Anders als die meisten anderen deutschen Hersteller – Audi in Ingolstadt, BMW in München, Mercedes-Benz und Porsche in Stuttgart und Volkswagen in Wolfsburg – hat Opel kein eigenes Museum. Ein kleines Team unter der Leitung von Leif Rohwedder kümmert sich seit 2022 mit viel Einsatz um die werkseigene Opel-Classic-Sammlung in Rüsselsheim, die aber nicht öffentlich zugänglich ist. Für Interessierte gibt es virtuelle Rundgänge, bei denen verschiedene Themen erörtert werden. Gelegentlich – doch in letzter Zeit leider eher selten – sind zudem Fahrzeuge bei Veranstaltungen zu sehen.
Dass sich die Museumssituation bald ändert, ist unter der Stellantis-Konzernführung kaum zu erwarten. Unlängst wurde die historische Sammlung der Schwestermarke Citroën, bislang in einer eher tristen Halle in einem Gewerbegebiet in Aulnay-sous-Bois nördlich von Paris untergebracht, geschlossen. Das Gebäude wird abgerissen; die Sammlung wird für die nächsten Jahre nicht zugänglich sein. Zukunft eher ungewiss, Pläne für ein Museum bleiben vage. Auch das Fiat-Museum in Turin ist bis auf weiteres geschlossen. Immerhin gibt es dafür das "Heritage Hub" der Marken Alfa Romeo, Fiat und Lancia. Auch Peugeot hat ein eigenes Museum, aber für Opel ist sowas in absehbarer Zeit nicht geplant.
Immerhin gibt es schöne Privatinitiativen wie die Sammlung auf der Vogelsang-Anlage in Schleiden in der Eifel, wo die Gebrüder Degener – Nachkommen einer ehemaligen Opel-Händlerfamilie im westfälischen Vreden – etwa 220 Opel-Fahrzeuge ausstellen. Und nun sorgt das im Juli des vergangenen Jahres eröffnete deutsche "Nationale Automuseum – The Loh Collection" in Zusammenarbeit mit Opel Classic für eine Ausstellung zum 125-jährigen Jubiläums von Opel als Automarke.
Die Anfänge, räumlich und zeitlich
Im Gegensatz zur grossen jährliche Sonderausstellung des Museums, die im vergangenen Jahr den 24 Stunden von Le Mans gewidmet war und in diesem Jahr die Marke Ferrari in den Vordergrund stellt, ist die Opel-Exposition in die reguläre Museumspräsentation integriert. Das heisst, dass sich Besucher ohne Aufpreis die Ausstellung ansehen können, die sich in der grossen Museumshalle befindet.
Bereits draussen finden Besucher einen Opel Manta 400 in Gruppe-B-Ausführung, der seinerzeit vom französischen Rallye-Ass Guy Fréquelin, dem späteren Citroën-Sportchef und Förderer des Jahrhunderttalents Sébastien Loeb, gefahren wurde. Ein dazugehöriges Serviceauto – ein Chevrolet G20, ebenfalls mit "Opel Euro Team"-Aufschrift – steht auf der Terrasse des Museumrestaurants.
Im Innenbereich ist der Opel Patentmotorwagen "System Lutzmann" aus dem Jahr 1899 das älteste Exponat der Sonderausstellung. Es handelt sich um das erste Opel-Automobil überhaupt, nachdem das Unternehmen sich bis dahin mit der Herstellung von Fahrrädern und Nähmaschinen einen Namen gemacht hatte. Für die Konstruktion zeichnete Friedrich Lutzmann aus Dessau verantwortlich. Von den 65 gebauten Exemplare existieren heute noch drei. Der 1545 ccm große Einzylindermotor leistet 3,5 PS.
Sportlicher wird es mit dem 12-PS-Rennwagen aus dem Jahr 1903, der es bereits auf 72 km/h schaffte. Der Motor war das erste von Opel selbst konstruierte Triebwerk. Mit Dr. Fritz Opel und Carl Jörns als Fahrer gilt der Klassensieg beim Frankfurter Bahnrennen 1903 als erster bedeutender Motorsporterfolg der Marke.
Luxus mit sechs Zylindern
Aus dem Jahr 1929 stammt der Opel 4/20 PS, ein Luxus-Zweisitzer mit 20 PS starkem Einliter-Vierzylindermotor, der als erstes deutsches Auto am Fliessband produziert wurde. Den Opel 4/12 PS gab es im ersten Produktionsjahr 1924 ausschliesslich mit grüner Lackierung, was wegen der grossen Ähnlichkeit zum Citroën 5 CV zur bis heute bekannten Redewendung "Dasselbe in Grün" führte.
Der Opel Admiral Baujahr 1939 wartet mit aerodynamischer Karosserie sowie Stilelementen aus der Art-Déco-Zeit auf. Mit diesem Auto, angetrieben von einem 3,6-Liter-Sechszylinder, bot Opel in der Oberklasse eine Alternative zu Marken wie Mercedes-Benz, Maybach oder Horch.
Im starken Kontrast zu dem aerodynamischen Admiral steht der eckige Commodore GS/E aus dem Jahr 1970. Der Opel Commodore war mit zwei oder vier Türen sowie als Coupé erhältlich. Die GS/E-Variante mit 150 PS starkem Sechszylindermotor richtete sich an eher sportlich orientierte Fahrer.
Daneben steht ein Opel GT mit Elektroantrieb, Baujahr 1971. Die zwei gekoppelten Gleichstrommotoren leisten insgesamt 160 PS, mit denen das Auto eine Höchstgeschwindigkeit von 214 km/h erreicht. Mit Georg von Opel (Enkel von Markengründer Adam Opel) als Fahrer erzielte das Auto in Hockenheim sechs Weltrekorde.
Studien und Schnittmodelle
In auffälligem Orange strahlt der Opel Genève, eine Designstudie, die für den Genfer Automobilsalon 1975 gedacht war. Geplant war ein Antrieb mit Wankelmotor, was aber nicht zuletzt angesichts der Ölkrise in den frühen 1970er-Jahren wie das ganze Projekt nicht in die Realität umgesetzt wurde. So blieb der Opel Genève ein nicht fahrfähiges Showcar.
Aus dem gleichen Jahr stammt der ausgestellte Opel Kadett Caravan. Von der Kombi-Version des C-Kadett, dem letzten Opel-Kompaktwagen mit Hinterradantrieb, wurden insgesamt 190'461 Exemplare gebaut. Das ausgestellte Auto ist ein Einsatzfahrzeug des 1952 gegründeten Verkehrshilfsdienstes des Automobilclubs von Deutschland (AvD), der in diesem Jahr ebenfalls das 125-jährige Bestehen feiert.
Der 1982 vorgestellte Opel Corsa war und ist ein Erfolgsgarant in der kompakten Klasse. Viele Jugendliche begannen ihr Autoleben mit einem Corsa, darunter der heutige Opel-Vorstandsvorsitzende Florian Huettl. Das in der Ausstellung gezeigte Exemplar ist ein aufwendig gestaltetes Schnittmodell eines dreitürigen A-Corsa.
Wesentlich futuristischer kommt der Opel Corsa Moon daher. Das Auto wurde 1997 als Showcar für die Weltpremiere des Corsa-Facelifts gebaut, unter dem Motto: "Auf der Erde ist der Corsa so erfolgreich, dass der nächste Schritt der Weltraum ist."
Jüngstes Modell in der Ausstellung ist der Opel GT Concept aus dem Jahr 2016. Der Name und die Gestaltung des Lenkrads verweisen auf den ursprünglichen Opel GT. Die Studie aus dem 21. Jahrhundert verfügt über einen 999 ccm kleinen Dreizylinder-Frontmittelmotor, der 145 PS leistet.
Motorsport
Um die Ecke, vielleicht nicht ganz zufällig mit einem Mercedes-Benz 300 SL im Hintergrund, steht der Opel Astra OPC X-Treme aus dem Jahr 2001. Wie der Mercedes verfügt auch die Supersportwagen-Studie über Flügeltüren. Der X-Treme basiert auf dem Opel Astra V8 Coupé, mit dem Opel im Jahr 2000 einen wesentlichen Beitrag zur Wiederbelebung der DTM lieferte. Im ersten Jahr war der Opel auch recht erfolgreich: Manuel Reuter kämpfte fast bis zum Schluss um den Titel. Opel plante eine Kleinserie zu einem Verkaufspreis von einer Million DM, die aber nie realisiert wurde.
Gegen die Rückwand der Ausstellungshalle befindet sich ein überdimensionaler Setzkasten, in dem ebenfalls zahlreiche Autos ausgestellt sind. Hier stehen zwei bedeutende Fahrzeuge aus der Opel-Motorsporthistorie. Im Setzkasten ist jener Opel Ascona 400 zu sehen, mit denen Ari Vatanen und Terry Harryman 1983 die Safari-Rallye gewonnen haben. Das Auto im unverkennbaren Rothmans-Farbschema befindet sich in unrestauriertem Originalzustand, inklusive Zusatz-Scheinwerfer sowie Schutzbügel an Front und Heck.
Auf dem Boden davor steht der "Cliff-Calibra", das Meisterauto von Manuel Reuter aus der International Touring Car Championship 1996. In jenem Jahr hatte die FIA die Herrschaft über die DTM übernommen, denn die zunehmende Internationalisierung der ehemals deutschen Meisterschaft war dem Weltverband – allem voran Formel-1-Chef Bernie Ecclestone – ein Dorn im Auge. Opel hatte beim DTM-Saisonfinale 1993 probeweise zwei Calibra an den Start gebracht und war ab der Saison 1994 mit dem Coupé werksseitig dabei, wobei man technische Unterstützung des Williams-F1-Teams erhielt. Nach dem ITC-Titelgewinn 1996 folgte Opel dem Vorbild von Alfa Romeo und verkündete das Ende des Engagements, womit die DTM-Ära vorerst beendet war.
Ebenfalls aus der Werkssammlung stammt der Opel Commodore von Walter Röhrl/Jochen Berger der Rallye Monte Carlo 1973, der auch im Setzkasten ausgestellt ist. Mit diesem Auto – im Werksauftrag eingesetzt vom Irmscher-Team – bestritt Röhrl seine erste Rallye als Profi für Opel. Es war auch seine erste Teilnahme an der Rallye Monte-Carlo, die er viermal gewinnen konnte.
Die Wettbewerbsfahrzeuge runden die Opel-Sonderausstellung, die bis zum 17. November zu sehen ist, ab. Nähere Informationen zu Eintrittspreisen und Öffnungszeiten gibt die Internetseite des Museums.
































































































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