Nicht jede Klassikerveranstaltung kann bereits auf 27 Vorläufer-Anlässe zurückschauen, das British Classic Car Meeting St. Moritz schon. Zum 28. Mal fand es vom 8. bis 10. Juli 2022 statt und es erfreut sich mit über 100 Teilnehmerfahrzeugen weiterhin eines grossen Erfolgs. Im letzten Mal hatte nach der Pandemie erstmals ein BCCM mit Motto stattgefunden, “The Italian Job Edition” thematisierte den berühmten Film aus den späten Sechzigerjahren, der einen Goldraum in Turin zum Thema hatte.
Dem Film “Grand Prix” gewidmet
Für 2022 lehnte man sich wiederum an einen Film an, dazu wählte man den Frankenheimer-Streifen von 1966 an, der sich um die Formel 1 der damaligen Zeiten drehte und der vor allem wegen seiner packenden Rennszenen damals für viel Aufsehen sorgte. Auch eine Starbesetzung fehlte mit James Garner, Yves Montand, Françoise Hardy und Toshirō Mifune nicht, trotzdem waren die bekannten Schauspieler eher Staffage neben den eindrücklichen Fahrszenen im Film. Sogar echte Rennfahrer spielten damals mit, etwa Graham Hill oder Juan-Manuel Fangio. Und man konnte sogar einen Einblick in die Rennabteilung von Ferrari erhaschen.
Passend zu diesem Film zeigte nicht nur das von Christian Papazoglakis im Michel-Vaillant-Stil gestaltete Veranstaltungsplakat einen Formel-Wagen, solche waren auch beim Gala Dinner am Samstag Abend im Suvretta House an diversen Stellen aufgestellt.
Und sogar das Dessert am Ende des Abends bestand aus einem gefüllten Monoposto aus Schokolade.
Rallye am Samstag
Natürlich traten die Teilnehmer des 28. BCCM nicht mit Einsitzern an und sie fuhren auch kein Rundstreckenrennen. Wie seit vielen Jahren war eine vergleichsweise geruhsame Fahrt über die umliegenden Passstrassen angesagt am Samstag. Die Strecke führte von St. Moritz via Zernez, Schuol und Reschenpass nach Mals, Glurns, St. Maria und über den Ofenpass zurück nach Zernez und St. Moritz.
200 km umfasste die vielseitige Streckenführung und man benötigte runde sechs Stunden reine Fahrzeit dafür. Dazu kamen Sonderprüfungen, bei der die Gleichmässigkeit und das Fahrkönnen der Teilnehmer geprüft wurde. Alle Abweichungen zusammengezählt ergaben unter Berücksichtigung eines Alterskoeffizienten die Strafpunkte.
Es war Stefano Valente mit seinem Riley Sprite von 1937, der die Prüfungen am exaktesten bewältigte und somit die Rallye-Wertung und eine IWC-Uhr gewann.
Der seltene Riley Sprite
Nur knapp über 50 Exemplare des Vorkriegs-Sprite baute Riley Motors in Coventry. Das seltene Modell übernahm Elemente der Sportwagen Imp und MPH und wurde mit Vier- und Sechzylindermotoren ausgerüstet. Valentes Sprite stammt aus dem Jahr 1936 und befand sich offensichtlich bestens in Schuss.
Und weil das Auto auch noch richtig gut aussieht, gewann es auch noch die Vorkriegswertung der Schönheitskonkurrenz am Sonntag.
Der Concours am Sonntag
War am Samstag vor allem gefahren worden, so hiess es am Sonntag zu ruhen und zu schauen. Die Autos wurden ab dem frühen Morgen im Garten des Suvretta Houses aufgestellt und von einer internationalen Jury, in der unter anderem der ehemalige Rolls-Royce-Designchef Ian Cameron und die britische Botschafterin Jane Owen mitwirkten, verglichen und bewertet.
Diese hatte es ob der Vielzahl ähnlicher Wagen und der Vielfältigkeit der grössten Klasse, nämlich der zwischen 1946 und 1980 gebauten Autos, nicht einfach.
Als Sieger in der Nachkriegsklasse wurde ein Rolls-Royce Silver Wraith von 1952 bestimmt, der sich nicht nur über eine Karosserie von H.J. Mulliner mit einigen Besonderheiten von anderen Rolls jener Zeit abgrenzt, sondern auch durch die Tatsache, dass der Wagen bereits in den Fünfzigerjahren für Reisen nach St. Moritz eingesetzt wurde. Dieser Rolls gewann dann auch noch den “Best of Show”-Preis.
Bei den moderneren Autos nach 1980 wurde auf die Vergabe eines ersten Platzes verzichtet, da mehrere Wagen leider nicht in den Garten des Suvretta House fanden.
Vergeben wurden aber einige Sonderpreise. So erhielt der Bond Bug 700 ES von Georg Dönni einen Preis für “Bondnes”, man hätte ihm auch einen Preis für das schönste orange Auto des Concours geben können. Zudem hatte Dönni bei der Rallye gezeigt, dass drei Räder nicht immer gleich stabil wie deren vier sind, was der Farbe des kleinen Auto nicht gut tat.
Geehrt wurde ebenfalls der sehr authentische und fast komplett original erhaltene unrestaurierte Jaguar XK 140 OTS aus dem Jahr 1957 von Philip Husistein.
Einen Sonderpreis erhielt auch ein einst gar nicht seltenes Auto, der Triumph Spitfire. Das Exemplar von Nathalie Salibian-Waltz von 1980 ist aber vermutlich eines der wenigen, die nie einen Besitzerwechsel erleben mussten und bis heute keine 40’000 km gelaufen ist. Komplett unrestauriert und mit allen Schwächen der damaligen British-Leyland-Produktion gezeichnet stand er da und beeindruckte die Jury.
Den Preis für die weiteste Anfahrt erhielt der Brite Richard Beddall, der mit seinem Bentley S1 James Young Coupé von 1957 über 1300 km zurückgelegt hatte, um nach St. Moritz zu gelangen. Bei der Preisübergabe meinte der wortgewandte Londoner, dass sein Auto die Fahrt in die Schweiz durchaus genossen habe, schliesslich wurde exakt dieses Fahrzeug 1957 am Genfer Autosalon präsentiert und zudem habe der Wagen die Nacht mit einem Jaguar XJ 4.2 Coupé verbracht …
Drei Tage Britishness
Es waren wahrlich britische Tage, wenn man einmal vom stetig schönen Wetter absah, dass St. Moritz von der besten Seite zeigte.
Das Teilnehmerfeld von über 100 Autos umfasste natürlich die traditionellen BCCM-Marken Aston Martin, Austin-Healey, Bentley, Jaguar/Daimler und Rolls-Royce, aber eben auch die “other makes”, die für viel Farbe im Feld sorgten.
So fuhr u.a. ein Lotus Eleven S1 von 1956 mit, aber auch ein MG TB mit Tickford-Karosserie aus dem Jahr 1939.
Das Spektrum reichte vom Triumph 2000 Roadster von 1949 bis zum TVR Griffith von 1999, aber auch Sportwagen von Triumph oder Morgan fehlten nicht. An Gesprächsthemen fehlte es den Teilnehmern bei den diversen Apéros und Essen sicherlich nicht, irgend ein Fahrzeug bot immer Anlass für Diskussionen.