Das “Classic Car Auction Yearbook 2024 - 2025” ist die 30. Ausgabe des inzwischen bei Auktionshäusern, Klassiker-Spezialisten und -Liebhabern zum Standardwerk gereiften Rückblick auf die vergangene Versteigerungsperiode, die sich vom 1. September 2024 bis 31. August 2025 erstreckt.
Einmal mehr analysierten Adolfo Orsi und sein Team die Ergebnisse von 87 Live-Auktionen plus relevante Online-Only-Versteigerungen, welche inzwischen rund einen Drittel der Berichterstattung ausmachen.
Die Auktionsbranche ist im stetigen Wandel, Gooding wurde von Christie's übernommen, Broad Arrow wird jedes Jahr grösser und übernahm viele Spezialisten von seinen Konkurrenten, Bonhams kämpft um seinen Platz in der oberen Liga. Neue Spieler und insbesondere die stetig wachsende Online-Branche mit Bring-a-trailer an der Spitze beeinflussen den Markt.
Trotzdem bleiben die Machtverhältnisse relativ konstant von Jahr zu Jahr und sind denn auch die Firmen, die mit einer Marktanalyse im vorderen Teil des Buchs vertreten sind – Artcurial, Bonhams, Broad Arrow, Gooding Christie's, Mecum und RM Sotheby's – weitgehend dieselben wie im Vorjahr. Gerade diese Voten sind interessant zu lesen, schimmern doch immer wieder spannende Erkenntnisse der Auktionshaus-Vertreter durch.
Ein zentrales Thema im ganzen Buch ist der Generationenwandel, der aktuell stattfindet. Jüngere Käufer mit sehr viel Geld wählen eindeutig andere Autos als die Generation, die in den Jahrzehnten zuvor Fahrzeuge ersteigert. Tatsächlich bieten denn auch immer mehr Auktionshäuser junge und sehr junge Autos, oftmals in streng limitierten Serien hergestellt, an. Diese feiern einen Verkaufsrekord nach dem anderen und lassen die Superklassiker der Fünfziger- und Sechzigerjahre teilweise richtig alt aussehen. Allerdings halten sich die besonderes legendären Wagen, als Beispiele genannt werden im Yearbook Ford GT40, Ferrari 250 GT California Spider oder Mercedes-Benz 300 SL gut in dieser neuen Konkurrenzsituation, der Ikonenstatus blieb ihnen erhalten. Dies gilt auch für andere Klassiker wie den Lamborghini Miura, insbesondere aber für jüngere Sammlerautos wie den Ford GT, den Porsche Carrera GT oder den Ferrari F40.
Viele Auswertungen und Analysen
Spannend jedes Jahr sind die vielen Grafiken im 472 Seiten umfassenden Buch. Analysiert werden die Wertentwicklung spezifischer Fahrzeuge (eine Chassisnummer), darunter Autos von Bugatti, Ferrari, Bentley oder Koenigsegg. Und nur wenige dieser Fahrzeuge haben die Besitzer Geld gekostet, die meisten stiegen im Wert in den letzten 30 Jahren. Ausnahmen gibt es insbesondere bei Vorkriegsklassikern.
Eindrücklich ist auch die Verfolgung der Wertentwicklung bestimmter Fahrzeugtypen über 30 Jahre, z.B. der kometenhafte Anstieg des 300 SL Flügeltürers oder der “Hockey Stick” beim Ferrari F40. Manche dieser Preiskurven erreichten ihren Gipfel Mitte der Zehnerjahre des 21. Jahrhunderts, andere sind immer noch im Steilflug. Bei einigen Sammlerfahrzeugen sieht man auch einen Hype-Peak und dann ein Verblassen des Sterns.
USD 2,18 Milliarden wurden im Untersuchungszeitraum an Auktionen mit 11'725 Autos umgesetzt gemäss Orsi, 73 % der Autos wurden verkauft. Der Anteil der No-Reserve-Autos stieg wieder, nachdem er im Jahr vorher gesunken war. Rund ein Drittel der 11'725 Wagen wurden online verkauft. Drei Viertel des Umsatzes wurde in den USA verbucht.
Der Durchschnittspreis pro Wagen sank gegenüber dem Vorjahr, genauso wie die Anzahl der Autos, die für mehr als eine Million amerikanische Dollar verkauft wurde.
Nachwievor liegt Ferrari in der Rangliste der Umsätze an der Spitze, gefolgt von Porsche und Mercedes-Benz. Immer präsenter in dieser Liste werden aber junge Marken wie Pagani, RUF oder Singer. Und gerade diese drei Marken erreichen auch deutlich höhere Durchschnittspreise pro Transaktion. Über zehn Seiten läuft die Marktanalyse von Orsi, und es lohnt sich, sie genau zu studieren. Er weist zum Beispiel darauf hin, dass der Ferrari 250 GTO, der in den Achtzigerjahren zu boomen begann, zu jener Zeit 25 Jahre alt war, genau wie die Super- und Hypersportwagen, die aktuell Jahr für Jahr teurer zu werden scheinen.
Eine zusätzliche Zusammenstellung im Yearbook sind die 20 teuersten Grand-Prix- und F1-Autos, die zwischen 1993 und 2025 versteigert wurden. Interessanterweise finden sich auf den ersten drei Plätzen Mercedes-Benz-Rennwagen (zwei W196R der Fünfzigerjahre und ein W04 von 2013), erst dann folgen zwei Ferrari, ein Alfa Romeo und drei weitere Ferrari sowie ein McLaren.
Die teuersten Autos
Wie jedes Jahr analysieren und beschreiben Orsi und sein Team die am teuersten verkauften Wagen.
Im aktuellen Buch sind dies der Mercedes-Benz W196R von 1954, der Ferrari 250 LM des Indianapolis-Museums mit Baujahr 1964, der überraschend teuer (und für einen guten Zweck) versteigerte Ferrari Daytona SP3 von 2025, der bisher teuerste Ferrari 250 GT Spyder California von 1961, der F1-Ferrari F2001 von 2001, der Ford GT40 Mk2 von Holman Moody aus dem Jahr 1966 (ebenfalls aus dem Indinapolis-Museum), der Pagani Zonda LM Roadster von 2014, der Ferrari F40 LM von 1993, der Ferrari 375 MM Berlinetta von 1955 und der Ferrari 250 GT LWB Spyder California von 1959.
Als “Season Case” wird im Yearbook zudem das Mazda RX-7 FD Veilside Fortune Coupé von 1992 aus dem Film “The Fast and the Furios: Tokyo Drift” beleuchtet, ein Auto, das für rund den dreifachen Schätzwert versteigert wurde und USD 1,123 Millionen oder EUR 1.05 Millionen erzielte.
Der riesige “Datenteil”
345 Seiten umfasst der Datenteil, der alle fast 12'000 Transaktionen auflistet. Pro Auto werden die Chassisnummer, die Auktionsergebnisse und eine Kurzbeschreibung gezeigt. Dies ist natürlich in erster Linie ein Nachschlagewerk, kaum jemand wird hier Seite für Seite durchschauen wollen.
Grosse Marken sind mit vielen Seiten repräsentiert, Exoten wie American Bantam, Berkeley oder Pope-Hartford müssen mit einem Eintrag auskommen. Wenn man beispielsweise Lamborghini durchblättert, dann fällt erst auf, wie hoch der Anteil junger Autos an Versteigerungen geworden ist.
Unterhaltender Rückblick über 30 Jahre
Wie bereits erwähnt, ist die neue Ausgabe die Dreissigste bereits. Entsprechend entschied sich Orsi für einen etwas umfangreicheren Rückblick auf die vergangenen Ausgaben. Dazu muss man allerdings das Buch umdrehen und sozusagen von hinten lesen. Dort findet man dann Zusammenfassungen von allen bisherigen Ausgaben und kann auch nachlesen, welche zehn Autos in den jeweiligen Jahren die teuersten waren. 1993-1994 etwa stammte nur eines der Top-10-Autos aus der Nachkriegszeit. Es war dies ein Jaguar C-Type von 1953, der für USD 381'322 versteigert worden war.
Im Jahr darauf schafften es schon vier Nachkriegswagen in die Top-10, siebenstellige Auktionsergebnisse gab es allerdings keine.
Ein Blick zurück in die Neunzigerjahre führen zu Tränen in den Augen, denn damals gab es noch einen Ferrari 250 LM für weniger als USD 600'000.
Ab den Zweitausendern dann allerdings waren Millionenwerte der Normalfall in den Top-10-Listen des Auktionsjahres und schon früh gab es Ausreisser nach oben.
Alleine diese Blicke in die Vergangenheit sind ein Verkaufsargument für das immerhin EUR 100 / CHF 95 teure Buch. Wer die bisherigen Ausgaben in seiner Sammlung hat, wird allerdings kaum zögern. Wer zum ersten Mal darauf stösst, lässt sich vermutlich vom riesigen Umfang und von der Akribie des Orsi-Teams überzeugen.
Bibliografische Angaben
- Titel: The Classic Car Auction Yearbook 2024 - 2025
- Autor/Editor: Adolfo Orsi
- Sprache: Englisch
- Verlag: Historica Selecta SRL
- Auflage: 1. Auflage Oktober 2025
- Format: Gebunden, 24,3 x 31,5 cm
- Umfang: 472 Seiten, 1015 Farbfotos und 107 Grafiken
- Preis: EUR 100 / CHF 95
- ISBN: 978-88-96232-17-0
- Kaufen/bestellen: Online bei BM Classics oder bei anderen von Historica Selecta empfohlenen Buchhändlern





































































































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