An der 34. Techno Classica in Essen trafen sich von 3. bis 7. April 2024 Oldtimer-Liebhaber aus ganz Europa. Rund 1250 Aussteller aus mehr als 30 Nationen brachten rund 2700 Fahrzeuge in die acht Messehallen und auf die vier Freiflächen, von denen rund 2000 zum Verkauf standen. Mit 120'000 Quadratmetern war die Ausstellungsfläche etwa so gross wie 17 Fussballfelder. Gefühlt noch stärker als sonst standen Marken- und Modelljubiläen im Mittelpunkt. Zu feiern gab es reichlich: vom Audi V8 (35 Jahre) über den Ponton-Mercedes (70 Jahre) bis zum nur noch namentlich existierenden Sportwagenbauer MG (100 Jahre).
Auch die Bundesrepublik Deutschland wird 2024 75 Jahre alt. Acht Autos aus den zehn Anfangsjahren erzählten in Essen von jener Zeit, in der plötzlich alles so einfach erschien. So zeigten sich auf dem Stand des Deuvet ein VW 1200 (1956) und ein Lloyd LP 400 (1954). Für die Erfolgreicheren gab es den Borgward Hansa 1500 (1950), den Opel Olympia (1951) und den Ford Taunus 17 M (1960) zu sehen sowie noch eine Klasse darüber den Mercedes-Benz 180 (1959).
Schönes und seltenes
Als das schönste Auto der diesjährigen Techno Classica Essen wurde der Maserati 5000 GT mit Pininfarina-Karosserie gekürt, der den Stand von Händler Axel Schuette Fine Cars in Halle 1 zierte. Insgesamt baute der italienische Automobilhersteller zwischen 1959 und '64 nur 32 Exemplare des Luxus-Sportwagens mit dem auf fünf Liter vergrösserten V8 des 450 S. Das prämierte Exemplar in dezentem Silbermetallic stammt aus dem Jahr 1961 und wurde einst für den ehemaligen Fiat-Chef Giovanni Agnelli gebaut.
Ein Scheunenfund der Extraklasse fand sich in der Franzosen-Abteilung: ein Citroën TPV, jener im Oktober 1939 präsentierte Kleinwagen, aus dem zehn Jahre später einmal der 2 CV werden sollte. Der Zweite Weltkrieg hatte einen früheren Serienbau verhindert. Von den rund 250 schon gebauten Vorserienmodellen haben (neben einem Prototyp bei Michelin) im Mutterhaus selbst nur vier Exemplare überlebt, die erst 1998 wiederentdeckt wurden. Ein weiteres ist bereits 1968 aus Neuteilen aufgebaut worden.
Neben dem 75-jährigen Jubiläum des Döschwo feiert auch der Traction Avant sein 90-jähriges Bestehen. Der Citroën CX, einst ein Dienstwagen von Horst Schimanski im Tatort sowie auch Erich Honeckers Staatskarosse, vollendete das halbe Jahrhundert. Seine berühmte Hydropneumatik, die viele grosse Citroën-Modelle prägte, wurde bereits vor 70 Jahren erstmals in Serie gebaut.
Ein höchstes halbrundes Jubiläum feierte man bei Morgen. Dort gedachte man dem 115-Jahrestag, der Gründung durch Harry Frederick Stanley Morgan im englischen Malvern Link. Ab 1909 fertigte die kleine Fabrik zunächst nur Dreiräder. Erst im Jahr 1935 folgte der erste Entwurf für ein vierrädriges Automobil.
Die alljährliche SIHA-Sonderschau würdigte diesmal 120 Jahre Rolls-Royce, wo man zunächst mehr Wert auf Qualität und Zuverlässigkeit legte als auf höchsten Luxus. Der Fokus auf maximalen Komfort folgte erst mit der Zeit, als Rolls-Royce-Automobile bei den Reichen und Mächtigen dieser Welt in Mode kam.
Golf? Klasse!
Natürlich durfte auch das vielleicht wichtigste bundesdeutsche Autojubiläum des Jahres nicht fehlen: 50 Jahre VW Golf. Nach jahrelangem Festhalten am Käfer schaffte Volkswagen 1974 mit dem Golf das Fast-unmögliche: ein quer eingebauter, wassergekühlter Frontmotor statt des luftgekühlten Längsboxers im Heck; eine kantige, geräumige Karosserie mit bis zu vier Türen und dazu eine grosse, sich weit öffnende Heckklappe anstelle des runden, engen und platzarmen Käfers.
Die "1. Original Golf 1 IG" brachte insgesamt neun Exemplare nach Essen, darunter zwei frühe Schwalbenschwanz-Versionen, die ihren Kosenamen von einem signifikanten Knick im Heckblech bekommen haben. Der ausgestellte panamabraune Golf L war eines von insgesamt 10'000 Exemplaren, die 1978 in die DDR geliefert wurden. Dazu gesellten sich die beiden Fahrzeuge, die 1974 den Reifen-Härtetest von Alaska nach Feuerland erfolgreich unter die Räder genommen hatten.
Mit dem Golf kam auch der Turbo. Porsche stellte 1974 anlässlich des Pariser Automobilsalons den ersten Supersportwagen mit Abgasaufladung vor, der mit vier Gängen und einem irren Turboloch höchste Talentanforderungen an seine Fahrer stellte. Solange die Drehzahl im Keller blieb, täuschte er Milde vor; doch sobald vom Lader genug Druck aufgebaut war, schaltete der an seinem mächtigen Spoiler deutlich erkennbare Porsche auf Raketenantrieb um. Das Gefühl von einem Elefanten in den Allerwertesten getreten zu werden, machte süchtig.
Damit war der deutsche Supersportwagen schlechthin geboren, dem Porsche über Jahrzehnte treu blieb; erst mit drei Litern, ab 1978 mit 3,3 Litern Hubraum. Zum Geburtstag hat die SIHA gemeinsam mit dem Wuppertaler Spezialisten "Early 911s" eine grosse Sonderausstellung mit rund 30 Porsche Turbo aus allen Baureihen zusammengestellt.
Es leben die Clubs!
Da sich die Werke zunehmend von ihrer Historie distanzieren, sind die Markenclubs mehr denn je gefragt, um noch etwas Abwechslung in die Szene zu bringen. In unserer Bildergeschichte wird aufgezeigt, mit wie viel Herzblut, Engagement und Arbeitseinsatz die ganzen Stände für die wenigen Tage aufgebaut wurden. Wir ziehen den Hut vor all denen, die weder Zeit, noch Aufwand scheuen, um ihre eigene kleine Oldtimer-Welt zu zeigen. Ein vielleicht doch etwas spezielles Beispiel war der makabere Stand mit Friedhof und Auto-Krematorium. Aber wieso sollte man so etwas nicht zeigen sollen? Schliesslich wünschen sich heute ja viele den Tod des klassischen Automobils.
Wir hoffen hingegen, dass es uns noch einige Jahre und Jahrzehnte erhalten bleibt, wir vielleicht sogar noch über die hundertsten Geburtstage von VW Golf und Porsche Turbo berichten können. Und so ganz alleine scheinen wir damit noch nicht zu sein. Zumindest die erwarteten gut 200'000 Besucher der Techno Classica 2024 dürften es ähnlich gesehen haben.





































































































































































































































































































































































































Kommentare