21’529’464 VW Käfer wurden gebaut zwischen 1938 und 2003, ein Rekord damals. Rekordhoch ist auch die Anzahl der Bücher, die es über das Wolfsburger Krabbeltier gibt. Alexander F. Storz schiebt nun für den Motorbuch Verlag noch eins nach und fokussiert sich darin gleich auf die höchstentwickelte Lebensform des Käfers, die gemeinhin als Modelle 1302 und 1303 bekannt sind.
Einstieg über die Geschichte des Käfers
Natürlich kann Storz nicht einfach direkt zum 1302/1303 gehen, sondern erzählt zunächst einmal die einigen Seiten die Geschichte des Käfers zwischen 1938 und 1970.
Doch schon auf Seite 28 kommt er direkt zum Hauptthema, dem Super-Käfer.
Der 1302 von 1970
Mit einem neuen Fahrwerk, längerem Radstand, mehr Gesamtlänge und vielen weiteren Verbesserungen hatte sich der Käfer gerade zu dem Moment substantiell geändert, als man ihn schon fast abgeschrieben hatte. Doch Volkswagen hatte keine Wahl, denn ein Produkt, das an Stelle des Käfers hätte für grosse Umsätze sorgen können, gab es im Volkswagen-Portfolio nicht.
“Der Käfer mit Porsche-Fahrwerk”, so schreibt Storz über den 1302 und erklärt ihn dem Publikum im Detail, zeigt ihn aber auch auf vielen historischen Fotos über mehr als 20 Seiten. Sogar die Frage, wo eigentlich der 1301 geblieben war, wird beantwortet.
Der 1303 von 1972
Nur zwei Jahre nach der Vorstellung des 1302 folgte bereits der 1303, untypisch schnell nach einer derartig umfangreichen Überarbeitung. Schuld waren erwartete neue US-Sicherheitsvorschriften gewesen, sowie Mängel am 1302, die beseitigt sein wollten. Und auch der 1303 wurde nur gerade drei Jahre lang gebaut, denn am 31. Juli 1975 lief der letzte geschlossene 1303 vom Band, nach nur gerade 916’713 Exemplaren. Den Garaus hatte ihm im Prinzip der VW Golf gemacht, der halt alles etwas besser konnte.
Das Cabriolet allerdings wurde (bei Karmann) noch viereinhalb Jahre länger gebaut, die letzten Exemplare wurden Wolfsburg buchstäblich aus den Händen gerissen und serienweise als Neuwagen eingemottet, denn an Charme konnte es das Golf Cabriolet mit dem urwüchsigen 1303 Cabriolet nicht ganz aufnehmen.
Storz erklärt die Hintergründe um die Entwicklung und das Produktionsende ausführlich. Und er führt durch die verschiedenen Evolutionsstufen des 1303. Überall trifft man auf Werksaufnahmen, aber auch auf Bilder aus dem umfangreichen Privatarchiv von Storz.
Für das 1302/1303 Cabriolet listet Storz sogar die Stückzahlen pro Jahr in einer übersichtlichen Tabelle, sonst muss man sich die Produktionszahlen leider aufwändig aus dem Text heraussuchen, wenn sie denn vorhanden sind.
Extras, Tuning und mehr
Auch über die zeitgenössischen Tuning-Tendenzen berichtet das 144-seitige Büchlein und auch über Zubehör und Extras wird orientiert.
Ein ganz besonderes Foto etwa zeigt eine Ansammlung von VW Käfern in der Schweiz, die alle mit “Milchkannenhaltern” ausgerüstet sind. Schweizer Bauern fuhren bekanntlich vor dem Subaru alle Käfer, so mehr oder weniger.
Nicht nur, aber vor allem Deutschland
Storz lässt seinen Blick auch über die Landesgrenzen hinaus schweifen, erzählt etwa von der Liebe der Amerikaner zum Wolfburger “Läuft und läuft und läuft”-Auto. Hier finden sich auch die typischen Unterschiede zwischen den US- und Deutschland-Versionen des Käfers. Natürlich fehlen auch Werbebeispiele nicht. Und auch andere Exportmärkte werden beleuchtet.
Trotzdem geht es primär um den deutschen Käfer, da merkt man dann auch bei den Verkaufszahlen am Schluss des Buchs, die sich nur auf die BRD- und West-Berlin beschränken.
Nicht komplett ab der Stange
Einen umfangreichen Teil des Buchs ist schliesslich den unzähligen Sonder- und Aktionsmodellen, angefangen beim Weltmeister-Sondermodell und bis zum Fussball-WM-Cabriolet, gewidmet.
Auch hier erfährt man viele interessante Details. So wurde etwa das Nordstadt-Cabrio nur 20 Mal gebaut, kostete aber doppelt soviel wie die Serienausführung. Oder wie war das genau mit der “Champagne Edition II”? Storz erklärt es bis zu den Farbcodes.
Alltagsbetrieb und Restaurierung
Ergänzt wird der Band über ein Kapitel über den Superkäfer im Alltagsbetrieb und das Einführungskapitel, das von der langjährigen Liebe eines Schülers zu seinem 1303 handelt, die nach Stilllegung sogar zu einer Komplettrestaurierung führt.
Bild- und prosa-reich
Das Büchlein, das man für knapp EUR 20 erstehen kann, richtet sich eher an den Leser, der sich inspirieren lassen will, als an jenen, der harte Fakten und technische Details sucht. Zwar gibt es ein im Anhang eine Doppelseite mit technischen Daten, sehr umfangreich sind sie aber nicht dokumentiert und es fehlen viele Details, die man beispielsweise im Katalog der Automobil Revue zu lesen gewohnt war.
Überhaupt geht es Storz wohl nicht um Komplettheit und schnelle Auffindbarkeit von Informationen, sonst hätte er viel stärker mit Tabellen und Übersichten gearbeitet. Und wie leider heute üblich fehlt auch ein Stichwortverzeichnis am Ende des Buchs.
Trotzdem erhält man als Leser eine umfangreiche Packung an Wissen über die Käfermodelle der Jahre 1970 bis 1980, die eine Anschaffung des Buchs sicherlich erwägenswert machen.
Bibliografische Angaben
- Titel: VW 1302/1303 - die Evolution des Super-Käfer
- Autor: Alexander F. Storz
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Motorbuch Verlag
- Auflage: 1: Auflage September 2019
- Format: Gebunden, 17 x 24 cm
- Umfang: 144 Seiten, 160 Abbildungen
- ISBN: 978-3-613-04197-4
- Preis: EUR 19.95
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