Im Museum "autobau" in Romanshorn wurden am vergangenen Samstag, 3. Juni 2023, drei weitere Motorsportler an die "Wall of Fame" aufgenommen. Dazu kam die infolge der Corona-Pandemie um mehrere Jahre verschobene Ehrung eines Mannes, der es eigentlich mit den ganz grossen Namen wie Jo Siffert, Clay Regazzoni, Peter Sauber und Mario Illien schon von Anfang an verdient gehabt hätte, dort verewigt worden zu sein: Fredy Lienhard. Er bekam drei Auszeichnungen von Paul Gutjahr, dem Präsidenten der nationalen Sporthoheit "Autosport Schweiz", überreicht:
Die erste Auszeichnung galt Fredys Rennfahrerkarriere. Hat er doch klein und einfach begonnen, später mit Freunden eigene Formel-V-Fahrzeuge gebaut und anschliessend wieder mit Freunden das grossartige und bis heute erhalten gebliebene "Lista Racing Team" gegründet. 1976 bestritt er Läufe zur Formel-2-Europameisterschaft, blieb aber immer Amateur, da die Firma Lista ihren Patron rund um die Uhr brauchte. Die Liste der Motorsport-Erfolge ist lang. Herausragend aber ist der Sieg bei den 24 Stunden von Daytona 2002 im Dallara-Judd gemeinsam mit Mauro Baldi, Max Papis und Didier Theys. Nur einem anderen Schweizer ist dieser Sieg bisher gelungen: Jo Siffert.
Die zweite Auszeichnung: Da Fredy selbst erlebt hat, wie viel Geld Motorsport kostet, galt und gilt er noch heute für so viele junge Talente als tapferes Helferlein. 1985 wurde eine eigene Schweizer Formel-3-Meisterschaft ausgetragen. Eugen Strähl – selbst Mitgründer des "Lista Racing Teams" und damals als NSK-Präsident tätig – stellte die Kontakte zu Fredy Lienhard her, um eine Förderplattform zu schaffen. Die Meisterschaft war ein Erfolg und ermöglichte einigen Fahrern – allen voran Gregor Foitek oder Romain Grosjean – den weiteren Weg. Nicht nur Fahrer, auch Organisationen profitierten immer wieder, wenn das Budget knapp wurde und die Durchführung eines Rennes gefährdet war. Ein Lista-Zustupf half oft dabei, eine Absage zu verhindern. Bis heute sind die Lista-Nachwuchsförderung und der Kartsport für junge Rennfahrer eine grosse Institution.
Die dritte Auszeichnung: ist das "autobau"-Museum. Besser gesagt: ein lebendiger, sich ständig verändernder Treffpunkt für Freunde des Automobils und des Rennsports. Der Treffpunkt in den renovierten alten Gebäuden von Romanshorn ist für alle Automobilbegeisterten einen Besuch wert.
Nun zu den drei neuen Familienmitgliedern auf der "Wall of Fame": Louis Christen, Rolf Biland und Markus Bösiger.
Louis Christen
Schon zu seiner Schulzeit bewies er sein handwerkliches Geschick und bastelte Modellflieger, die dann auch tatsächlich flogen. Als er dann mit 16 Jahren einen Lotus-Formel-Junior zu sehen bekam, war ihm klar, was er beruflich machen wollte. Ein Wagen für die Formel V war dann genau das Fahrzeug, welches mit relativ einfachen Mitteln herzustellen war. So kam es, dass er jede freie Minute – neben seiner Tätigkeit als Maschinenzeichner im Lastwagenbetrieb von Saurer in Arbon – dem Bau des eigenen Rennwagens widmete. Am Ende des Projektes fehlte nur noch ein Fahrer. So setzte er sich selbst hinters Lenkrad, und siehe da: Seine Konstruktion erwies sich auf Anhieb als Erfolg. So baute man für die kommende Saison 1973 zwei neue LCR-Formel-V-Rennwagen. Die moderne Aluminium-Monocoque-Bauweise dieser beiden Autos war in der Schweiz erstmalig.
Gemeinsam mit seinem Motorenpartner Franz Giger gewann er alle Rennen der Schweizer Meisterschaft und konnte auch international viele gute Ergebnisse verbuchen. Im selben Jahr wurde die Firma LCR (Louis Christen Racing) Fahrzeugtechnik gegründet. Schon ein Jahr später kam es zum internationalen Durchbruch mit dem Formel-V-Sieg beim EM-Lauf auf dem Norisring. 1975 hängte Louis nach einem schweren Unfall den Rennfahrerhelm an den Nagel und widmete sich fortan seinen eigenen Konstruktionen. Nun aber kamen neben den vierrädrigen auch zwei-, vor allem aber dreirädrige Fahrzeuge dazu. Die Gespanne, von denen er bis heute rund 500 Stück baute, brachten ihm unzählige WM-Titel. Der erste gelang mit den beiden Thurgauern Bruno Holzer und Charly Meierhans.
Auch die neuartige Monocoque-Chassisbauweise bei den Zweirädern brachte ihm mit Stefan Dörflinger im damaligen Krauser-Werksteam den Weltmeistertitel. Mit der Produktion von Motorrädern waren ihm grössere Stückzahlen möglich, und der weltweite Verkauf der Rennmaschinen gewährleistete ihm ein stabiles Geschäft, was doch mit den Rennwagen etwas schwieriger war. Christen, der durch seine grosse Zurückhaltung in der medialen Schweizer-Szene immer etwas unterging, hatte sich schon vor Jahren an ein Elektroauto, den "Stromboli", gewagt. Doch die damalige Batterien-Technologie verhinderte eine Serienproduktion, und so blieb es beim Prototyp. 25 Fahrzeuge aus dem Schaffen von Louis Christen werden in einer momentanen Sonderausstellung im "autobau" gezeigt.
Rolf Biland
Bereits als 20-Jähriger durfte er erstmals als Beifahrer ("Plampi") im Gespann von Fritz Hänzi an einem Bergrennen teilnehmen. Später folgte der WM-Lauf auf dem Salzburgring. Einmal Benzin geleckt, konstruierte sich Rolf sein eigenes Gespann, jedoch mit 16-Zoll-Rädern, was tatsächlich funktionierte und auf Anhieb den Schweizer Meistertitel ermöglichte. Schon 1974 startete Biland zusammen mit Fredy Freiburghaus in der WM, was damals noch so von statten ging: Der Pilot kauft sich eine Maschine, rüstet sie mit einem Motor aus, bezahlt alles selber, sucht dafür nach Sponsoren und geht an den Start. Heute absolut undenkbar. Der erste Sieg kam schon 1975 in Hockenheim. 1977 verpasste er den WM-Titel nur knapp und wurde zweiter. 1978 kam der erste WM-Titel mit dem revolutionären BEO, in welchem der Fahrer kniete und der Beifahrer sass und bei dem beide Hinterräder angetrieben wurden.
Ab 1979 gehörte das Weltmeister-Team Biland Waltiperg zu den Kunden von Louis Christen. Damit hatten sich zwei gefunden, welche zusammen nicht nur technische Experimente wagten, sondern auch immer wieder neue, teilweise revolutionäre Ideen ins Spiel brachten. Teilweise derartig ausgefallene Konstruktionen, dass damit rund vier WM-Titel infolge technischer Probleme in die Binsen gingen. Trotzdem gewann das Gespann mit Biland und Waltiperg sieben WM-Titel, 81 GP-Rennen und war insgesamt 18-mal unter den besten Drei der damals sehr hart umkämpften Weltmeisterschaften. Das technische Verständnis gepaart mit fahrerischer Qualität und dem absoluten Siegeswillen war eine fast unschlagbare Mischung.
Später fuhr Rolf, der keinen Spässen aus dem Weg ging, auch noch Rennwagen und nahm im Team von Markus Hotz an der Formel-2-Europameisterschaft teil. Sein bestes Resultat erreichte er in Pau (Frankreich). Es wäre durchaus mehr Erfolg möglich gewesen, hätten ihn seine guten Gespann-Sponsoren auch in der Formel 2 stärker unterstützt.
Markus Bösiger
Nach einem Besuch in Assen bei der "Dutch TT" entschloss sich Markus, auch im Gespannsport mitzumachen. 1991 startete er in Misano zu seinem ersten Rennen. Sehr schnell stellten sich auch die ersten Erfolge ein. Schon 1995 wurde er WM-Dritter. Markus war aber nicht nur Fahrer und Teamchef, sondern auch Visionär und Unternehmer im Seitenwagensport. Er suchte – wie auch Biland – immer nach neuen Wegen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. So liess er sich einen Vierzylinder-Viertaktmotor von Swissauto in sein Gefährt einbauen, der nur 250 Kubikzentimeter gross, dafür aber mit einem Abgasturbolader bestückt war. Der Erfolg war mässig, die Kosten aber immens, was ihn schnell wieder zum Zweitakter zurückführte.
1998 brachte er mit dem "Höckler" eine weitere Innovation an den Start. In diesem Fahrzeug sass der Fahrer wie im Rennauto. Nach Ansicht von Bösiger sollte diese Art junge Kartfahrer in den Sidcar-Sport bewegen können. Die FIM verbot aber diese Innovation schon am Ende der ersten Saison. Trotz diverser Rückschläge war das Team Bösiger sehr erfolgreich und holte 1997 und 98 den WM-Titel mit Steve Webster und David James.
Ende der Neunzigerahre zog sich Markus Bösiger aus dem Gespann-Sport zurück und wechselte in den Truck-Sport. Bald schon stand er als Werksfahrer im Dienst von diversen Herstellern. Auch hier war Markus innovativ und liess sich in Tschechien von Tatra einen eigenen Truck mit MAN-Motor bauen. 2007 mit der höchsten Auszeichnung, dem FIA-Europameister (Weltmeisterschaften gab es nicht), ausgezeichnet. Dazu holte er noch dreimal den Vize-Titel. Markus war immer der letzte, der am Rennplatz erschien, aber auch der erste der ihn wieder verliess, denn für ihn bedeutete der Sport nur Urlaub. Und so kehrte er immer wieder schnellstmöglich in sein Unternehmen zurück.















































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