Stellen Sie sich vor, Sie besuchen das Museo Storico Alfa Romeo im lombardischen Arese, nachdem Sie zuvor kurz in das Musée National Cité de l'Automobile im elsässischen Mulhouse hineingeschaut haben. Und abends würde Ihnen der italienische Prototypensammler Corrado Lopresto noch einen Blick auf erlesene Stücke seiner Sammlung ermöglichen. Doch leider ist dies nur eine Fiktion. Dennoch mag der Besucher der aktuellen Ausstellung "Alfa Romeo Storico" der Autoworld Brüssel sich ein wenig so fühlen, stammt doch das Gros der Exponate aus den obigen Quellen und von Automobilclubs. Auf der nunmehrigen Herman de Croo Plaza im Obergeschoss, benannt nach dem belgischen Politiker, Ehrenvorsitzenden und "Vater" der Autoworld, wird noch bis Ende August eine exquisite Auswahl von etwas mehr als 50 Automobilen der Marke Alfa Romeo aus 112 Jahren Markengeschichte gezeigt.
Rennsport als Markenkern
Der Bogen reicht vom RLSS von 1925 aus der Sammlung Mahy – die ja den Grundstock der Autoworld bildet – bis hin zu aktuellen Modellen wie den SUVs Tonale und Stelvio aus dem Stellantis-Konzern, zu dem Alfa Romeo jetzt gehört. Eine 1969er Giulia der Carabinieri begrüßt den Besucher, und auf dem Weg zur Ausstellungsfläche kommt man an zwei Autos vorbei, die wie Modellautos in überdimensionalen Schachteln originell verpackt sind. Gezeigt werden Vorkriegsfahrzeuge, Reisewagen, Wettbewerbsfahrzeuge und spezielle Unikate, wobei der Grundstock der Ausstellung vom italienischen Werksmuseum gestellt wird. Ergänzt wird die Präsentation durch Vitrinen mit Modellautos und Filmen aus dem Alfa-Romeo-Museum in Arese.
Die Exponate sind gefällig arrangiert. So wird etwa ein 4C Launch Edition in Weißmetallic einem roten 8C Competizione von 2008 zur Seite gestellt. Und wer mag, kann zwei kontrastieren-de Hecks der ersten und letzten Generationen des Alfa Romeo Spiders 105/115 vergleichen: Gegenübergestellt werden ein schwarzer "Osso di seppia", der einst der ehemaligen Königin Paola von Belgien gehörte, und ein roter "Ultima" der Serie Vier. Die nicht so beliebte, gummibewehrte "Aerodinamica"-Version wurde übersprungen.
Unzweifelhaft sind die Alfa-Romeo-Rennwagen der 1930er-Jahre von großer automobilhistorischer Bedeutung. Folglich sind die Typen 6C 1750 in verschiedenen Ausführungen vertre-ten, und auch ein achtzylindriger 8C – einer von fünf Werkswagen, die 1932 die 24 Stunden von Le Mans gewannen – fehlt nicht. Auffällig sind auch die roten Scheinwerferkappen der 6C 1750 ("Teufelsaugen"), die der Legende nach Tazio Nuvolari benutzt haben soll, um seinen Gegner Achille Varzi zu demoralisieren. Ebenfalls aus den 1930er-Jahren stammt der langgestreckte, elegante Mille-Miglia-Sieger 8C 2900 von 1936 mit einer Karosserie von Pinin Farina. Der Rennwagen aus dem französischen Nationalmuseum in Mulhouse ist sicher ein Star der Ausstellung. Er besitzt Klappscheinwerfer, wurde als Neuwagen an die Scuderia Ferrari ausgeliefert und 1949 neu karossiert.
Spezialkarosserien der Nachkriegszeit
Eine weitere Blütezeit der Marke dürften die Fünfziger- bis Siebzigerjahre gewesen sein. Die Modelle Giulietta und Giula werden in vielen Spielarten präsentiert, unter ihnen auch der Kombi Giulia Giardinetta von 1968 mit einem ganz besonderen "Knochenheck", den man nicht alle Tage sieht. Was zugleich zu den bedeutenden Carossiers und deren Glanzzeit überleitet. Und so kann sich der Ausstellungsbesucher an Werken von Pinin Farina, Zagato, Bertone oder Ghia erfreuen. Von letzterem stammt das rote 1900-Super-Sprint-Coupé von 1954 mit einer Reihe spektakulärer Details, die vielleicht in ihrer Gesamtheit nicht ganz so stimmig wirken mögen.
In puncto Design sind die vom italienischen Sammler Lopresto beigesteuerten Exponate zweifellos herausragend. Sein großes 1900-TI-Coupé von Pinin Farina aus dem Jahr 1954 mit hellgrauer Lackierung kommt puristisch-elegant daher, während das ein Jahr jüngere, hellblaumetallic lackierte 1900-Cabrio "La Flèche" von Vignale mit seinen Verzierungen dagegen fast verspielt wirkt.
Von Giugiaro stammt der 1750 GT Berlinetta von 1968 mit dem vierblättrigen Kleeblatt ("Quadrifoglio") an der C-Säule als Hommage an die Marke Alfa Romeo. Geglättet und abgerundet schließlich zeigt sich das Unikat "Zeta 6" von Zagato aus dem Jahre 1984.
Selbstverständlich auch Serie
Neben diesen Einzelstücken werden selbstverständlich auch die Modelle Alfasud, Alfetta, Brera, GTV6, 6, 75 und 156 gezeigt. Abschließend sei ein Rundgang durch die Dauerausstellung der Autoworld empfohlen, denn dort gibt es noch einen 2500 Super Sport von 1949 mit Karosserie von Pininfarina zu entdecken. Und wer dann noch weitere Fahrzeuge von Alfa Romeo sehen möchte, könnte noch ins Museum nach Arese reisen. Dort trifft man dann auf weitere Hochkaräter wie etwa den Bertone Carabo, den es in Brüssel nur virtuell zu bewundern gab.
Die Ausstellung läuft noch bis 28. August 2022. Weitere Informationen finden Sie unter www.autoworld.be
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