Endlich gibt es auch ein Kompendium über die Carrozzeria Bertone aus Turin. Roger Gloor, langjähriger Redaktor der Automobil-Revue, hat auf 324 Seiten alles, wirklich alles, was es über Bertone zu sagen und zu zeigen gibt, minutiös zusammengetragen. Man begegnet im Buch berühmten Namen, die alle mal für Bertone tätig waren: Giovanni Michelotti, Franco Scaglione, Giorgietto Giugiaro, oder auch Marcello Gandini.
Gloor informiert aber auch, wie es Roberto Piatti und Giuliano Biasio schafften, aus den Trümmern von Bertone unter dem eigenen Label „Torino Design“ ab 2006 weiter zu fahren. Die ruhmreiche Bertone-Geschichte endete 2014 mit der definitiven Zwangsvollstreckung. Wenigstens einen Teil der Sammlung konnte der ASI übernehmen – diese Modelle sind heute in Hallen beim Flughafen Malpensa ausgestellt und können dort besichtigt werden.
Nicht immer alles war offensichtlich
Es werden spannende Details gewoben: Von Bertone stammt eine Design-Studie für einen Fiat 125 mit dem Namen „Executive“, daraus wird eine Bertone-Design-Studie für einen Alfa Romeo 1300 „Executive“ (zum Ärger des Mutterhauses) und endet schliesslich als Design-Studie für eine Stufenheck-Limousine bei Mazda…!
Solche Geschichten hat Gloor unzählige zusammen getragen: Es dürfte selbst Kennern der Automobilhistorie wenig oder gar unbekannt sein, dass aus ersten Entwürfen für einen Audi die Entwürfe über Umwege zu Volkswagen gelangten und daraus das Design des ersten Passats entstanden ist.
Gloorsche Akribie
Wie nicht anders zu erwarten bei Roger Gloor, man erinnere sich an seine anderen Werke zu den Autos der Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahre, hat er alles gesammelt und zwischen die zwei Buchdeckel gepresst, dessen er habhaft werden konnte. Sein grosses Archiv aus eigenen Fotos und Unterlagen war dabei sicherlich hilfreich, schliesslich war Gloor über Jahre regelmässiger Besucher bei Bertone.
Das Ergebnis ist beeindruckend! 320 Bertone-PKW-Modelle sind in Wort und Bild dargestellt, 1290 Personen, Firmen, Organisationen, Marken, Modelle und Produkte werden erwähnt.
Geordnet ist das Buch entlang der Zeitachse, es beginnt also im Jahr 1912 und endet in der Neuzeit.
Neben der Schilderung über die Entwicklungen und deren Ergebnisse fügt Gloor auch noch eine Vielzahl an praktischen Verzeichnissen an, etwa eines über alle Modelle (als Inhaltsverzeichnis vorne) oder eines über die Literatur zu Bertone. Dazu kommt ein wirklich umfassendes Namensverzeichnis, das keine Wünsche offen lässt.
Bis auf den letzten Zentimeter
Die 324 Seiten reichen fast nicht aus, um all das gesammelte Wissen darzustellen. Typisch für Gloor werden daher die Seiten maximal ausgenutzt, der Rand minimiert und auch die Fotos meist klein dargestellt.
Ein sogenanntes “Coffee Table Book” ist das Werk definitiv nicht, bei Gloor sind die Bilder eine (allerdings wichtige) Untermalung des Textes und nicht umgekehrt.
Bildreich
Trotzdem sind es gerade auch die Bilder, die das Buch so wertvoll machen. Wer etwa kürzlich die Premiere des wieder neu entstandenen BMW Garmisch in Cernobbio anlässlich des Concorso d’Eleganza Villa d’Este miterlebte, kann auf Seite 124 historische Fotos und die Hintergrundsgeschichte zu diesem ungewöhnlichen Modell geniessen.
Gloor hört auch nicht mit Bertone auf, sondern verweist auf und zeigt manches Auto, das zwar hätte von Bertone stammen können, schlussendlich aber von anderen Designern und Karosseriebauern gestaltet wurden.
Erwähnt sind zudem Zeitgenossen und Mitbeteiligte, aber auch Leute, die man hätte mit Bertone verwechseln können, z.B. Bertoni (Citroën).
Zu den Bildern muss allerdings noch gesagt werden, dass leider einige der Fotos im Rahmen des Prozesses vom Rohmaterial zum Druck Verarbeitungsschwächen aufzeigen, so dass ein deutlicher “Moiré-Effekt” auftritt, was sich in unerwünschten Mustern zeigt. Aber lieber ein Foto eines seltenen Konzeptfahrzeugs mit Moiré-Muster als gar kein Bild, wird sich wohl auch der Autor gedacht haben.
Ganz schön bescheiden
Nur gerade 150 Exemplare hat Roger Gloor, dessen Name noch nicht einmal das Cover ziert, drucken lassen, im Eigenverlag. So gesehen erscheinen die geforderten CHF/EUR 100 als sehr günstig, zumal noch die Versandkosten inbegriffen sind und 100 der Bücher sowohl nummeriert als auch signiert sind. Lange dürfte der kleine Vorrat nicht vorhalten und ein besseres Buch zu Bertone gibt es gewiss nicht.
Bibliografische Angabern
- Titel: Bertone - Pioniere des Autosdesigns
- Autor: Roger Gloor
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Eigenverlag
- Auflage: 1. Auflage in begrenzter Stückzahl (150) 2019, eine zweite vergrösserte Auflage wird avisiert
- Format: Gebunden, 210 × 297 mm
- Umfang: 324 Seiten, 1205 Abbildungen (720 in Farbe)
- ISBN: noch offen
- Preis: CHF/EUR 100.00 (inkl. Versand)
- Kaufen/bestellen: Online auf der Website des Autoren
Information
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ich habe die erste Auflage bestellt. Mal sehen wie umfänglich tatsächlich die Fahrzeuge und der Firmenwertegang sowie die beteiligten Personen beschrieben sind. Besonders wichtig wären Hintergrundinfos zu den beiden Konkursen und den Gerichtsverfahren gegen die Bertone Erben. Nicht minder interessant wären die"anderen" Dinge die bei ertone gestylt wurden. Schau mer mal inwieweit meine Hoffnungen erfüllt werden. Wichtig ist auf jeden Fall, dass es mal ein Buch in Deutsch ist und nicht immer nur Englisch Italienisch.