Das kürzlich eröffnete Oldtimermuseum "Zylinderhaus" in Bernkastel-Kues ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich. So liegt es umgeben von Weinbergen an der Mosel, also abseits der üblichen "Autoregionen".
Doch es spricht nichts dagegen, ein Museum in dieser typischen Urlaubsgegend anzusiedeln, findet man doch gerade in den Ferien hinreichend Zeit zu einem Museumsbesuch, zumal das "Zylinderhaus" auch noch eine originelle und geräumige Gastronomie beherbergt.
Doppeldeutiger Name
Ungewöhnlich ist auch der Name. "Es war nicht gar einfach, einen passenden Namen für das Museum zu finden, der auch noch in mehreren Sprachen verständlich ist", meint der neue Museumsdirektor Martin van Stek. Passt schon, wobei das doppeldeutige Wort "Zylinder" ja nicht nur eine Kopfbedeckung meint (Bei genauer Betrachtung der Fassade des Museumsgebäudes kann man dann auch Kolben in einem Zylinderhut entdecken).
Apropos Gebäude: Das ist die nächste Überraschung. Freunde des rollenden Kulturguts sind es ja zwischenzeitlich gewohnt, klassische Fahrzeuge in ehemaligen Fabrikhallen, Flughafengebäuden oder Ringlokschuppen zu bewundern. Und so meint man zunächst, eine ehemalige Fabrikhalle vor sich zu haben. Doch dem ist nicht so. Museumsgründer Bernd Benninghoven - den Lesern vielleicht als Schöpfer des achtzylindrigen "Benarrow" PB 5- Sportcoupés auf Audibasis geläufig - hat am Moselufer ein völlig neues Gebäude errichten lassen, welches sich stilistisch den klassischen Exponaten anpasst.
Fokus auf deutsche Fahrzeuge
Die Ausstellungsfläche umfasst 5000 Quadratmeter, die auf drei Etagen verteilt sind. Derzeit sind dort 100 Fahrzeuge ausgestellt, zukünftige Ausstellungen zu wechselnden automobilen Themen sind beabsichtigt. Ungewöhnlich ist auch das Museumskonzept: Gezeigt werden nämlich ausschließlich Fahrzeuge deutscher Provenienz aus dem Zeitraum zwischen 1930 und 1980.
Autos der österreichischen Firma Steyr oder der brasilianische SP2 bilden da nur scheinbar eine Ausnahme. Denn natürlich erfährt der Besucher, wie auch diese Wagen mit der Auto Union oder Volkswagen zusammenhängen. Das ist nur konsequent, denn: "Es geht uns darum, die automobilhistorischen Zusammenhänge aufzuzeigen"(so Museumschef van Stek). Das ist dem Zylinderhaus gelungen.
«Classic Cars – Faszination und Leidenschaft»
5745 Safenwil, Schweiz
- Wartung & Reparatur
- Autohandel (Oldtimer & Youngtimer)
- Sachverständiger & Gutachter
- Automobil-Historiker
- Restaurierung & Projekte
- Museum
- und weitere ...
Jaguar, Toyota, Subaru, und weitere
Borgward und andere
Zwar zeigt das Museum auch Autos der Marken Opel, Mercedes-Benz, NSU, BMW und Hanomag, doch der Schwerpunkt der Präsentation liegt bei Fahrzeugen der Borgward-Gruppe sowie der Auto Union.
Ersteres ist schon deshalb beachtlich, weil es ja kein eigenständiges größeres Borgwardmuseum gibt. Und die Präsenz der Auto Union erklärt sich daraus, dass ein komplettes privates Auto Union-Museum aus den Niederlanden übernommen wurde. Schon dadurch bestehen einige Parallelen zum August Horch Museum (Zwickau).
Einladung zum Rundgang
Starten wir zu einem kleinen Rundgang durch das "Zylinderhaus". Unter den zahlreichen DKWs aller F-Baureihen ist auf den DKW F4 Roadster mit Karosserie von Ihle hinzuweisen. Dazu van Stek: "Da sieht man, dass es die BMW-Niere auch schon bei DKW gab".
Auch das Wiedersehen mit dem Audi 60-Vorläufer DKW F 102 von 1963, dem letzten DKW-Modell, und dem DKW Junior macht Freude.
Neben der DKW "Schwebeklasse" (1934) ist der selten gezeigte DKW Monza (1956 bis 1959) zu erwähnen. Je nach Quelle wurden maximal 240 Exemplare dieses Kunststoffcoupés gebaut. Weltweit sollen noch 50 Stück existieren.
Beeindruckend sind auch die Mittel - und Oberklassenfahrzeuge der 1930er Jahre: Etwa der mächtige Horch 930 (1937/38) und das elegante Cabrio Audi 225 Front mit einer Karosserie von Gläser (1935), ein besonderes Schmuckstück des Museums. Bemerkenswert sind auch der äußerlich an einen Mercedes 170 V erinnernde Wanderer W 21(1933 bis 1936) und der bildhübsche von 1934 bis 1939 gebaute Borgward Hansa 1700. Zu sehen ist ferner das seltene Audi 100 Cabrio der englischen Firma Crayford von 1973.
Ein Unikat dürfte der nach Kriegsende 1945(!) gefertigte BMW 321 sein. Er wurde von Russen aus Restbeständen zusammengebaut, was das Typenschild in kyrillischer Schrift beweist.
Die Präsentation der Fahrzeuge des Borgward-Konzerns reicht vom kleinen Lloyd 400 über diverse Nachkriegs-Hansas - den ersten deutschen PKW mit Pontonkarosserie, den Hansa 1500, eingeschlossen - bis zu immer noch formschönen Isabella. Letztere gibt es auch als Cabrio zu sehen.
Beschließen wir den Rundgang mit dem Thurner RS, dem in etwas mehr als 100 Exemplaren gebauten Flügeltürer-Coupé auf NSU-Basis.
Ambiente mit Zeitbezug
Auch das Ambiente und die Details des "Zylinderhauses" überzeugen. "Wir wollen auch den Zeitbezug aufzeigen" stellt Museumsdirektor van Stek fest. Dazu bedient man sich der zeitgenössischen Werbung im Hintergrund (Kennen Sie noch die Waschmittelexpertin "Klementine"?) und insbesondere der Darstellung des Alltags der 1950er Jahre. Die Kleinwagen des Wirtschaftswunders, Goggomobile und Prinz, parken in einer originalgetreu nachempfundenen Ladenstraße mit Tankstelle, Kaufmannsladen, einer Apotheke und sowie Radio- und Kaffeegeschäft. Alles garniert mit originalen Requisiten.
"Spätestens das interessiert dann auch die restliche Familie ", schmunzelt der Museumschef, der ja auch den Besucherinnen und Kindern etwas bieten möchte.
Auch im Fahrstuhl findet sich Originelles, nämlich eine Zitatensammlung mit Bezug zum Automobil. So etwa das Zitat des österreichischen Liedermachers Wolfgang Ambros: "Nicht alles, was einen Wert hat, muss auch einen Preis haben". Wohl wahr, doch leider folgt der Markt der automobilen Klassiker nicht dieser Erkenntnis...
Multimedial
An Informationsobelisken und an den Exponaten selbst befinden sich vertiefende automobilhistorische Hinweise; zusätzlich ist das "Zylinderhaus" auch multimedial zu erfahren. Weiterführende Texte können auch mittels eines QR-Codes direkt vom Smartphone abgelesen werden.
Weitere Informationen
Das Zylinderhaus ist an der Adolf-Kolping-Straße 2 in D-54470 Bernkastel-Kues zu finden. Es ist jeweils von Dienstag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr; Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12,50 €. Kinder von 6 bis 12 Jahren zahlen 9 Euro Eintritt, unter 6 Jahren ist der Eintritt frei, Gruppen ab 10 Personen zahlen 9 € pro Person. Mehr weiss die Website des Museums .