Die Emil-Frey-Classics AG in Safenwil war am Wochenende gleich zweimal Gastgeber für Schweizer Autoliebhaber verschiedener Generationen. Noch vor der Vernissage der neuen und sehr gelungenen Ausstellung zum Thema "100 Jahre Automobil in Graubünden" (Zwischengas berichtet gesondert) stieg am Samstag mit "Meet Emil" zum zweitenmal ein lockeres "Grill & Chill"-Treffen gezielt für jüngere Oldtimer- und Youngtimer-Besitzer – und diese kamen auch, wenn sie auch nicht alleine waren.
Auffällig war zunächst eine breite Streuung von Fahrzeugen – von elitär (Bentley 6,5 Liter) und hochwertig (diverse Porsche oder Jaguar) über exotisch (Isdera Spyder) bis hin zu erschwinglichen Einstiegsklassikern wie einem Ford Escort Cabrio von 1990, einem Nissan 300 ZX oder einem Volvo 740 Turbo. Bereits dieser Mix signalisiert dem erfahrenen Besucher von Oldtimertreffen, dass sich neben Twens und "Thirty-somethings" auch (sich genügend jung fühlende) "Silberlocken" angesprochen und eingeladen fühlten; ebenso weisshaarige Fahrer von Youngtimern. Hier sollte also immerhin das Auto eine hinreichende Legitimation liefern, "Emil zu treffen" – als Synonym für den durchaus lobenswerten Austausch von Jung und Alt.
Die Besucher erwartete die Erlaubnis zum Einfahren Ihres Klassikers in die grosse und wettergeschützte Eventhalle des Klassiker-Centers, nicht ohne bereits bei der Anfahrt an Dutzenden schaulustigen Besuchern, die im Freien bei Softdrinks und Grillgut die Sonne genossen, vorbeizuflanieren und den automobilen Stolz wie auf einer Bühne präsentieren zu dürfen.
So rollte noch am Vormittag auch Ludovica de Grandi mit ihrem Partner Giovanni im capriblauen Faltdach-Käfer von 1958 in die Halle. Sie war wohl die Besucherin mit dem jüngsten Einstiegsalter in die Klassikerszene: Mit gerade einmal elf Jahren und inspiriert von der berühmten "Herbie"-Filmreihe erwarb Sie das frühe Käfermodell mit Hilfe der Eltern in "gebrauchtem Zustand". Kurz darauf fing sie an, ihn nach der Schule über Jahre zu verbessern und schliesslich als erstes Auto zu fahren. Heute, 20 Jahre später, bewegt Ludovica ihren "Francisco" fast jedes Wochenende zu Treffen in der gesamten Schweiz.
Die Motorisierung des Käfers dürfte Estella – gerade erst 21 Jahre jung – vermutlich nicht so glücklich machen wie der V8 ihres Chevrolet Caprice von 1992, dem Geschenk ihres Vaters und irgendwo zwischen US-Car, Filmauto-Anmutung ("Der Bestatter"-Aufkleber) und Tuning-Szene zu verorten. Sie liebt das, gemessen an ihrer kompakten Körpergrösse, riesige Auto und die Reaktionen, die es erzeugt, wenn sie als Fahrerin des kleinen Raumschiffs wahrgenommen wird – denn "man sieht mich ja kaum hinterm Steuer."
Ihre Freundin Michelle (20) ist hingegen Feuer und Flamme für ihren Ford Escort von 1990, den sie zufällig entdeckte, einfach toll fand und spontan gekauft hat – und nun gerne Rat sucht für grössere und kleinere Verbesserungen am Fahrzeug als eigenhändige und "rollende" Restaurierung. So viel Leidenschaft fürs Auto in jungen Jahren glaubte man heute nicht mehr finden zu können, doch es gibt sie noch:
Auch Sam, 27 Jahre jung, kaufte sich noch als Lehramtsstudent seinen Toyota MR2 (2004) für 10'000 Franken im Internet. Schrauben mag er selber zwar nicht, aber eines steht für ihn fest: "Warum soll ich mir ein neues Auto kaufen, wenn ich alte Autos nicht nur schöner, sondern auch besser finde zum Fahren – ohne lästiges Gebimmel; ohne Bildschirme, die niemand braucht; mit einem Fokus allein auf das, worauf es beim Auto ankommt: Spass am Fahren! Ich kann mir nicht vorstellen, mir jemals ein neues Auto zu kaufen; und das finde ich auch nachhaltiger im Umgang mit Ressourcen."
Sein Kollege Cyril liebt hingegen seinen kantigen und unverwüstlichen Volvo 740 Turbo mit Automatikgetriebe, den auch er im Internet und im sehr gepflegten Zustand für 8'500 Franken erworben hat. Das Auto ist für ihn das, was sich alle Hersteller in ihren Marketingabteilungen wünschen, nämlich Teil seines "Lifystyles". Der Wagen ist so geräumig, dass er unterwegs nicht selten darin übernachtet. Auf die Frage, ob er da so mitten im Wald und ganz alleine keine Angst habe, entgegnet er ganz selbstbewusst: "Wieso, das ist doch ein Volvo" – ganz so, als sei der Wagen mit so etwas wie Panzerglas ausgestattet.
Schon dafür sollte Volvo den sympathischen Youngster direkt nach China einladen – auf eine "Werte"-Roadshow zur Verkaufsförderung. Solche Geschichten und Erlebnisse prägen Beziehungen zum Auto und ein Image, nicht etwa überbewertete "Connectivity"-Module, deren Nutzen durch jedes 30-Euro-Teil aus dem Zubehör substituiert und in jedem alten Auto genutzt werden können.
Janina ist nicht mehr ganz so jung, wenn auch jünger als ihr Nissan 300 ZX von 1984. Das Auto, gehörte zuvor einer sehr zufriedenen ehemaligen Kundin ihrer Garagistenfamilie – und es ist ihr sehr ans Herz gewachsen. Ihre Leidenschat für alte Autos entstand dabei ganz woanders: "Ich war schockverliebt in einen Simca Aronde von 1961, der mir als Kind als erster Oldtimer begegnet ist und es irgendwie geschafft hat, mich echt zu berühren.", erklärte sie ihren Weg hin zu alten Autos.
Der Gastgeber Emil Frey Classics AG ist generell recht engagiert, wenn es darum geht jüngere Autofahrer an das Thema Oldtimer heranzuführen oder solche, die bereits Freude daran haben oder ein Fahrzeug besitzen, bestmöglich zu unterstützen. So bot die Veranstaltung auch zahlreiche Angestellte als Experten für Mechanik, Elektrik oder Spenglerarbeiten, die alle als Ratgeber oder mit kleinen Lehreinheiten zur Verfügung standen. Gleichzeitig analysiert das Unternehmen aktiv die Motive und Erwartungen jüngerer Menschen mit dem Ziel, die bisher auch hier überwiegend männliche und ältere Kundschaft der Emil Frey Classics AG zu erweitern.
Als Ergebnis einer jüngst durchgeführten Umfrage des Classic Centers Schweiz schätzt die junge Zielgruppe an alten Fahrzeugen vor allem drei Faktoren: Nostalgie, emotionale Bindung und Individualität. Die Klassiker gelten bei Jüngeren also weniger als Statussymbol, sondern als Ausdruck der Persönlichkeit; und sie sind Vehikel für ein Gemeinschaftsgefühl. Der soziale Aspekt des Hobbys, z. B. über Events und "Community-Building" stehe dabei im Vordergrund. Exklusivität ist hingegen weit weniger wichtig als bei den älteren Semestern. Marketingleiterin Manuela Mondelli fasst es so zusammen: "Besonders wichtig sind jüngeren Oldtimerfans die Aspekte Selbstverwirklichung, soziale Beziehungen, Zugehörigkeit und gemeinsame Erlebnisse."
Das kommt einem dann zum Glück etwas bekannt vor, denn ganz so weit liegen die Motive der jungen und der älteren Generationen hier gar nicht auseinander. Entscheidend dafür, ob der Funke überspringt von "den Alten" auf "die Jüngeren" ist vielleicht dasselbe Schlüsselereignis, das immer schon das wohl wichtigste war: das Fahrerlebnis selbst.
Wer einmal selbst das Steuer übernommen hat von seinem Traumauto, vielleicht auch vom Wagen des Vaters oder Onkels oder vielleicht von einem wohlklingenden Sportwagen, der wird ihn nicht mehr missen und das Auto so lange fahren wollen, wie es eben möglich sein wird. So wie am Samstag Yannick Hillbert, der mit seinem Alfa Romeo Spider 2000 Fastback (1978) schwungvoll in die Halle fuhr. Übrigens war Richard – sein Vater und früherer Besitzer des Alfas – auch dabei, aber eben nur als Beifahrer.
Fazit: Niemand sollte sich beklagen, dass der Nachwuchs zahlenmässig geringer zu werden droht, wer nicht zum Selberfahren motivieren mag oder niemanden einmal ans Steuer seines Klassikers lassen möchte. Das – und Events wie diese – braucht die Szene, um weiterzuleben. Chapeau an alle, die daran mitwirken wollen.



















































































































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