Die große Sommerausstellung der Autoworld Brüssel widmet sich der Sammlerfamilie Mahy. Das ist mehr als ein Heimspiel, besteht doch der Präsenzbestand des Museums aus einem Teil der Mahy-Sammlung. Es wurde an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass das Museum Mahymobiles in Leuze-en-Hainaut (Belgien) einen weiteren Teil der Kollektion der Famile Mahy beherbergt, die auf den umtriebigen Sammler Ghislain Mahy und seine Söhne zurückgeht und etwa 1000 Exemplare umfasst. Der Untertitel der Ausstellung "The Barnfind Collection" erscheint jedoch untertrieben. Denn mit dem, was man üblicherweise mit dem manchmal leichtfertig verwendeten Begriff "Scheunenfund" bezeichnet, wird man den Exponaten kaum gerecht.
Die Fahrzeuge, die im Wesentlichen der Sammlung in Leuze entstammen, scheinen eher Katakomben entstiegen als in einer Scheune vergessen worden zu sein. Die unrestaurierten Autos wurden quasi aus dem Dunkel ins Licht geholt. Jedes hat eine Geschichte zu erzählen, und der Besucher kann sich freuen, die Exponate anders als sonst nicht eng gedrängt im Dunkeln erspähen zu müssen. Es macht ihren ganz besonderen Reiz aus, dass sie von den Spuren der Zeit gezeichnet sind. Wer vor Jahren in Paris von der Sammlung Baillon oder jüngst der Sammlung Palmen fasziniert war, sollte sich auch diese Gelegenheit in Brüssel nicht entgehen lassen. Und wer noch nie Fahrzeuge in einem derartigen Zustand (die französische Bezeichnung "dans leur jus" – "im eigenen Saft" – beschreibt dies charmant) gesehen hat, dem sei die Ausstellung besonders empfohlen.
Italiener und Italo-Amerikaner
Gezeigt werden fast 30 Fahrzeuge aus der Zeit von 1914 bis 1964, sämtlich unrestauriert, darunter etliche Exemplare französischer Herkunft. Die leicht "gruselige" Atmosphäre des Museums in Leuze kann man zwar noch erahnen, doch die in der Autoworld effektvoll arrangierten Exponate werden noch durch großformatige, meisterliche Bilder des Fotografen Wouter Rawoens ergänzt. Einige dieser Fotografien fangen die Atmosphäre der Sammlung in Leuze ein; die meisten zeigen Einzelportraits der Fahrzeuge. Den Autos ist eine Kurzbeschreibung in französischer und niederländischer Sprache beigegeben, mittels QR-Code ist diese auch auf Englisch abrufbar. Zusätzlich zur Ausstellung wird auch ein Film gezeigt. Einmal mehr ist positiv zu erwähnen, dass ausreichend vorhandene Sitzgelegenheiten den Besucher zum Verweilen einladen.
Begeben wir uns also auf einen Rundgang und werfen zunächst einen Blick auf den Chrysler Ghia ST von 1955. Das mächtige, auf dem Chrysler New Yorker aufbauende Coupé weist gewisse Parallelen zum deutlich kleineren VW Karmann-Ghia aus dieser Zeit auf. Und bei genauerer Betrachtung sieht man, dass jemand irgendwann wohl etwas übereifrig versucht hat, das Fahrzeug vorne vom Schmutz der Jahrzehnte zu befreien. Italienische Eleganz verströmt auch der Maserati A6G GT mit einer Karosserie von Allemano, von dem nur 21 Stück entstanden sein sollen; bekannter dürfte der unter einer Staubschicht verborgene Maserati 3500 GT von 1961 sein.
Neben einem Fiat 2100 mit von Pietro Frua entworfener und bei Viotti gebauter Karosserie stehen ein stark angegriffener Porsche 356 von 1952 und ein Ford Anglia Sportsman mit seiner charakteristischen, einwärts geneigten Heckscheibe, der so einst im Ausstellungsraum von Hans Mahy gestanden hat.
Zwischenkrieg
Von der Zeit der großen französischen Prestigemarken künden gleich mehrere Exponate. Da ist zum einen ein mächtiger Delage D 8 mit kombiähnlicher Karosserie von Antem, mit dem englische Studenten nach einer Frankreichtour in Brüssel gestrandet sein sollen, wo er von Ghislain Mahy wohl eher aus Gefälligkeit für eine kleine Summe übernommen wurde. Von Talbot-Lago gibt es ein opulentes Cabriolet mit einer von Saoutchik gestalteten Karosse zu sehen, und die Marke Delahaye ist mit gleich drei Exemplaren präsent. Gezeigt wird ein lang gestrecktes Cabriolet der Baureihe 135 mit einem Aufbau von Vanden Plas (1947) sowie ein besonderes Einzelstück, ein optisch etwas gewöhnungsbedürftiges Coupé mit Kunststoffkuppel und Schwiegermuttersitz aus dem gleichen Jahr, welches vom Karosseriebauer Oblin in Brüssel gefertigt wurde.
Schließlich findet sich noch ein von Ghia-Aigle gebautes, elegantes Delahaye-135-MS-Cabriolet mit einklappbaren Radverkleidungen, welches lange als verschollen galt. Die Marke Voisin ist mit einem motorlosen C 24 von 1933 und einem C 14 von 1929 vertreten.
Aus der Zeit zwischen den Weltkriegen stammen weitere Wagen. Ein reifenloser Buchet C2 (1923), ein Amilcar ACG SS von 1927 sowie ein Bugatti T 23 Brescia. Nicht nur auf den ersten Blick könnte man die Eigenkonstruktion Maurice Badaroux MB No 501 von 1927 für einen zeitgenössischen Bugatti halten. Nur wenige Jahre war die französische Marke Philos aktiv. Das hier gezeigte Coupé de Ville von 1914 ist das älteste Auto der Ausstellung.
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Ein königliches Cabrio
Bei den deutschen Fabrikaten gibt es außer dem bereits erwähnten Porsche einen BMW 327 sowie einen mächtigen Horch 853 Cabriolet Sport zu bewundern. Bei dem kleinen als Stoewer 40 bezeichneten Abschleppwagen handelt es sich um einen Stoewer, auf dessen Fahrgestell eine Karosserie von Steyr gesetzt wurde.
Beenden wir den Rundgang mit einem immer wieder spannend anzuschauenden Tatra T 87, einem Cadillac 62 Convertible und einigen britischen Autos. So sind ein Austin A90 Atlantic, der Rennwagen MG PB von 1936 und ein TC von 1949 zu sehen. Und schließlich gibt es noch einen ramponierten Aston Martin DB 2 Cabriolet (1953) aus dem Besitz des früheren belgischen Königs Baudouin (1930 bis 1993), der das Auto jedoch kaum gefahren haben soll.
In dieser besonderen Sommerausstellung kann man lange verweilen. Danach bietet sich ein Rundgang durch den Kernbestand der Autoworld an. Hier kann man dann einige Gegenstücke zur Ausstellung entdecken – allerdings in restauriertem Zustand. Die Ausstellung ist noch bis zum 3. September 2023 täglich geöffnet.
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