Eigentlich ist ein moderner Automobilsalon nicht gerade das Mekka der Oldtimer-Interessierten. Die Austragung 2013 war besonders schlimm, nicht einmal ein Dutzend Klassiker konnten gesichtet werden. Der 84. Internationale Automobilsalon 2014 kompensiert gleich doppelt für diesen Tiefpunkt des vergangenen Jahres.
Le-Mans-Helden im Scheinwerferlicht
In einer Sonderausstellung werden in Zusammenarbeit mit dem ACO (Automobile Club de l’Ouest), der das 24-Stunden-Rennen von Le Mans veranstaltet, und mit Unterstützung von Rolex, dem offiziellen Zeitmesser, zwanzig Fahrzeuge gezeigt, welche die Geschichte des immer noch bedeutendsten Autorennens der Welt geprägt haben.
Unter den gezeigten Exponaten gibt es Teilnehmerfahrzeuge der frühen Le-Mans-Rennen, darunter einen Bentley Speed-Six, zwei Chenard & Walcker und einen Alfa Romeo 8C.
Die Epoche der Fünfzigerjahre wird mit dem Jaguar D-Type und zwei Ferrari Sportwagen (166 MM und 250 TR) gefeiert.
Die Sechziger- und Siebzigerjahre repräsentieren der siegreiche Ford GT 40, der unvergessliche Porsche 917 K und die beiden Franzosen Matra 670 B und Alpine Renault A 442, während ein Rondeau M379, der Sauber-Mercedes C9, der Jaguar XJR9, der Mazda 787B mit Wankelmotor und der Peugeot 905 in Richtung Neuzeit führen, die mit dem letzten Porsche-Sieger GT 1 von 1998, zwei Audis (R8, R18 e-tron) und einem Peugeot 908 dokumentiert ist.
Rennwagenausstellungen haben am Genfer Automobilsalon eine lange Tradition, es ist schön, dass diese im Jahr 2014 eine Fortsetzung findet.
Alte Rennwagen als Anziehungspunkt
Mehrere Hersteller nutzen 2014 das Charisma alter Rennwagen, um auf ihre Neuwagenpalette aufmerksam zu machen. McLaren etwa stellt den M7A Formel-1-Monoposto von 1969 auf den Stand. Der attraktive Einsitzer mit hochliegendem Flügelwerk in Orange zieht den auch viele Blicke auf sich. Fast könnte man ob der sichtbaren Technik und schieren Dynamik im Stand am neu präsentierten 650 S vorbeiblicken.
Alfa Romeo zeigt zur Präsentation des offenen 4C den RL Targa Florio von 1923 aus dem Werksmuseum.
Bei Abarth nutzt man die Popularität des Zwergs 695 SS aus den Sechzigerjahren um auf das neu aufgelegte Neo-Modell aufmerksam zu machen. Übrigens wurde der 695 SS genau vor 50 Jahren am Genfer Automobilsalon von 1964 zum ersten Mal gezeigt.
Bei Mitsubishi stösst man unerwarteterweise auf den Lancer von 1974, der mit Joginder Singh am Lenkrad und 160 PS unter der Haube zweimal die Safari-Rallye (1974 und 1976) siegreich beendete.
Auch Honda nutzt den Charme alter Rennwagen und zeigt den ersten Formel-1-Wagen, der 1964 eingesetzt wurde. Mit dem Honda RA271 versuchten die Japaner damals, die Masse möglichst zentral anzuordnen und bauten daher den V12-Motor quer ein, was dann allerdings zu einem relativ breiten Monocoque führte. Eigentlich hätte der Wagen goldfarben starten sollte, doch diese Farbe hatte die FIA bereits den Südafrikanern zugeordnet und so musste der Honda Formel 1 in Weiss ins Rennen gehen.
Attraktive Wagen vergangener Jahrzehnte präsentieren sich auch auf auf dem Gemeinschaftsstand TCS/Lignières Historique, wo gleich vier Klassiker, davon zwei Rennwagen gezeigt werden. Mit dem Alfa Romeo 1900 Super Sprint, dem Tecno F2 von 1970 sowie den Strassenfahrzeugen AC Cobra und Aston Martin 15-98 Open Tourer macht die Veranstaltung Lignières Historique jedenfalls gekonnt auf sich aufmerksam.
- Fahrzeughandel
Urahnen als Appetithäppchen
Nicht nur rennmässige Klassiker erfreuen sich am Genfer Salon der Aufmerksam der gemäss aktuellen Erwartungen rund 700’000 Besuchern, sondern auch die Strassenfahrzeuge vergangener Jahre.
Während Volvo den Schneewittchensarg P 1800 ES passend hinter Glas versteckt, macht Audi keinen Hehl daraus, dass der neue RS 4 gerne von der bis heute währenden Popularität des ersten RS 2, damals noch von Porsche gebaut, profitieren würde. Schön, dass beide Wagen in der raren Farbe “Nogaroblau” gezeigt werden.
Mazda zeigt anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des MX-5 gleich die ganze, wenn auch kurze Ahnengalerie mit einen grünen Mk 1 und einem silbernen Mk 2. Allerdings sollen die früheren Modelle nach den Pressetagen wieder weggestellt werden, wie zu erfahren war.
Bei Ruf zeigt man den brachialen RCT auf der Basis des 964 Turbo, bei Brabus sind zwei Mercedes-Klassiker der Sechzigerjahre zu bewundern und die Motor-Presse Stuttgart nutzt den Privatwagen von Paul Pietsch, ein Porsche 911 Turbo 3.0 von 1976 als Aushängeschild.
Touring Superleggera zeigt den aktuelle Disco Volante zusammen mit seinem vielleicht noch eleganteren Vorgänger aus dem Jahr 1952.
Wieder auferstanden ist die Marke Ermini, die neben dem aktuellen Modell 686 (seiottosei) einen der knapp zwei Dutzend gebauten Sportwagen aus den Fünfzigerjahren auf den Stand gestellt hat, einen 357 Sport von 1955 .
Klassiker auf Videowänden und Plakaten
Wer keine Klassiker auf dem Stand hat, zeigt sie wenigstens auf Videowänden und Plakaten.
So fährt im Hintergrund der Präsentation des neuen Maserati-Konzeptfahrzeugs Alfieri ein früher Maserati-Sportwagen, nämlich der Maserati A6GCS von 1954, der mit seiner Linienführung stilbildend für den aktuellen Entwurf war.
Und auch andere Fahreughersteller, so etwa Renault, zitieren gerne ihre eigenen Autos der Vergangenheit.
Der älteste Klassiker im Untergrund
Von vielen vermutlich unbeachtet, fristet der älteste Klassiker am diesjährigen Automobilsalon ein wenig ein Schattendasein im Untergrund. Es handelt sich um den Pic-Pic von 1914, ein Auto aus der Firma Piccard-Pictet, oder eben kurz Pic-Pic, das von 1910 bis 1924 Fahrzeuge in der Schweiz präsentierte. Bertrand Piccard, der mit seinem Solarflugzeug um die Welt reisen will, und Vertreter der Firma Pictet waren bei der Präsentation am Dienstag persönlich vor Ort.
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