Am Wochenende vom 7. bis 9. August konnte wieder in die Erinnerungen an die faszinierenden Rennen der Vergangenheit eingetaucht werden. Bereits zum 43. Mal fand das dreitägige historische Motorsport-Festival AvD Oltimer-Grand-Prix am Nürburgring statt und für die 52'000 erschienenen Zuschauer wurde auch dieses Jahr wieder einiges an Highlights geboten. In über 20 exzellent besetzten Rennen konnten nicht nur rasante Klassiker aus allen sportlichen Kategorien bewundert werden, man durfte auch weltbekannte Rennsport-Stars hautnah erleben. Zudem zeigten Teams und Partner der Veranstaltung seltene Schmuckstücke aus ihrer Geschichte im Fahrerlager.
Schwerpunkte und Besonderheiten
Die diesjährige Ausgabe des AvD Oldtimer-Grand-Prix wartete mit ganz besonderen Leckerbissen auf: zum 80. Geburtstag von Jaguar fand ausnahmsweise ein Lauf der Jaguar Heritage Challenge nicht auf der britischen Insel statt. Nebst Jaguar wurde aber auch "50 Jahre Alfa Romeo GTA" gefeiert. Was bei letzterem Jubiläum zu Ehren auf der Rennstrecke auftauchte, war wirklich einzigartig - wann sieht man denn 15 GTAm gleichzeitig auf einer Rennstrecke und in voller Action?
Ein Schwerpunkt am Freitag war natürlich das 4-Stunden-Rennen (AvD Historic Marathon) auf dem Nürburgring und der Nordschleife, welches dieses Jahr zum 25. Mal ausgetragen wurde!
Gerade bei solchen Langstreckenrennen ist auch einiges in der Boxengasse los, weil öfters mal getankt, Fahrer gewechselt oder etwas repariert werden muss, um ans Ziel zu kommen.
Weitere Highlights waren natürlich die schnellen Formel-1 und Sportwagen-Fahrzeuge der historischen FiA-Meisterschaften.
Le-Mans-Sieger am Nürburgring
Zu einem Motorsport-Festival wie diesem gehören nebst faszinierenden Fahrzeugen auch berühmte Rennfahrer. So wurde der Zeitzeuge Jacky Ickx zum Nürburgring eingeladen, sechs-facher Le Mans Sieger, welcher während Interview- und Autogrammstunden von Fans dicht umlagert war.
André Lotterer, der in drei Wochen im Rahmen der Sportwagen-Weltmeisterschaft erneut am Nürburgring sein wird, dann allerdings mit dem modernen Audi R18 e-tron quattro Prototypen, tauchte während dem Wochenende in seine eigene Vergangenheit ab: im DRM-Revivallauf trat er in einem Nothelle-Audi 80 Coupé 2.0 an, zu dem er eine spezielle emotionale Bindung hat: «Das Team Kamei-Crew-Nothelle bekam 1981 damals von Audi Sport den Auftrag, den Quattro für die DRM aufzubauen und hat das in ganz erstaunlich kurzer Zeit umgesetzt», erklärt der Sportwagen-Star. «Mein Vater war damals in diesem Team für den Motor verantwortlich. Es war ein wunderbares, sentimentales Erlebnis, dieses Auto zu fahren, das mein eigener Vater im Jahr meiner Geburt mitgebaut hatte.»
Joachim "Jockel" Winkelhock, der 1999 für BMW den Gesamtsieg von Le Mans holte, fuhr einen Opel Ascona während dem Präsentationslauf "Legenden der Opel-Motorsportgeschichte": «Ich hatte das Vergnügen, einen Rallye-Ascona zu fahren. Es war das Europameisterschafts-Auto von Walter Röhrl und Jochen Berger aus dem Jahr 1974. Und auch bei mir werden Kindheitserinnerungen wach bei einigen Rennwagen, die ich hier auf der Strecke gesehen habe.»
Die Gruppe von Le-Mans-Siegern wurde schliesslich durch Richard Attwood ergänzt, der am AvD-Historic-Marathon am Freitag mit seinem Alfa Romeo Giulia Sprint GTA an den Start ging. Dabei zog er klare Schlüsse über die Veränderungen seit seiner früheren Nordschleifen-Einsätze in den 60er-Jahren: «Vor 40 Jahren war hier alles anders – schon der Strassenbelang war anders, sehr rau. Mit der Cobra, die ich 1964 hier fuhr, hatte ich auf einer Runde 30 Mal abgehoben. Der Alfa heute blieb stets auf dem Boden.»
Rallye-Piloten auf der Rundstrecke
Prominente Piloten aus dem Rallyesport waren natürlich ebenfalls vor Ort und am Steuer. Rallye-Weltmeister 1984 und Vize-Weltmeister 1985 Stig Blomqvist startete in seinem Ford Galaxie von 1963.
Matthias Kahle, siebenmaliger Deutscher Rallye-Meister, war auch bei Endurance-Rallyes sehr erfolgreich unterwegs. Er absolvierte einen Doppelstart beim AvD-Historic-Marathon, wo er den Skoda RS200 fuhr.
Jaguar feiert 80. Geburtstag
Jaguar präsentierte prominent seine lange Markengeschichte: Auf dem offenen Jaguar-Areal wurden neben den brandneuen Modellen auch viele Klassiker ausgestellt. In einem 40-minütigen Rennen, der einzigen internationalen Jaguar Heritage Challenge, traten Jaguar Oldtimer vom Baujahr 1965 in 5 Klassen gegeneinander an. Besonders wirkten dabei die Duelle zwischen den klein wirkenden E-Type neben den Saloon-Boliden Mk1.
Andy Wallace, der erfolgreiche Rennfahrer aus Grossbritannien, der vor allem mit Jaguar Langstrecken-Erfolge feierte und die 24 Stunden von Le Mans (1988), Daytona (1990, 1997 und 1999) und die 12 Stunden von Sebring (1993 und 1994) gewonnen hatte, fuhr in der Jaguar Heritage Challenge auf einem Jaguar MK I von 1957.
Ford Capri Zakspeed
Dieses Jahr ging Peter Mücke, der Chef eines sehr erfolgreichen Rennteams, mit einem perfekt restaurierten Ford Capri Zakspeed von 1980 an den Start. Neben einem Schwesterfahrzeug ist dieser Ford Capri Zakspeed das einzige noch laufende Exemplar seiner Art. Früher wurde das bildschöne Fahrzeug vom höchst bekannten Piloten Klaus Ludwig gefahren. "König Ludwig" hinter das Steuer zu lassen, das würde Mücke jedoch nicht einfallen. „Dazu ist der Capri viel zu wertvoll“, schmunzelte er.
Klaus Ludwig war aber trotzdem am Start und zwar gleich zwei Mal: An der Nürburgring-Trophy am Freitag ging er mit Christian Jäger im Porsche 911 von 1971 auf die Nordschleife.
Am Samstag und Sonntag wechselte er dann in einen Gruppe-4-Porsche 930 von 1979, den er sich mit Ralf Schnitzler teilte. Die Strecke während des DRM Revivals teilte er sich dabei mit vielen anderen Porsche Rennwagen und einer Hand voll BMW M1...
Der Start am AvD bedeutete für Ludwig eine Reise zurück in die eigene Vergangenheit. Denn hier konnte er seine ersten grossen Erfolge feiern. Nach den Vizemeistertiteln 1975 und 1976 im Kremer-Porsche 935 folgten bald drauf in den Jahren 1979 und 1981 die Meistertitel. Diese holte er im Zakspeed-Ford Capri Turbo, der wie beschrieben von Besitzer Peter Mücke gefahren wurde. "Der ist toll aufgebaut", schwärmt Ludwig und grinst: "Das Auto ist heute viel schöner, als damals. Peter ist damit auch richtig schnell, oder – wie er das sagt – das Auto ist schnell mit ihm."
Alle Jahre wieder
Auch beim diesjährigen AvD-Oldtimer-Grand-Prix konnten wieder bekannte Gesichter begrüsst werden. Unter ihnen ist der langjährigste Teilnehmer der Veranstaltung - Uli Sauer (Iserlohn) - mit seinem BMW 328, der bereits seit der ersten Durchführung des Events dabei ist und seither kein Rennen verpasst hat.
Ebenfalls seit dem Anfang dabei ist Christian Graf von Wedel (Frankfurt), der in seinem Austin Healey 3000 MkI an allen bisher durchgeführten 25 Lagstreckenrennen teilnahm und somit mittlerweile um die 3000 Nordschleifenkurven gefahren ist.
Der Grafschafter Hanno Schumacher startete im AvD-Historic-Marathon in jenem Alfa Romeo 1750 Spider von 1968, den er schon beim längsten Nordschleifenrennen aller Zeiten, dem Marathon de la Route im Jahr 1971, fuhr.
Duncan Rabagliati, der Vorsitzende der FJHRA absolviert das 499. Rennen in seinem Formel-Junior-Monoposto mit seinem Alexis HF, den er seit 1989 jedes Jahr fährt.
Fahrerlager wird zur Schatztruhe
Das historische Fahrerlager des Nürburgrings wird alljährlich zur Schatztruhe, so kamen auch dieses Jahr wieder über vier Dutzend Fahrzeuge zusammen. Im weltweit einzigen noch original erhaltenen und genutzten Fahrerlager aus den 20er Jahren konnten die ältesten Autos des Wochenendes bewundert werden, die in der Vintage Sports Car Trophy und der ASC Trophy antraten. Diese Fahrzeuge vom Renault Rennsport von 1907 bis zu den Veritas-Sportwagen der unmittelbaren Nachkriegszeit bieten die einmalige Gelegenheit, eine Reise zurück zu den Anfängen des Motorsports zu machen, wie etwa mit dem Mercedes-Benz 680 S Rennsport von Peterheinz Kern, mit dem Rudolf Caracciola im Jahr 1927 das Eröffnungsrennen des Nürburgrings gewann.
Das älteste Fahrzeug des Wochenendes ist der Renault Rennsport von 1907, von dem heute nur noch ganz wenige Exemplare übrig sind. Ein Jahr nach dem ersten Grand Prix der Geschichte im Jahr 1906 liess der US-Amerikaner William K. Vanderbilt Jr. eine kleine Serie von Schwesterfahrzeugen bauen, die von einem 7,5-Liter-Motor angetrieben wurden. Nur einige von ihnen stammen aus der „Messing-Ära“, also die Zeit vor 1918, als man Autoteile noch nicht verchromen konnte.
Unter den vielen sehenswerten Fahrzeugen sind auch zwei Kompressor-Mercedes-Modelle. Besonders bemerkenswert ist der 710 SSK von Markus Kern. Der so genannte „GP10“ ist das originale Fahrzeug, das Malcom Campbell kaufte und fuhr. Heute hat das Auto die englische Zulassung mit dem Nummernschild „GP 10“, weil dies Cambells zehnter Grand-Prix-Wagen war.
Neben den vielen bekannten Wagen wurden auch Fahrzeugmarken präsentiert, die schon lange nicht mehr existieren. Lokomobil, Alvis, Lagonda, Riley, Talbot sind nur einige der Unternehmen die ihre Existenz schon längst beendet haben oder in anderen Konzernen übergingen. Heute sind sie Klassiker und auch dort stecken häufig hoch interessante Geschichten dahinter.
Langstrecken-Klassiker in der Dämmerung
Auch dieses Jahr wurde das Flair der grossen Langstreckenklassikern greifbar, als die Scheinwerfer der bildschönen Rennwagen in der Dämmerung aufflammten. Maserati Birdcage und 250SI, Lister-Jaguar, Porsche 356 und RSK 718, die Lotus-Modelle, exotische Raritäten, wie der Ferrari 250GT SWB Breadvan oder die Alfa Romeo Giulietta Sprint Zagato sind nur einige Wagen auf der bunt zusammengemischten Teilnahmeliste der zweisitzigen Rennwagen und GT bis 1960/61, die beim ersten Lauf am Samstagabend zum einstündigen Rennen antraten.
Auch in diesem Jahr waren unter den 50 Fahrzeugen extrem seltene oder historisch wichtig Exemplare. So zum Beispiel der sehr seltene Maserati 250SI von Marc Deviis oder auch Alexander Sator mit seinem Maserati 300S, der zum ersten Mal dabei war.
AvD-Historic-Marathon und Nürburging-Trophy
Zum 25-jährigen Jubiläum des AvD-Historic-Marathon wurde alles aufgefahren, was der historische Motorsport zu bieten hat: Für einen perfekten Auftakt sorgten historische Tourenwagen und GTs auf der schönsten und legendärsten Rennstrecke der Welt. Dabei hatten die Fahrer dieses Jahr vor allem mit den hohen Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke zu kämpfen. Am Ende konnte das routinierte Team Marcus von Oeynhausen und Frank Stippler im Jaguar E-Type das Rennen für sich entscheiden und feierten somit bereits ihren sechsten Marathon-Sieg.
Als zweite gingen Mark Bates und Sean McInerney im Porsche 911 RSR über die Ziellinie. Das britische Duo holte damit auch den Sieg in der Nürburgring-Trophy, die für Fahrzeuge von 1967 bis 1975 ausgeschrieben war.
Für eine Überraschung sorgten die drittplatzierten Mike Stursberg und Olaf Manthey. Mit ihrem Ford Escort RS 1600 platzierten sie sich vor vielen leistungsstärkeren Teams.
Frühzeitiges Ende des IMSA Neuling
Weniger Glück hatte Piero Siragna mit seinem Porsche 924 GTR Turbo IMSA in den Rennen der Tourenwagen Revival.
Denn dieser verlor während dem Rennen Flüssigkeit. Die Anlage wurde zwar abgedichtet, doch dadurch entstand ein Überdruck, der von den Überdruckventilen nicht kompensiert werden konnte. Daraufhin verlor der Porsche 80 Liter Tankfüllung in nur 20 Minuten. Weil das Fahrzeug erst vor zwei Wochen aus den USA importiert wurde, fehlte die Zeit, ausführliche Checks durchzuführen. Optisch begeisterte der sehr seltene Rennwagen aber trotzdem das Publikum und wurde während dem Rennen und im Fahrerlager fast ununterbrochen fotografiert.
Vom frühzeitigen Ende entmutigen lassen will Piero Siragna sich aber nicht, stattdessen will er die Zeit bis zur Rückkehr zum nächstjährigen AvD Oldtimer-Grand-Prix nutzen, um die neuen Seiten seiner “Lady” kennenzulernen und um sich auf die neue Fahrweise zu gewöhnen. “Meine Lady hat mich herausgefordert und sie wird es auch weiterhin tun”, so Siragna, “aber wir nähern uns an.”
Alle Resultate in Kürze
R1 - FIA Masters Historic Formel 1 Championship
- Loic Deman, Tyrrell 010
- Michael Lyons, Hesketh 308E
- Andrew Wolfe, Tyrrell 011
R2 - FIA Lurani Trophy für Formel Junior Fahrzeuge
- Andrew Hibberd, Lotus 22
- John Evda, Brabham BT6
- Philipp Buhofer, Brabham BT6
R3 - FIA Masters Historic Sports Car Championship
- Wolfe-Gans, Lola T290
- Mark Piercy, Lola T290
- Mike Donovan, Lola T70 Mk III B
R4 - Revival Deutsche Rennsport-Meisterschaft
- Peter Mücke, Ford Capri Zakspeed
- Achim Heinrich, BMW M1 Procar
- Michael Kammermann, BMW M1 Procar
R5 - Zweisitzige Rennwagen und GT bis 1960/61
- Tony Wood, Lister Chevrolet knobbly
- Mark Lewis, Lister Chevrolet
- Julian Majzub, Sadler Mk III
R6 - Historische Grand Prix Fahrzeuge bis 1960
- Julian Bronson, Scarab Offenhausen
- Tony Smith, Ferrari 246 Dino
- Guillermo Fierro, Maserati 250F 2523
R7 - Jaguar Heritage Challenge
- Marcus von Oeynhausen, Jaguar E-Type
- Jamie Boot, Jaguar E-Type
- Harry Wyndham, Jaguar E-Type
R8 - Formel 3 Fahrzeuge von 1964-1984
- Valerio Leone, March 783 Toyota
- Michael Ringstroem, March 753 Toyota
- Thomas Warken, Ralt RT 3/84 Alfa
R9 - Gentlemen Drivers GT bis 1965
- Andrew Haddon, AC Cobra
- Gans-Wolfe, AC Cobra
- Jamie Boot, TVR Griffth
R10 - AvD Tourenwagen und GT / Alfa GTA
- Nicolai Kjaergaard, Lotus Elan 26 R
- Malte Fromm , Alfa Romeo 1750 GTAm
- Markus Niestrath, Alfa Romeo 1750 GTAm
R11 - AvD-Historic-Marathon
- Marcus von Peynhausen & Frank Stippler, Jaguar E-Type
- Allen Tice & Chris Conoley, Marcos 1800 GT
- Andrew Haddon & Martin Stretton, AC Cobra
R12 - Nürburging Trophy
- Mark Bates & Sean McInerney, Porsche 911 RSR
- Mike Stursberg & Olaf Manthey, Ford Escort RS 1600
- Frank Stippler & Dieter Klaus Frers, Porsche 911 Carrera RS
Vintage Sports Car Trophy GLP 1
- Gerald Tschörner, Bentley Derby 4 1/4 H
- Michael Grotzki, Alvis Firefly
- Karl J. Kraus, Bentley MK VI Special
Tourenwagen Revival 2015
- Peter Röllinghoff, BMW 320 i WTCC
- Andre Wax, BMW 320 E21
- Friedhelm Tang, Volvo 850 TR
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