Es gibt Konzepte, die sind so einfach, dass man sich hinterher fragt, warum man selber nicht drauf gekommen ist. Und das sind meistens die besten. Das Buch von Wilfried Müller gehört dazu.
DETAILS ist ein Bilderbuch. Aber es zeigt kaum Autos in Aktion, sondern meistens statisch. An der Box oder aufgebockt in der Werkstatt. Die Motorhaube offen und die Frontverkleidung entfernt. Damit eröffnet sich der freie Blick auf Motoren, Chassis, Aufhängungen, Räder, Bremsen, Schläuche und Kabel aller Art und Cockpits.
Beispiele gefällig:
Links ein Blick in die Nase des Ford GT Mk II #P/1031 vor dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1966. Unten sind die Rohre für das Kühlwasser sichtbar sowie an der Wand zum Cockpit der Öltank und davor das Lenkgetriebe. Die Wasserrohre und Ölschläuche wurden zentral zwischen den Sitzen durch das Cockpit geführt. Der dicke Schlauch unten liefert die Kühlluft für die vordere Bremse links. Der verbleibende Stauraum wurde im Rennen vom Ersatzrad eingenommen. Holman-Moody setzte das Auto mit der Fahrerpaarung Mario Andretti/Lucien Bianchi im Rennen ein. Mario Andretti bespricht sich hier gerade mit John Holman.
Auf dem Bild rechts sind von hinten vor allem die beiden vorgeschriebenen Kofferräume, oder was die Hüter des Reglements als solche durchgehen liessen, sichtbar.
Der Ford GT Mk II #XGT-2 des Teams von Alan Mann wird für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1966 vorbereitet. Die Fahrer sind Graham Hill und Brian Muir. Frage an angehende Sicherheitsexperten: wie viele Stolperstellen können Sie erkennen?
Wie der Titel sagt, sind die Sportwagen von 1965-1969 das Thema. Der Autor des Buches gibt eigentlich keine Begründung für den gewählten Zeitabschnitt. Gewisse Strukturen lassen sich aber erkennen. Es sind alles Heck- oder Mittelmotorautos, die in der besagten Zeitspanne zu den Läufen zur Sportwagenweltmeisterschaft oder der Bergeuropameisterschaft angetreten sind.
Folgende Autos werden alphabetisch nach Marken gezeigt:
Abarth | OT Sport Spider, 2000 Sport Spider SE04, 3000 SP, Spider SE010, Spyder SE013, 2000 SE014 « Cuneo » |
Alfa Romeo | Tipo 33, Tipo 33/2, Tipo 33/3 |
Alpine | M64, M65, A210, A211 |
BMW | Monti (1967), Monti (1968) |
Chaparral | 2, 2D, 2F |
Ferrari | 250 LM, Dino 166P, 275P2, 330P2, Dino 206S, 330P3, 330P4, 212E Montagna, 312P |
Ford | GT40 Mk I, GT Mk II, GT Mk IIA, GT Mk IV, GT 40 |
Ford England | P68, P69 |
Howmet | TX |
Lola | T70 |
Lotus | 62 |
Maserati | Tipo 65 |
Matra | MS620, MS630, MS630/650, MS650 |
Mirage | M1, M2, M3 |
Porsche | 904 Carrera GTS, 904/8 Bergspyder, 906, 906 Bergspyder, 907, 910, 910/8 Bergspyder, 908, 989 Bergspyder, 908/02 Spyder, 917 |
Serenissima | Torpedo |
Shelby | Cobra Daytona Coupé |
Im Buch werden sie alphabetisch nach Jahren angeordnet. Dadurch wird die Entwicklung deutlicher. Wie zum Beispiel die breiter werdenden Reifen, wobei in der Zeitspanne noch keine Slicks zum Einsatz kommen. Die unterschiedlichen Konzepte für ein steifes Chassis und die Motoren: vom 4-Zylinder und 4-Zylinder-Boxer bis zum V12 und 12-Zylinder-Boxer ist alles drin.
Highlights sind (aus meiner Sicht) der Scheibenwischer des Ford GT Mk II, der von der Boeing 707 übernommen wurde und an die spezifischen Anforderungen adaptiert wurde, und der Frontträger der Alfa T33/2 ausgeführt als Monster-Gussteil in Magnesium. Auch die Entwicklung der Porsche Bergspyder über die Jahre kann sehr gut nachvollzogen werden: vom Känguru zur Minimal Art des Meisters Piëch.
Jedes Kapitel ist zu Beginn mit einer Einführung versehen und jede Abbildung hat einen kurzen Kommentar. Die Textseiten sind zweispaltig mit je einer Spalte in Deutsch und in Englisch. Beide lesen sich sehr gut. Tabellarische Zusammenstellungen von Fahrzeugdaten fehlen allerdings.Die Bilder stammen überwiegend aus dem McKlein Archiv, sowie von LAT, der Grand Prix Library, der Henry Ford Collection und anderen.
Der Chaparral 2F vom dem 1000-Kilometer-Rennen in Monza 1967 mit dem Begleittext in Deutsch und Englisch.
Die Dichte der Bilder ist von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich, wahrscheinlich gesteuert vom Angebot. Auch gibt es kein Schema, nachdem die Bilder ausgewählt und geordnet wurden.
Aus Schweizer Sicht toll sind die vielen Bilder mit Peter Schetty in diversen Abarths und dem Ferrari 212E Montagna. Dass der verdiente Kämpfer unter der Flagge von Alfa Romeo, Roberto Bussinello, zum Busselino (was auch immer das sein mag) gemacht wurde, ist dem Autor und den Korrektoren hoffentlich peinlich.
Das Buch lädt zum Entdecken von technischen Finessen ein und ist somit primär einmal geeignet für Leute, die sich darauf einlassen wollen. Es ist schon eine Weile her und man hat vielleicht nicht mehr alles präsent, was einem die Fachzeitungen damals erklärt haben. Hier wird es noch einmal mit Liebe ausgebreitet. Inklusive der Atmosphäre, die nicht so klinisch war, wie sie heute üblich ist.
Der Porsche 908/02 Spyder #015 gefahren von Gerhard Mitter und Udo Schütz beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring 1969. Hier bei einem ungeplanten Boxenstopp. Der Gesichtsausdruck der umstehenden Herren spiegelt eine gewisse Schicksalsergebenheit. Mitter/Schütz konnten zwar zu Ende fahren, landeten aber auf dem 31. Rang.
Das Detailbild zeigt die extrem abgeflachte Frontscheibe auf der der Rückspiegel montiert ist.
Bibliografische Angaben
- Titel: DETAILS: Legendäre Sportwagen ganz nah - 1965-1969
- Autoren: Wilfrid Müller
- Sprache: Englisch
- Verlag: McKlein Publishing
- Auflage: 1. Auflage 2015
- Umfang/Format: 400 Seiten, 78 in Farbe und 271 in Schwarzweiss, gebunden, im Schuber
- Text: deutsch und englisch
- ISBN-10: 3-927458-76-7
- ISBN-13: 978-3-927458-76-5
- Preis: 99.90 Euro
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