Kombis waren das Dauerthema an der 17. Bremen Classic Motorshow, die vom 1. bis 3. Februar im Norden Deutschlands stattfand. Das Thema Kombi wurde nicht nur in der Sonderschau bespielt, auch viele Händler und Clubs zeigten die praktischen und vielseitigen Drei- und Fünftürer. Dass die Mercedes-Benz-Kombis seit 1978 in Bremen produziert werden, hatte sicherlich einen Einfluss auf das Hauptthema.
Zudem kann man die Bremer Messe auch gut als Kombinationsmesse verstehen, denn sie verknüpft wie kaum eine andere die Fahrzeugkategorien Automobil, Motorrad und Fahrrad. Und sie offeriert neben einem umfangreichen Teilemarkt auch einen ansehnlichen Fahrzeugmarkt, der sich zu erheblichen Teilen im Parkhaus abspielt.
Grosses Interesse
Schon am Freitag Morgen waren die acht Hallen samt Zusatzräumen, die zusammen 46’815 Quadratmeter Fläche bereitstellten (inkl. Parkhaus mit Privat-Fahrzeugmarkt) gut besucht. Offenbar konnte weder das kühle Wetter noch die winterliche Stimmung die Oldtimer-Enthusiasten davon abhalten, die Messe zu besuchen. 677 Aussteller zeigten einen interessanten Ausschnitt aus über 100 Jahren Automobil-, Motorrad- und Fahrrad-Entwicklung.
41’678 Zuschauer strömten (gemäss Messe Bremen) über die drei Tage durch die Hallen, was gegenüber dem Vorjahr eine leichte Steigerung bedeutet. Nicht schlecht in einer Zeit, in der der Kampf zwischen den Oldtimermessen Jahr für Jahr intensiver wird. Obschon als regionale Messe aufgestellt, zog auch die 2019-er Ausgabe viele Besucher aus den Niederlanden, aber auch aus Dänemark an. Kein Wunder wurden Ansagen teilweise auch in Dänisch ausgestrahlt.
Viele kleine Raritäten
Die Bremen Classic Motorshow ist keine Rétromobile, man sieht nicht an jeder Ecke einen Ferrari 250 GT SWB oder einen Lamborghini Miura, dafür aber hier ein Goliath Dreirad, dort einen Borgward Isabella als Kombi, etwas weiter hinten einen Hanomag 4/23 oder einen VW Brasilia.
Nur die wenigsten Autos waren in Bremen mit sechsstelligen Preisen beschriftet, das Meiste bewegte sich im fünfstelligen, teilweise auch einmal im vierstelligen Bereich. Es ist und war eine Messe für Enthusiasten.
Sympathische und ungestresste Atmosphäre
Deutlich weniger kommerziell daherkommend als auf anderen Messen wirkten die vergleichsweise übersichtlichen Hallen in Bremen auf die Besucher sofort sympathisch und so entwickelte sich eine beruhigende Atmosphäre, die den Interessierten die nötige Zeit gab, sich mit den verschiedenen (und teilweise umfassend beschriebenen) Exponaten zu beschäftigen.
Im Zentrum stand dabei natürlich die grosse Sonderschau “Kombi-Nationen”.
Die grosse Kombi-Schau
Die Amerikaner nannten die praktischen Drei- oder Fünftürer mit Öffnung am Heck “Station Wagen”, weil man damit das Gepäck (und die Passagiere) vom Bahnhof (Station) abholen konnte. In Deutschland spricht man eher von Kombi und meint damit ein “Kombinationswagen”, der verschiedene Bedürfnisse durch seine Flexibilität erfüllen kann. Während der Woche diente der Kombi dem Handwerker als Transportmittel für seine Farbkübel, Holzleisten und Bohrmaschinen, am Wochenende fuhr das Familienoberhaupt Frau und Kind zum Zoo oder zum Picknick damit.
Der Praxisnutzen war grossgeschrieben, Design zweitrangig. Die Amerikaner schafften es aber schon früh, den Station Wagon auch in die Premium-Klasse zu schieben, Filmschauspieler mit einem Woodie wie dem in Bremen gezeigten Buick Series 50 Super von 1950 zu fotografieren. Holz sorgte dabei für interessante Akzente auf der Karosserie.
Diese Bauweise fand auch in Europa Nachahmer, wie der Morris Minor Traveller und die spätere Variante auf Mini-Basis in der Sonderschau bewies.
Auch sportlich kann ein Kombi eine gute Falle machen, wenn man beispielsweise einen Aston Martin DB5 als Basis nimmt und einen Shooting Brake daraus baut. Billig war das Vergnügen nicht, weshalb auch nur 12 solche Exemplare entstanden. Schnell waren sie aber sicherlich.
Letzteres gilt auch für den ausgestellten Volvo 850 Kombi von 1994, der damals in der britischen Tourenwagen Rennserie für Furore und Kultstatus sorgte. Zwar kam er nur eine Saison zum Einsatz und wurde danach durch die Limousine ersetzt, aber bis dahin gehörte er sicherlich zu den sportlichsten Kombis der Welt.
Eine ganz besondere Spezialität stand in der Mitte der Sonderchau, ein Fiat 130 Familiare. Ein derartiges Auto existierte auf den Fiat-Preislisten der Siebzigerjahre nämlich nicht. In kleinster Auflage, man spricht von vier gebauten Exemplaren, entstand bei Giuseppe Introzzi eine elegante Kombiversion der viertürigen Fiat 130 Limousine mit dem 3,2 Liter grossen Sechszylinder. Einer der Wagen wurde an Umberto Agnelli, der zusammen mit Bruder Gianni einst die Geschicke von Fiat leitete, ausgeliefert.
Der VW Bus T3 feiert Geburtstag
40 Jahre alt wird die dritte Version des Typs 2 von Volkswagen, auch einfach Bus oder T3 genannt, im Jahr 2019. Deshalb erhielt er auch an zentraler Stelle in der Messe eine eigene Fläche.
Dort wurden dann nicht nur ganz besondere Versionen, darunter eine schwimmfähige T3-Variante, gezeigt, sondern man konnte sich auch zu Problemzonen des inzwischen rüstigen Oldtimers informieren lassen.
Noch liegen die Preise der T3-Versionen ja teilweise deutlich unter denen ihrer Vorgänger, aber das Preisniveau sei am Anziehen, konnte man von Spezialisten erfahren.
Jubiläen am laufenden Band
Überhaupt gab es natürlich an verschiedenen Ständen Jubiläen zu feiern.
So feiert das Mercedes-Benz /8 Coupé seinen 50. Geburtstag, Citroën als Automarke sogar ihr 100. Jubiläum.
Auch der Triumph TR5 kann bereits auf 50 Lebensjahre zurückschauen und wurde natürlich auf dem Clubstand gefeiert.
Und nicht vergessen werden sollte der Mini, der 2019 60 Jahre alt wird.
Im mittleren Alter
Wer durch die vielen Stände in den Hallen pilgerte, sah viele Autos aus den Fünfziger- bis Achtzigerjahren, aber kaum Autos, die deutlich älter oder viel jünger waren.
Die Bremen-Messe war den Nachkriegsoldtimern gewidmet, während Youngtimer nur sporadisch, Neoklassiker praktisch überhaupt nicht auftraten.
Einige wenige Vorkriegs-Fahrzeuge allerdings gab es schon zu bewundern, etwa einen Studebaker Big 6 Sports Tourer aus dem Jahr 1920 oder einen Wolseley Hornet Special von 1935, zum zwei Beispiele zu nennen.
Zweirad-Freuden
Besser vertreten waren die Vorkriegsvarianten bei den Motorrädern, namentlich in der Sonderschau “Das Jahrhundert der Coolness”, in der amerikanische Motorräder ab ca. 1910 gezeigt wurden.
Dort konnte man sehr schön beobachten, welche Innovationen über die Jahre dazu kamen und in welche Richtung sich das US-Motorrad, begünstigt durch eine komplett andere Regulierung als in Europa, entwickelte. Henderson, Indian, Harley-Davidson oder Flying Merkel hiessen die herrlichen Zweiräder, die die Besucher schon kurz nach Betreten der Messe in ihren Band zogen.
Noch weiter vorne, gleich nach dem Eingang, zeigten sich den Neueintretenden auch unmotorisierte Fahrräder, darunter einige besonders seltene Rennräder aus der Sammlung von Wolfgang Hagemann.
Die filigranen Fahrräder beeindruckten die Besucher kaum weniger als die Motorräder, schliesslich lagen bei den käuflichen Exemplaren auch die Preise nur unwesentlich tiefer.
Für kälteresistente Käufer
Traditionell findet der Privatverkauf im angrenzenden Parkhaus statt. Dieses ist ungeheizt und gut durchlüftet. Gerade bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bekam man schnell klamme Finger, wenn man sich die Autos etwas genauer anschauen wollte. Wenigstens musste man ob der meist moderaten Preise (Ausschläge nach oben bestätigten die Regel) keine kalten Füsse bekommen.
Jedenfalls, wer einen Renault 4 suchte, der konnte gleich unter mehreren Exemplaren auswählen, wovon eines sogar im Film “Der Junge muss an die frische Luft" über Hape Kerkelings Kindheit eingesetzt wurde.
Gleich beim Eingang zum Parkhaus fand sich ein bezaubernder Opel Rekord P1 als “Bamboo Surf Woody” und etwas weiter hinten konnte man Heckmotor-Fiat-Versionen als Auswahl finden.
Natürlich fehlten auch die deutschen Klassiker, ob sie nun von Mercedes, BMW oder Volkswagen stammten, im Parkhaus nicht. Wenn es nur nicht so kalt gewesen wäre …
Für Jung und Alt
Generell kann gesagt werden, dass gerade die 2019-er Ausgabe für alle Altersgruppen etwas zu bieten hatte. Gleich auf mehreren Ständen wurde der Nachwuchs auch aktiv gefördert, etwa wenn ein Fiat 500 von Jugendlichen zusammengebaut wurde oder ein von Auszubildenden restaurierter VW Formel V gezeigt wird.
Und mit Ticketpreisen bis maximal EUR 16.00 pro Tag war der Obolus, der für den Besuch der umfangreichen Messe geleistet werden musste, sicherlich das Gebotene mehr als wert.
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