Je nach Betrachtungsweise ist die Oldtimer-Messe Auto e Moto d’Epoca in Padua die grösste ihrer Art in Europa. 110’000 Quadratmeter in zwölf Hallen und 4000 ausgestellte Fahrzeuge, das tönt nach viel und ist es auch.
Seit einigen Jahren ist die Messe international ausgerichtet, aber noch gilt sie nördlich der Alpen noch immer als Insidertip. Dabei wären schon die Verpflegungsstände und der gute Espresso die Anreise, die zum Beispiel für einen Münchner weniger weit ist als nach Essen, wert.
Wie ein riesiger Supermarkt für Oldtimer
Wer mit Kaufabsichten nach Padua reist, dem kam die Messe, die vom 23. bis 26. Oktober 2014 ihre Tore im stilvoll gealterten Messekomplett Fiera di Padova öffnete, wie ein Supermarkt vor. Von den 4000 Fahrzeugen in den Hallen und auf dem Freigelände waren rund 90% zu kaufen. Zumindest wenn man schnell genug ist, denn bereits am Preview-Tag am Donnerstag - hierzu werden jeweils nur 5000 Besucher eingelassen - wurden 1000 Autos verkauft, so munkelte man zumindest am Abend - si non e vero e ben trovato (wenn es nicht stimmt, ist es mindestens gut erfunden) ...
Jedenfalls tauchten tatsächlich schon früh am ersten Tag überall “Sold”-Schilder auf Wagenscheiben auf.
Kein Ausverkauf
Dabei waren die Preise nicht etwa auf Ausverkaufsniveau, sondern ganz auf Augenhöhe mit anderen Ländern in Europa, wenn nicht gar darüber.
Von A wie Alfa Romeo bis zu Z wie Zagato fand sich alles, was für den Oldtimer-Sammler interessant ist. Wer auf der Jagd nach einem Citroën Méhari war, konnte genauso fündig werden, wie Anhänger von Monteverdi, Maserati oder Porsche.
Natürlich waren italienische Marken besonders gut vertreten, aber auch 300 SL und Co, Aston Martin, Chevrolet oder Bugatti gab es zu kaufen, wenn das Kleingeld reichte.
60 Jahre Giulietta
Wie bei allen Messen werden auch in Italien Jubiläen zum Anlass genommen, Fahrzeuge im besonderen Licht zu zeigen. Die 100 Jahre Maserati waren daher genauso Thema wie die 60 Jahre, die die Alfa Romeo Giulietta schon auf dem Buckel hat. Und dass einer der ersten Prototypen der Giulietta Sprint aus der Sammlung Corrado Loprestos gezeigt werden konnte, war für manchen Alfa-Fan vielleicht schon Grund genug, die 20 Euro Eintrittsgebühr zu entrichten.
Genauso sehenswert aber war das Einzelstück des Giulietta Spiders von Bertone oder der Disco Volante als Coupé, nebst vielen anderen raren Alfa-Modellen.
Sieben Generationen VW Golf
Mehr dem Alltagsauto war die Präsenz des Volkswagenwerks verpflichtet. Gezeigt wurden alle sieben Golf-Generationen, allesamt in Silbermétallic lackiert.
Volvo stellte den P 1800 als Coupé und Sportkombi ins Zentrum und verwies auf die lange Markengeschichte, ergänzt um einen PV 544 Rallyewagen.
Und auch Toyota stellte aus und feierte 20 Jahre RAV-4. Immerhin 11 Marken präsentierten ihre Fahrzeugtradition, scheuten sich aber auch nicht Altes mit Neuem zu kombinieren. So standen auf dem BMW-Stand ein i8 neben einem Z8 und einem 2002 Ti.
40 Jahre Porsche Turbo
Porsche nutzte die siebte 911-Turbo-Generation dazu, die Geschichte des Ausnahmesportwagens aufzurollen. Zudem stand ein Carrera 6 auf dem Stand und ein grüner 914.
Bei Mercedes Benz zeigte man, dass der 190 E 2.3-16 bei den Klassikern angekommen ist und huldigte dem 300 SL und seinem Mille-Miglia-Vorfahren 300 SLR.
Peugeot brachte den 205 T16 nach Padua und stellte ihm die Studie Quasar, die auf derselben Technik für den Pariser Autosalon 1984 entstanden war, zur Seite.
Audi erinnerte an die Rallye-Erfolge des Quattros und zeigte Strassenmodelle der Ur-Quattros und des Sport-Quattros. Abarth präsentierte alte und neue Varianten des unvergänglichen Fiat 500, nur Tesla musste auf Traditionspflege verzichten, liess sich aber eine Teilnahme an der Messe trotzdem nicht nehmen.
Clubs und Veranstaltungen
Das Tüpferchen auf dem “i” waren einmal mehr die liebevoll eingerichteten Club-Stände und die Präsentationen von Veranstaltern.
Sie brachten oftmals besonders seltene Fahrzeuge nach Padua.
So gab es etwa am Stand des Gran Premio di Bari (1. bis 3. Mai 2015) einen zweimotorigen Monaci Rennwagen aus dem Jahr 1952, den sich Ciro Monaci zu Beginn der Fünfzigerjahre mit Hilfe von Gilco und Zagato und zweier Fiat-Topolino-Motoren zusammengezimmert hatte, um gegen Ferrari 500 und Co. anzutreten. Das Unternehmen war zwar nicht von Erfolg gekrönt, eine interessante Ingenieur-Leistung ist der Wagen aber trotzdem.
Rares aus Italien
Wann hat man nördlich der Alpen zum letzten Mal einen Fiat 850 Francis Lombardi mit vier Türen und Stufenheck gesehen?
Oder die Vignale- und Moretti-Kleinstserien auf Basis der Fiat-Modelle 1100, 124, 128 oder 2100? Da konnte manches Modell gesichtet werden, das selbst Kenner noch nie persönlich begutachten konnten und die meisten davon waren sogar käuflich erwerblich. Ein Museum zum Einkaufen!
Natürlich machten in Padua die populären Fahrzeugmodelle wie Alfa Romeo Giulia, Alfetta oder Fiat 500/650 einen erheblichen Anteil der gezeigten Autos aus.
Dazwischen aber fand sich auch ein fast jungfräulicher Alfasud und ein zum Pickup umgebauter Alfa Romeo 6C 2500 mit sehr viel Patina oder ein einmaliges Fiat Coupé Cabriolet, an dem vielleicht sogar Chris Bangle seine Freude gehabt hätte.
International
Publikum und Angebot der Messe waren eindeutig international. Natürlich wurde viel italienisch und mit den Händen gesprochen, aber überdeutlich waren auch holländische, englische, deutsche und schweizerdeutsche Sprachfetzen zu hören. Auch die 1600 Anbieter kamen teilweise von weit her und repräsentierten deutsche, österreichische, holländische und englische Firmen. Und sie boten neben Fahrzeugen auch Teile und Literatur an und demonstrierten ihre Dienstleistungsqualität.
Kein Wunder zeigte sich Mario Carlo Baccaglini, Chef der Messe, optimistisch: “80’000 Besucher erwarten wir und wir gehen davon aus, dass auch dieses Jahr 3/4 der ausgestellten Autos verkauft werden können”. Er hat guten Grund, stolz zu sein, denn die Messe ist einen ausgedehnten Besuch wert. Aber man sollte sich genug Zeit nehmen, denn bis man alles gesehen hat, können gut und gerne zwei Tage vergehen und nur wer den Hallenplan genau studiert, kann sicherstellen, dass er nichts verpasst hat. Falls man also 2014 nicht die Zeit fand, sollte man sich vielleicht schon den nächstjährigen Termin in die Agenda schreiben.
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