Eigentlich ist die Classic-Gala eine Gruppe von Veranstaltungen, denn neben dem Concours d'Elégance, der zum 20. Male stattfand von 30. August bis 1. September 2024, fand gleichzeitig auch noch der 12. US Classic Car Concours statt.
Und sowie ist die Classic-Gala eigentlich ein unglaublich schön und mit viel Liebe gestaltetes Oldtimertreffen in einer romantisch-ästethischen Umgebung, bei dem es nicht nur um Preise und Anerkennung, sondern auch um Freude am alten Blech und Kameradschaft geht.
Dass dies über alle Jahre so geblieben ist, ist nicht zuletzt dem Organisatoren Johannes Hübner zu verdanken, der einfach ein Herz für ganz besondere Autos und deren Besitzer hat.
Schweissperlen
Eigentlich rechnete man angesichts des beginnenden meterologischen Herbst mit tieferen Temperaturen, doch es sollte anders kommen. Die 30 Grad wurden an allen drei Tagen überschritten und wer konnte, der suchte sich ein Schattenplätzchen. Wer alle Autos sehen wollte, der kam allerdings nicht darum herum, im grosszügigen Schlosspark von Schwetzingen einiges an Kilometern zurückzulegen. So rund zehn Kilometer kamen beim Verfasser dieser Zeilen alleine am Samstag zusammen.
Die Schweissperlen sollten sich aber lohnen, denn überall im Park liessen sich wahre automobile Schätze beobachten.
Veritas im Zentrum
Schon direkt beim Eingang stiess man auf eine ziemlich einmalige Zusammenstellung von mehr als einem Dutzend Veritas. Die Marke “Veritas” entstand in der Nachkriegszeit, als Ernst Loof zusammen mit Lorenz Dietrich, Schorsch Meier und Werner Miethe begannen, BMW 326 bis 328 aus der Vorkriegszeit in konkurrenzfähige Sport- und Rennwagen umzubauen.
Die Autos hatten Erfolg in Rennsport und für die Strassenversionen lagen Hunderte von Bestellungen vor. Alleine, die Finanzierung gestaltete sich schwierig und mit dem Rennsport war kein Geld zu verdienen.
Ein mit Panhard-Teilen entwickelter Dyna-Veritas fand trotz guter Presseberichte zuwenig Käufer und Veritas ging schliesslich Konkurs. Auch eine Nachfolgefirma hatte ab 1951 nicht vom Fleck und die Veritas-Geschichte endete schliesslich im Jahr 1953.
In Schwetzingen waren fast alle Meilensteine der Veritas-Geschichte zu bewundern, begonnen bei den frühen Rennsportmodelle, über die bei Spohn und Baur karossierten Strassensportwagen bis zum Dyna-Veritas.
Grosse Rolls-Royce-Bandbreite
Links von der Veritas-Ausstellung stiess der Besucher auf die vermutlich grösste Rolls-Royce-Ansammlung, die es je an der Classic-Gala zu sehen gab. Rund 40 Modelle dokumentierten die 120-jährige Geschichte der Marke Rolls-Royce. Henry Royce hatte die Firma zusammen mit Charles Rolls gegründet mit dem Ziel, Automobile zu bauen, die so zuverlässig liefen wie eine Uhr.
Und bis heute wird die Marke Rolls-Royce mit den besten Autos der Welt in Verbindung gebracht.
In Schwetzingen waren die meisten wichtigen Modelle präsent, beginnend beim Silver Ghost, über die Phantom-Generationen I bis III, den 20/25 HP und 25/30 HP, bis zu den Nachkriegswagen Silver Cloud, Silver Shadow und ihren modernen Nachfolgern.
125 Jahre Opel-Autobau …
Das Unternehmen Opel gab es schon lange bevor die ersten Autos gebaut wurden. Nach Fahrrädern und Nähmaschinen machte man sich 1899 daran, mit dem Patent-Motorwagen System Lutzmann in die Automobilproduktion einzusteigen.
Bald folgten Eigenentwicklung und man rühmte sich, besonders zuverlässige Fahrzeuge zu bauen.
Man konnte aber auch Luxus, etwa mit dem Opel Kapitän, oder Rennsport, z. B. mit dem “grünen Monster”, einem Rennwagen mit 12,3-Liter-Motor im Jahr 1914. 1929 übernahm General Motors den deutschen Autohersteller. In der Folge nahmen die Amerikaner zunehmend Einfluss auf die Modellpalette, liessen die Zentrale in Rüsselsheim aber auch eigenständige Fahrzeuge entwickeln. Gute Beispiele sind der Opel Kadett, aber auch der Opel GT oder Opel Manta.
Im hinteren Teil der Schwetzinger Parkanlage konnte man sich einen Querschnitt durch die Markengeschichte zu Gemüte führen, der auch einen Opel Corsa A und einen Opel "Laubfrosch" beinhaltete.
… und viele andere Jubilare
Sowieso fehlte es an Jubiläen nicht.
Der Fiat 850 wurde 60 Jahre alt, also zeigten die Fiat-Freunde viele Variationen des Heckmotorkleinwagens, von der Limousine, über Coupé und Spider, bis zu Spezialkarosserien und Kleinserien.
70 Jahre alt wurde 2024 der "grosse Ponton" von Mercedes-Benz, Typ 220 (W180) genannt, gebaut von 1954 bis 1956. Zu sehen waren natürlich verschiedene Ponton-Modelle, viele davon schwarz lackiert.
Zudem wurde der Ford Mustang 60 Jahre alt, Borgward 85 Jahre und die Isabella 70 Jahre alt.
Und natürlich gab auch der 100. Geburtstag von MG Anlass für eine weitere kleine Sonderschau mit schönen Autos der Marke mit dem Oktagon.
Von ganz klein bis ziemlich gross
Schon immer wurden die ganz kleinen Autos in Schwetzingen ganz besonders gehätschelt.
Viele der heute “kultigen” Microcars standen im Schlosspark, so etwa mehrere BMW Isetta, ein NSU Print II, ein Kleinschnittger, Drei- und Vierräder von FMR/Messerschmitt sowie ein Peel P50, das sehr kleine Einpersonenauto aus Grossbritannien, das die Leute anzieht wie Käse die Mäuse.
Natürlich gab es auch grosse Autos, etwa die “Big Cats” beim Jaguar-Club, aber auch Edelklassiker von Packard oder Pierce-Arrow. Auch ein Mercedes-Benz 600 fehlte nicht, genauso wenig wie der “Grosse Borgward” P100.
Und selbstverständlich gab es auch wieder einige Sport- und Rennwagen zu sehen, so etwa einen Porsche 924 GTR oder einen Alfa Romeo RL.
Typisch für die Classic-Gala war auch die umfangreiche Auswahl an Autos der Gründerzeit, die noch durch einige Daimler- und Benz-Exponante im hinteren Teil ergänzt wurde.
Auch Autos mit Holzvergasern gab es zu sehen, für viele Besucher vermutlich das erste Mal überhaupt.
Exoten mit interessanten Geschichten
Immer wieder eine Reise nach Schwetzingen wert, sind Fahrzeuge, die man sonst noch nirgends zu Gesicht bekommen hat.
1973 entwickelten Eberhard Scharnowski und Klaus Arndt ihren eigenen Sportwagen in der DDR. Sie zielten auf eine möglichst gute Aerodynamik und tatsächlich schaffte das Rovomobil einen cw-Wert von 0,23. Der Zweiplätzer basierte technisch auf einem VW-1600-Chassis.
Die Karosserie besteht aus Kunststoff und sie weist unter anderem Klappscheinwerfer und Flügeltüren auf. Nur zwei Exemplare entstanden, Nummer 2 stand im Schlosspark von Schwetzingen. Dem rund 54 PS starken Wagen wird eine Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h attestiert. Der Wagen wurde in den Jahren 2015 und 2016 durch Wolfam Scharnowski und Ronald Maibaum restauriert.
Als Besonderheit verfügt der 900 kg schwere Wagen über einen damals sehr innovativen Kunststoff-Benzintank. Rovomobil 2 war stets von Leuten umlagert, die über die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte staunten.
Noch deutlich extremer als der DDR-Sportwagen wirkte der “Sam Foose Pantera”. Dieses Einzelstück wurde zwischen 1972 und 1975 vom Designer Sam Foose (1934-2018) gebaut.
Technisch basierte der Wagen auf einem De Tomaso Pantera, optisch erinnert der Keil mehr an den Protoypen Alfa Romeo Carabo.
Der Wagen verschwand in den Siebzigerjahren und kam erst vierzig Jahre später wieder zum Vorschein.
Eine komplett andere Geschichte gibt es zum NAG 219 Cabriolet aus dem Jahr 1934. Im Februar 1931 wurde ein Luxuswagen präsentiert, der als erstes deutsches Serienfahrzeug einen V8-Motor unter der Haube aufwies.
Die Autos waren sehr teuer und so wurden bis 1934 nur 50 Exemplare produziert, eines davon war das letzte verbliebene Cabriolet, das in Schwetzingen die Blicke auf sich zog.
Viele Pokale
Zwar nicht das Wichtigste, aber für Teilnehmer doch relevant waren die rund 90 Pokale, die anlässlich der beiden Concours verteilt wurden.
Die 40-köpfige Jury kürte den Bugatti Atalante aus dem Jahr 1936 zum "Best of Show".
Zweiter in dieser Wertung wurde der Talbot-Lago T26 Record von 1948 mit Graber-Cabriolet-Karosserie.
Auf dem dritten Platz landete der Rolls-Royce Phantom I Brougham aus dem Jahr 1926, ein wahrlich spektauläres Fahrzeug mit einer einmaligen Rokoko-Innenausstattung.
In der Wertung “Star of Classic-Gala” siegte der Ford Fairlane 500 Skyliner aus dem Jahr 1959, der auch den US-CCC-Hauptpreis vor einem Hudson Commodore von 1949 und einem Ford M von 1907 gewann. Zweiter “Star” wurde der Studebaker Avanti R2 von 1964, Dritter ein Jaguar XK 120 Drophead Coupé von 1954.
Die vollständige Liste der Gewinner und Preisträger wird später nachgereicht.
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