„Pagode” – Was für ein eigenwilliger Spitzname für ein Auto. Schon vor langer Zeit bürgerte er sich für die Mercedes-Benz SL der Baureihe 113 ein. Erstmals sei dieser SL in Italien „Pagoda“ genannt worden, erinnert sich der frühere Chefdesigner Bruno Sacco.
Der Name „Pagode“ beruht auf der von Paul Bracq entworfenen Form des Sportwagens, dessen charakteristisches, leicht nach innen gewölbtes Hardtop an asiatische Tempelbauten erinnert. Für Image und Gestaltung des Sportwagens ist das Pagodendach ein Glücksfall. Das Gesamtdesign zeichnet sich durch grosse Schlichtheit und Leichtigkeit aus und erzeugt dadurch eine ausdrucksstarke Eleganz. Noch Jahrzehnte später bezeichnete Bracq die Gestaltung des W 113 als „perfekt“.
Sicherheitskarosserie
Der Impuls für die konkav geformte Dachlinie kam von dem Ingenieur Béla Barényi, der sich auf Kraftverläufe in der Karosserie spezialisiert hatte. Er gab den Hinweis, dass ein nach unten gewölbtes Dach stabiler ist als nach oben gewölbtes Blech, was jedoch für den Alltagsgebrauch der Baureihe 113 nur begrenzt Nutzen bietet, da das Hardtop eines Sportwagens eher selten mit einem Dachträger zum Lastentransport genutzt wird.
Grosse Sicherheitsbedeutung hat eine andere Erfindung Barényis, nämlich sein Karosseriekonzept mit Knautschzonen an Front und Heck sowie gestaltfester Passagierzelle dazwischen. Die Mercedes-Benz Baureihe 111 war 1959 das weltweit erste Fahrzeug mit dieser Sicherheitskarosserie. Natürlich hatte der 1963 erschienene SL sie ebenfalls – ein Meilenstein in der Welt der Sportwagen. Dies unterstreicht, weshalb dieser SL im Mercedes-Benz Museum im Mythosraum der Vordenker für Sicherheit und Umwelt von 1960 bis 1982 steht.
Universaltalent
Der Genfer Auto-Salon 1963 war der Premierenschauplatz für den 230 SL, der ersten Ausführung der Baureihe 113. Der Roadster mit einem 2,3-Liter-Sechszylindermotor und 110 kW (150 PS) trat ein anspruchsvolles Erbe an. Er ersetzte gleich zwei Vorgänger, die Typen 190 SL (W 121) und 300 SL Roadster (W 198), die beide von Anfang an höchst beliebt und erfolgreich gewesen waren.
Mit dem neuen Modell schlug Mercedes-Benz einen Mittelweg ein. Der 230 SL ist weder ein kompromisslos harter Roadster noch ein sanftmütiger Boulevard-Sportwagen. Er ist ein komfortabler und zugleich sportlicher Zweisitzer mit hoher Fahrsicherheit.
Motorsport steckt auch in den Genen dieser SL-Generation. Legendär ist der Sieg von Eugen Böhringer und Klaus Kaiser mit einem Mercedes-Benz 230 SL bei der Langstreckenrallye Spa–Sofia–Lüttich 1963 – rund 5500 Kilometer mit höchstem Tempo. „Tänzer“ nannte Böhringer den Sportwagen, weil dieser im Vergleich zur Limousine mit ihrem längeren Radstand wendiger sei.
Nachfolger
Die Baureihe 113 wurde weiterentwickelt, sodass 1967 der 250 SL präsentiert wurde, ebenfalls mit 110 kW (150 PS), aber aus 2,5 Litern Hubraum und daher mit einem grösseren Drehmoment. Diesen löste bereits weniger als ein Jahr später der 280 SL mit 2,8-Liter-Motor und 125 kW (170 PS) ab, der noch einmal durchzugsstärker war.
Im März 1971 lief die Produktion des 280 SL aus, worauf die vollkommen neu konstruierte Baureihe 107 folgte. Von den drei SL-Typen der Baureihe 113 wurden in acht Produktionsjahren insgesamt 48’912 Exemplare produziert. Heute gehören sie zu den beliebtesten Klassikern der Marke mit dem Stern, da sie Sportlichkeit mit hohem Alltagsnutzen, viel Komfort und zeitloser Eleganz verbinden.
Mehr zu den Mythosräumen und dem 230 SL spezifisch gibt es auf der Website des Mercedes-Benz Museums.


































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