Zum 10. Mal fand von 31. Mai bis 2. Juni 2024 die Oldtimermesse Swiss Classic World in Luzern statt. Bernd Link und sein Team hatte keine Mühe gescheut, ein vielseitiges und einmaliges Programm zusammenzustellen, das deutlich weiter ging, als man es von einer mittelgrossen Veranstaltung in der Innerschweiz erwarten kann.
Der Witterung trotzend
Einen derartigen Veranstaltungsbeginn würde man niemandem wünschen. Am Freitag regnete es ununterbrochen wie aus Kübeln.
Dass also am ersten Nachmittag bereits viele Enthusiasten in ihren Klassikern einfahren würden, durfte man nicht erwarten. Einige wagten es trotzdem. Und die Hallen füllten sich zunehmend, auch dank der Möglichkeit, im modernen Auto anreisen zu können und einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu finden.
Zu sehen gab’s an der Messe einiges und viele trafen natürlich auch auf alte Bekannte.
50 Jahre VW Golf
In der Halle 4 wurde in einer grossen Sonderschau 50 Jahre VW Golf gefeiert und gleichzeitig die Schweizer Premiere des jüngsten VW Golf GTI. Sieben Golf-Exemplare zeigten die Bandbreite von 50 Jahren Entwicklung auf.
Ein Golf LS Automatik repräsentierte die Anfänge, ein früher GTI den Anfang eines neuen Fahrzeugsegments, das Cabriolet eine andere Karosserievariante, der Rallye Golf stand für Technik-Experimente und zwei normale Golf III und IV für die Massenversionen.
Vor allem der frühe Golf von 1974 begeisterte viele Besucher, denn auf den Strassen sieht man Erstgenerationsmodelle mit Blechstossstangen kaum mehr.
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Autos, die man nicht jeden Tag sieht
Dass nicht nur der frühe Golf aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, zeigten auch andere Fahrzeuge, die man beim Rundgang durch die Messe erspähen konnte.
So zeigte das Verkehrshaus der Schweiz einen Dufaux Rennwagen aus dem Jahr 1905, der einst zu Rekordversuchen nach England reiste, dort aber wegen Technikproblemen nicht starten konnte. Wer weiss, hätte das Vorhaben Erfolg gehabt, würde man vielleicht heute noch Autos der Marke Dufaux kaufen können. So aber blieb eine Serienproduktion ein Traum.
Mindestens auf eine kleine Stückzahl brachte es der TVR Tuscan LWB Wide Body aus den frühen Siebzigerjahren. Von der dritten Generation des TVR Tuscan entstanden keine 30 Stück und davon wiesen nur neun Autos einen langen Radstand und eine neue Karosserieform aus, wie man sie später auch an der M-Serie von TVR einige Jahre später wiederfinden konnte. Mit einem V8 und fast fünf Litern Hubraum war der Tuscan damals schneller als die meisten hochkarätigen Sportwagen.
Nur gerade einmal entstand Pietro Fruas Entwurf für den Monteverdi 375 L im Jahr 1968. Peter Monteverdi entschied sich bekanntlich, mit Fissore weiterzufahren und riskierte damit einen Rechtsstreit mit dem italienischen Karosseriebauer. Das einzige Exemplar konnte man nun auf dem Lutziger-Classic-Cars-Stand sehen.
Die Marke Mathis kennt hierzulande kaum jemand. Schliesslich wurden die letzten Serienwagen im Elsass in den Dreissigerjahren gebaut. Und nur wenige wurden exportiert. Ein Exemplar aus dem Jahr 1932 ist offenbar trotzdem in der Schweiz gelandet und wird hoffentlich bald wieder fahren, wenn der Motor wieder unter der Haube ist.
Sofort fahrbar wäre ein anderer Exote, den man in Luzern finden und sogar kaufen konnte. Der VW Brasilia wurde offiziell nie in die Schweiz importiert. Er sieht ein wenig wie ein altbackener Golf aus, hat den luftgekühlten Vierzylinder aber noch traditionell im Heck.
Zwar tausendfach gebaut, aber trotzdem fast vergessen ist der Ford Consul Corsair aus der britischen Ford-Fertigung. Der gezeigte Rechtslenker war aber sogar ein ursprünglich in der Schweiz ausgeliefertes Exemplar aus dem Jahr 1960, das inzwischen die Veteranenprüfung bestanden hat und zum Kauf stand.
Ebenfalls kaufen konnte man ein Auto, das man wohl nie auf der Strasse sehen wird. Schliesslich ist der Saker RAP X aus dem Jahr 1999 ein reinrassiger Rennwagen ohne Strassenzulassung. Dank Nutzung von Grossserientechnologie versprach dieser Wagen aus Neuseeland günstigen Rennsport.
Eine komplett andere Geschichte, die auf dem AMAG Classic Stand erzählt wurde, verkörpert der Dodge Lancer aus dem Jahr 1962. Dieser Dodge wurde nämlich wie andere Automobile aus dem Chrysler-Verbund bei AMAG in Schinznach montiert. Amerikaner aus Schinznach hatten einen guten Ruf, weil das Swiss Finish für bessere Zuverlässigkeit und sorgfältigere Fertigung bürgte.
Auch einige VW Karmann-Ghia entstanden in Schinznach-Bad. Auf dem AMAG-Classic-Stand konnte man die ganze Geschichte der Schinznach-Autoproduktion nachlesen.
Reichhaltige Händler-Auslagen
Es gab wohl kaum einen Wunsch, der nicht hätte bei einem der vielen an der Swiss Classic World ausstellenden Händlern erfüllt werden können.
Ob man nun einen frühen Porsche 911 suchte (und z.B. bei der Touring Garage oder bei Porsche Classic Zürich fand) oder ob man nach einem raren Bentley gierte (zu sehen etwa bei Lutziger Classic Cars), an Angeboten fehlte es sicherlich nicht.
Vom roten (oder weissen) Alfa Romeo Giulietta Sprint bis zum türkisblauen oder grauen VW Käfer fand sich praktisch alles, was man sonst nur durch viel Herumreisen anschauen und erproben kann.
Wer einen Bugatti mit Spezialkarosserie, einen Alvis mit Graber-Aufbau oder eine zum Konzeptfahrzeug-Look-Alike umgebaute Chevrolet Corvette kaufen wollte, konnte auf jeden Fall bedient werden. Genauso wie auch jene Leute, die endlich mit einem Auto mit Stern oder Ferrari-Pferdchen ausfahren möchten.
Und wer bei den Händler das Gesuchte nicht entdeckte, konnte sich noch auf dem Privatfahrzeugmarkt zwischen den Hallen umschauen, wo es vom Vorkriegsoldtimer bis zum Youngtimer eine beeindruckende Bandbreite an Autos zum Erkunden gab.
Aktive Mitglieds- und Leserwerbung
Auch dem, der schon ein klassisches Auto sein eigen nannte, konnte geholfen werden. Mit Ersatzteilen oder mit der Unterstützung der Clubs und Dienstleistungsanbieter. Einige Clubs präsentierten sich beispielsweise gleich mehrfach, nämlich in und vor den Hallen.
So konnte man u.a. viele verschiedene Modelle von Mercedes-Benz und Jaguar betrachten.
Wer Zeitschriften probelesen oder abonnieren wollte, der wurde (selbstverständlich) genauso fündig wie jener, der ein bestimmtes technisches Problem diskutieren wollte oder ein Ersatzteil suchte. Klassisches Messegeschäft halt.
Rallye-Durchfahrten
Eigentlich sind ja Oldtimermesse ruhige Ausstellungen, bei denen es vor allem stehende Autos zu besichtigen gibt. Doch die Swiss Classic World wollte mehr bieten und schuf die Möglichkeit, durch eine der grossen Hallen durchzufahren.
Dies nutzte dann bereits am Freitag die Mille Miglia WarmUp Rallye und das Publikum freute sich, weil man die Fahrzeug nun auch hören und riechen konnte, während die Rallye-Teilnehmer wohl froh waren, für einige Minuten im Trockenen zu sein.
Am Samstag wurde dann die neu ins Leben gerufene Swiss Classic World Rallye als Prolog in der Halle 2 auf die Reise gesandt, erneut zog sie viel Publikum an.
Live-Versteigerung
Noch mehr Zuschauer allerdings säumten dann am Samstag Abend die Rampe in der Halle 2, als die Oldtimer Galerie aus Toffen 50 Autos versteigerte. Mit der Durchfahrt bewiesen die Fahrzeuge, dass sie funktionieren, was das Publikum zum Bieten motivierte.
Stockten die Gebote, so reichte das erneute Starten des Motors bei besonders klangstarken Autos, um die Preise nochmals steigen zu lassen. Die Ergebnisse der Versteigerung sind in einem separaten Bericht dokumentiert.
Betrieb vor den Hallen
Nicht nur in den Hallen gab’s Betrieb, auch vor und um die Hallen konnten alte Fahrzeuge bestaunt werden. Der Vorplatz vor dem Messegebäuden wurde gleich von mehreren Rundfahrten und Rallyes genutzt, um die Autos dem interessierten Publikum zu zeigen.
Und vom privaten Fahrzeugmarkt zwischen den Hallen hatten wir es weiter oben ja bereits.
Bis zum Schluss viele Besucher
Nach einem wettermässig halbwegs versöhnlichen Samstag zeigte sich auch der Sonntag mit eher feuchter Witterung. Trotzdem kamen viele Besucher im alten Auto und der Ansturm begann auch am letzten Messetag bereits bei Türöffnung und hielt bis praktisch kurz vor Messeende an.
Der bisherige Besucherrekorde wurde mit rund 16'000 Eintritten erneut gebrochen.
Die Aussteller jedenfalls zeigten sich hochzufrieden, sie wollen eigentlich alle wiederkommen. Und dies ist ein gutes Zeichen für diese Oldtimermesse, die hoffentlich auf eine noch lange Zukunft blicken kann.
























































































































































































































































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