Während sich unsere Berichterstattung normalerweise auf Europa fokussiert, haben wir trotzdem Augen und Ohren für Sachen offen, die weiter weg stattfinden, seien dies Fahrzeug-Auktionen in den USA, Oldtimertreffen in Rømø im Norden oder historische Motorsportveranstaltungen im fernen Osten. Im vorliegenden Artikel begeben wir uns ins Land der aufgehenden Sonne.
Japan hat eine starke Auto- und Rennsportkultur. Im Einklang mit Unterschieden in Kultur und Sitten fallen auch Rennsport-Veranstaltungen ganz anders aus als bei uns. Nicht nur sind die japanischen Automarken dominant, man sieht auch Fahrzeuge, die nur äusserst selten oder gar nie europäischen Boden berühren. Auch die Vorlieben der Fans sind anders, man interessiert sich zwar verstärkt fürs Tuning, ist aber gleichzeitig fasziniert von europäisch geprägten Rennsport-Serien wie beispielsweise der Formel1. Selbst die Grid Girls sehen anders aus. Es scheint, sie seien direkt einem Manga-Comic entflohen …
50 Jahre Fuji Speedway
Die diesjährige Fuji Wonderland FES fand am 12. März 2017 statt und stand im Zeichen der Rennstrecke selber, wurde diese doch vor gut 50 Jahren erstmals kommerziell genutzt.
Formel1 in Japan
1976 besuchte die Formel1 zum ersten Mal Japan und war auf dem Fuji Speedway zu Gast. Es war das letzte Rennen jener Saison und erhielt entsprechend viel Aufmerksamkeit.
Das Duell zwischen James Hunt und Niki Lauda trug natürlich sehr zur Bedeutung dieses Rennens bei. Es regnete stark und die Strecke war dadurch extrem gefährlich, Lauda führte mit 3 Punkten vor Hunt, litt aber immer noch sichtlich an den Folgen seines dramatischen Umfalls, hätte aber durchaus noch Weltmeister werden können. Niki verweigerte aber das Rennen und gab in der zweiten Runde freiwillig auf. Hunt brauchte also nur drei Punkte, um Weltmeister zu werden, was er auch erreichte (das Rennen wurde übrigens äusserst spannend im Film RUSH inszeniert).
Die Atmosphäre jener frühen Formel-1-Rennen auf dem Fuji Speedway sollte am Festival wiederbelebt werden. Aus diesem Grund standen natürlich die historischen Formel-1-Fahrzeuge im Fokus. Leider konnten nicht alle damals im Rennen startenden Rennwagen organisiert werden. Nach McLaren M23, Ferrari 312 T2, Lotus 77 und dem legendäre Wolf WR1 von Walter Wolf Racing wurde die Luft dann schnell mal dünn. Aber immerhin, zusammen mit den ausgestellten Raritäten kam trotzdem ein F1-Feeling auf, das so manche der 31’000 Festival-Besucher begeistert haben dürfte.
Gruppe C mit japanischen Raritäten
Wo ein Mazda 787B aufheult, sind schnell mal Motorsportler und vor allem Gruppe-C-Fans begeistert. Hier durfte man aber noch einiges mehr bewundern, das an europäischen Veranstaltungen seinesgleichen sucht.
So konnte man den seltenen Toyota 85C-L live erleben, jenen Wagen, den Toyota zum ersten Mal in die Topliga bei den 24 Stunden von Le Mans beförderte.
Die Konkurrenz war im Jahr 1985 aber zu stark, die Armada von Porsche 956 und 962 war zu schnell und zu zuverlässig, selbst die Lancia LC2 waren einen Zacken schneller als der neue von Dome gebaute Prototyp. Trotzdem, noch heute ist dieser Wagen mit seinen 600 PS und einem Gewicht von 900 kg ein wahrer Hingucker, der enorme Heckdiffusor beeindruckt und die elegante Linienführung der Karosserie fasziniert.
Was wirklich einmalig war: Viele Rennwagen wurden von den damaligen Piloten gesteuert, so sass zum Beispiel Masanori Sekiya im Toyota TS010 oder Kazuyoshi Hoshino im Nissan Sylvia, Yojiro Terada im Mazda 787B und Kunimitsu Takahashi in seinem Taisan Porsche 962, in welchem er 1991 vier Rennen fuhr.
Mr. Le Mans aus Japan als Ehrengast: Yojiro Terada
Bei japanischen Gruppe C Fahrzeugen darf der Rennfahrer Yojiro Terada nicht fehlen. Er ist in Japan wie Tom Kristensen als «Mr. Le Mans» bekannt, nicht wegen der höchsten Anzahl an Siegen sondern weil er am meisten in Le Mans gestartet ist, ohne je einen Sieg davon getragen zu haben: 29 Mal war er in Le Mans am Start.
Geschlagen wird dieser Rekord lediglich von Henri Pescarolo (33 Starts) und Bob Wollek (30), beide durften aber schon Siege einfahren. Yojiro Terada war natürlich auch 1991 in Le Mans am Start, damals war Mazda mit drei 787 Fahrzeugen in der Sarthe (zwei neue 787B und ein älterer 787). Yojiro erreichte im älteren 787 Platz 8. Auf dem Fuji Speedway drehte er im legendärsten aller japanischen Rennwagen seine Runden.
In Europa nie unterwegs
Vielleicht ist ”nie” etwas zu streng formuliert, aber manche Rennfahrzeuge sieht man in Europa wohl wirklich fast nie. Während dem ”Grid Walk” konnte man beispielsweise den äusserst seltenen Tomica Skyline (Nissan Skyline RS Turbo KDR30 die genaue Bezeichnung), der sieben Gruppe-5-Siege in den Jahren 1982 und 1983 holte und bekannt für seine Riesenflammen aus den Auspuffrohren war.
Ebenfalls selten sind die gut 10 Jahre älteren Skylines aus den Anfängen der 70er Jahre. Man nennt sie auch die «Hakosuka GTR», man spricht also vom Skyline 2000 GT-R KPGC10, der ausserhalb Japans ebenfalls eine echte Rarität darstellt (gerade einmal fünf originale Fahrzeuge sollen im ”Ausland” existieren). ”Victory 50” ist übrigens einer der heute bekanntesten «Hakosuka»-Tuner in Tokyo, ein Händler, der auch Replikas des Klassikers verkauft.
Ein weiterer Exot, zumindest aus hiesiger Perspektive, war der Toyota 7 aus dem Jahre 1969. 1968 kam die amerikanische Can-Am Serie nach Japan. In der sogenannten «Japanese Can-Am» starteten vor allem Rennwagen aus den USA, Toyota wagte aber den Schritt und stellte 1969 den Toyota 7 auf einen Startplatz. Obwohl er leistungsmässig deutlich unterlegen war, fuhr Yukio Fukuzawa beim ersten Rennen auf den vierten Platz. Siege wurden bei Langstreckenrennen verzeichnet, so beim Fuji 1000 km Rennen, den 12 Stunden von Suzuka und beim 1000-km-Rennen von Suzuka.
50-jähriges Jubiläum Toyota 2000 GT
Als ob es nicht schon genug Raritäten vor Ort gehabt hätte: Zum 50. Jubiläum des Toyota 2000GT war der 2000GT-Club vor Ort und fuhr ein paar Demorunden auf dem Fuji Speedway. Soviele dieser Modelle hat man vermutlich in Europa kaum je sehen können.
Auch das Vorgänger-Modell Toyota Sports 800 war in überraschend grossen Zahlen vorhanden und durfte zeitgleich ebenfalls auf die Strecke. Dies ergab für Europäer ein ziemlich ungewohntes Bild!
Motorsport bis in die Neuzeit
Natürlich holte auch hier die Vergangenheit die Gegenwart ein: in der Rennwagen Ausstellung auf dem Gelände des Festivals konnte man bedeutende Rennwagen von den Anfängen bis heute besichtigen. Der modernste Rennwagen, der in jener Ausstellung anzutreffen war, kam wenig überraschend aus dem Hause Toyota und es handelte sich dabei um jenen Rennwagen, der 2016 bei den 24 Stunden von Le Mans mitfuhr, den Toyota TS050.
Begleitet wurde die Veranstaltung von vielen Nebenattraktionen. Was man als Europäer vielleicht nicht zwingend weiss: in Japan gibt es etliche «Girl Groups», die an Anlässen Tänze aufführen. Eine sehr bekannte Gruppe nennt sich AKB48, die offensichtlich in mehrere Teams aufgeteilt ist, anwesend war jedenfalls das Team Nr. 8!
In Japan gibt es noch diverse andere Anlässe, bei denen historischer Motorsport im Zentrum steht. Auch hierzu wird man in Zukunft auf zwischengas.com lesen können.