Sich einmal fühlen können wie Jackie Stewart. Dieser Wunsch ging für ein kleines Mädchen in Erfüllung. Stolz sass sie hinter dem Lenkrad des blauen Tyrrell-Ford 003 von Konstrukteur Derek Gardner.
Bereits hier ist der riesige Unterschied der historischen Rennserien zur aktuellen Formel 1 zu sehen. Der Fan will die Nähe zum Sport spüren, riechen und vor allem sehen können und das Ganze zu moderaten Preisen.
Anlässlich des Monaco Grand Prix Historique, der am 14. und 15. Mai 2016 ausgetragen wurde, wurde dieses Angebot von den zahlreichen Fans denn auch weidlich genutzt. Die Tribünen zeigten sich bunt gefüllt und die Rennen konnten durchaus begeistern, auch wenn nicht alle Fahrer auf höchstem professionellen Niveau fahren.
Grosser Formel-Junior-Feld
Schon das Feld der Formel Junior mit seinen 49 Autos konnte sich sehen lassen. Selbst der Adel war Teil der Formel Junior. So stand Prinz Joachim von Dänemark mit einem Volpini am Start. Da liess sich selbst Fürst Albert zu einem Gespräch hinreissen.
"Einer vor allen Anderen" war das Motto von Jonathan Hughes in seinem Lola Mark ll. Er war von keinem seiner Mitkonkurrenten zu bremsen oder besser zu halten. Christian Traber gab sein letztes bei dessen Verfolgung und dank seiner beherzten, fehlerfreien Fahrt durfte er das Treppchen als Zweiter besteigen.
Als Dritter fuhr der "Bundesheer-Kanister" von Arthur Mallock pilotiert von seinem Sohn Ray über die Ziellinie.
Das Rennen musste in drei Läufen ausgetragen werden, so fuhren die geraden und ungeraden Nummern je einen Lauf und am Schluss traten die Schnellsten der beiden Läufe zum Final an.
Begeisternde Drifts bei den Sportwagen
Das Sportwagenfeld wurde wie bereits vor zwei Jahren vom Jaguar C-Type mit Chris Ward am Steuer beherrscht. Seine extremen Fahrkünste begeisterten das Publikum einmal mehr. Immer im Drift unterwegs konnten ihn auch diverse Kampfspuren nicht aus der Ruhe bringen und so fuhr er einen unangefochtenen Start-Ziel Sieg nach Hause.
Begünstigt wurde sein Sieg durch den heftigen Unfall von John Ure im Cooper-Bristol T24. Im Training glänzte John mehr mit seinen Zeiten als mit dem Lack seines Coopers. Das Auto, bis dahin noch immer im Originalzustand, hatte durch Patina und diverse Kampfspuren jeglichen Glanz verloren.
Die Zeiten aber waren schnell, sehr schnell, bis er bei der Tunnelausfahrt einem unachtsamen, langsameren Konkurrenten zum Opfer fiel. Noch vor dem Bremspunkt für die Hafenschikane berührten sich die beiden Autos und der Cooper-Bristol endete in den Leitplanken. An eine Reparatur war da nicht mehr zu denken.
Kein Rennen für die Vorkriegsautos
Das Vorkriegsfeld wurde leider zu einer Parade degradiert. Hinter dem Pace-Car durften die Renner ihre Runden drehen. Das Ganze ging nicht wirklich langsam von statten, aber der rennsportliche Reiz ging komplett verloren. Dies war sicherlich mit ein Grund, dass nicht ein Feld von wirklich erstklassigen Pre-War Monopostos vorhanden war.
Immerhin waren diverse Bugatti anwesend und selbst der ehemalige Pink-Floyd-Schlagzeuger Nick Maison drehte im Aston Martin seine Runden. Doch im Vergleich zu 2014 war die gezeigte Parade den Aufwand nicht wirklich wert, zumal die Kosten für den Start genau so hoch sind wie für die anderen Teilnehmer.
David gegen Goliath bei den Frontmotor-Monoposti
Im Feld der Frontmotor-Monopostos aus den Fünfzigerahren stand der originale Maserati 250F, mit dem Stirling Moss den GP im Fürstentum 1954 für sich entschied, am Start.
Es war eine Augenweide zu sehen, wie die schweren grossen italienischen Autos von Maserati und Ferrari gegen die kleinen Briten von Lotus und Cooper kämpften. Was müssen wohl diese Rennen damals an Faszination auf die Fans ausgestrahlt haben.
Grazile Sound-Maschinen
Im Feld der F1-Rennwagen mit 1500ccm Motoren aus den Jahren 1961-65 stachen zwei Autos sowohl optisch als auch leistungsmässig aus dem Feld heraus. Der Siegerwagen Lotus 25 mit Andy Middlehurst am Steuer begeisterte genauso wie der hochkomplizierte Ferrari 1512 V12 mit Doppelzündung, gefahren von Joseph Colasacco.
Beide starteten aus der ersten Reihe und lieferten sich ein starkes Rennen. Der Sound des Ferrari schallte durch die Häuserzeilen und stellte manche Symphonie oder die schönsten Tracks des Pink-Floyd-Albums "Wish you were here" glatt an die Wand.
Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass diese kleinen und grazilen Autos damals um die höchste Auszeichnung im Motorsport kämpften. Dieser Ferrari würde neben Vettels modernem SF16-H vermutlich wie ein Kindertretauto aussehen.
Motorsport-Berühmtheiten hinter dem Lenkrad
Trotz des GP Spanien in Barcelona war Adrian Newey in Monaco am Start. Er pilotierte nicht einen Red Bull, sondern einen Lotus 49, ex Hill und Rindt.
Auch der ehemalige schwedische F2-Fahrer Eje Elgh fehlte als Manager von Marcus Ericsson in Spanien und sass in einem March 711. Der Sohn von Jean-Pierre Beltoise, Sieger des GP Monaco 1972, fuhr den wunderschönen Matra MS 120C.
Was die Fahrzeuge betrifft, so stach sicher der Eifelland 21 aus dem Feld der F1-Wagen der Jahre 1966 bis 1972 heraus. Das Auto basierte auf dem March 721, wurde von Luigi Colani gestaltet und damals von Rolf Stommelen gefahren, allerdings ohne Erfolg, was wohl nicht an Stommelen lag.
Gewonnen wurde der Lauf der Serie F von Stuart Hall im McLaren M19A.
Grelle und spektakuläre Formel-1 der Siebzigerjahre
Das Hauptrennen des Wochenendes war sicherlich der Kampf der Formel-1-Wagen der Jahrgänge 1973 bis 1976, die im Rahmen der Serie G antraten.
Über 40 Monoposti einer der spekatulärsten Epochen der Formel 1 kamen zur Begeisterung der Zuschauer ins Fürstentum. Optisch zählen diese Autos mit ihren hohen Ansaugtrichtern, auch Lufthutzen genannt, zu den kreativsten Kreationen der F1-Geschichte.
Auch diese Jahren waren geprägt von wilden Strassenschlachten und Zweikämpfen. Der Zweikampf Lauda gegen Hunt ist legendär und würde kürzlich das Thema eines Hollywood-Films. Beide automobilen Hauptdarsteller aus dem resultierenden Film "Rush" waren da, zum einen der McLaren M23, zum anderen der Ferrari 312 T2.
Das Rennen über 18 Runden war nicht weniger langweilig. Infolge des bereits in der Aufwärmrunde vor dem Casino stehen gebliebenen McLaren M23 von Stuart Hall in den Yardley-Farben wurde das Feld hinter dem Safety-Car gestartet. Die Marshalls waren beschäftigt den defekten McLaren mit dem Kran von der Strecke zu entfernen. Als der Wagen am Kran hing wurde das Rennen freigegeben.
Das Safety-Car bog bereits in die Boxengasse ab, doch in dem Moment fiel der McLaren vom Haken zurück auf die Strecke. Rote Flaggen wehten, der Führende Alex Caffi mit erhobener Hand wurde langsam, das Safety-Car raste durch die Boxengasse zurück ins Feld. Das Ergebnis war ein Durcheinander, wie man es besser kaum erfinden könnte. Ein kurzer Stau im schnellen Bergaufstück führt noch zu kleineren Remplern.
Das Rennen wurde abgebrochen und später neu gestartet. Der McLaren wurde nach einem eigentlich kleinen technischen Gebrechen durch den Fall zum Totalschaden. Wer dafür verantwortlich zeichnen muss, wird sicher noch zu diversen Diskussionen führen.
Ein Ensign als Rennsieger
Von der Pole Position startete der ex-Regazzoni Ensign N176 mit dem ex-GP Piloten Alex Caffi am Steuer.
Zum ersten Mal konnte dieses Auto Lorbeeren abholen. Das Duo Caffi-Ensign war mit Abstand die schnellste Kombination im Feld und gewann das Rennen vor dem Japaner Katsuaki Kubota im March 761.
Ein weiteres in seiner Zeit erfolgloses Regazzoni-Auto, der Shadow DN8 landete mit Joe Twiman auf dem dritten Rang. Frustrierter Vierter wurde Emanuele Pirro im zweiten Ferrari 312 B3. Das Schwester-Auto fuhr Marco Werner mit grosser Vorsicht. Man war sich nicht wirklich sicher ob der Motor den Strapazen des Wochenendes standhalten werde, doch siehe da, das Auto lief wie ein Schweizer Uhrwerk.
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Ich war Freitag bis Sonntag abend dabei - super Stimmung, tolle Rennwagen und das Wetter meinte es auch gut - die nasse Abkühlung am Samstag tat gar gut!
Tolle Bilder - weiter so! Grüsse, Frank Wittwer Bern