIP-Gast und Freund des Events ist Sir Stirling Moss (87), der seit 22 Jahren mit von der Partie und Besitzer eines eigenen Kreisverkehrs in Gröbming ist.
Star der diesjährigen Ennstal-Klassik war nach Mr. Bean (2004) und Patrick Dempsey (2015) ganz klar Brian Johnson, der Sänger der Hardrockgruppe AC/DC.
Was die internationale Rennszene betrifft, so waren in diesem Jahr Mark Webber (neunfacher GP Sieger und aktueller Sportwagenweltmeister), Neel Jani (Le Mans Sieger 2016), Fritz Enzinger, Hans Joachim Stuck, Mario Illien, Derek Bell, Rauno Aaltonen und Dieter Quester vor Ort.
Neel Jani war begeistert und meinte: "Ausser in Le Mans habe ich noch selten so viele, derartig begeisterte Fans gesehen. Das hätte ich mir so nie gedacht!"
Das letzte Paradies lebt
Der Werbe-Slogan: "Autofahren im letzten Paradies" konnte auch in diesem Jahr wieder von neuem umgesetzt werden. Die Zeitreise durch Südösterreich zeigt die Gegend jährlich in ganz anderem Licht. Es ist einerseits die Landschaft, vor allem aber sind es die Strassen die absolut süchtig machen. Die Steiermark zeigte sich dieses Jahr von seiner schönsten Seite und ausser ein paar wenigen Regentropfen zur Abkühlung und etwas Nebel zeigte sich der Himmel in strahlendem Blau. Das kennen langjährige Ennstal-Teilnehmer auch anders.
Vielleicht könnte man den Werbeslogan nach der diesjährigen Austragung mit Brian Johnson von AC/DC etwas aktualisieren? Wie wär’s mit "Hells bells: Autofahren im letzten Paradies auf dem Highway to Hell”?
Sieger und Besiegte
Natürlich gab es auch 2016 verdiente Sieger.
Friedrich Rodinger und Thomas Wager Ulm auf einem Mini 1275 GT von 1971, gefolgt von Peter Ulm und Jan Soucek auf einem Porsche 911 ST von 1969. Dritte wurden Alexander und Florian Deopito im Volvo 122 S Rallye von 1958.
In der Racecar Trophy siegte Thomas Matzelberger auf einem Austro Vau Formel V von 1968 in der Gruppe 1, während Dieter Quester mit Anja Schiemann die Wertung in der Gruppe 2 in einem BMW 328 von 1937 für sich entscheiden konnten. In der Gruppe 3 gingen Andi Aigner mit Günther Knoblauch auf einem Austin-Healey 3000 von 1964 als Sieger hervor.