Als die Strassen des Westens von den Kleinwagen Goggomobil, BMW Isetta und dem Zündapp Janus befahren wurden, entwickelte der Osten den Trabant. "Die Bezeichnung Trabant sollte Symbol eines zuverlässigen Begleiters seiner Nutzer sein", so die Leitung des volkseigenen Betriebs in Zwickau. Die spezielle Bauweise der selbsttragenden Karosserie mit Metallgerippe und Kunststoffbeplankung wurde später auch von Renault beim Espace und beim Smart übernommen und modifiziert. Zunächst gab es auch kaum Wartezeiten, doch in der Regierungszeit Honeckers 1971 änderte sich die Wirtschaftspolitik und die Weiterentwicklung von Autos kam praktisch zum Stillstand. Die Produktionszahlen blieben stabil, der Bedarf stieg, damit auch die Wartezeiten. Dieser Stillstand in allen Branchen führte schlussendlich auch zum Untergang des Staates.
Am Parteitag präsentiert
Im Januar 1963, zu Ehren des Vl. Parteitags der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschland/DDR) wurde der Prototyp des P601 als Nachfolger des P60 präsentiert. Die modernisierte Karosserie-Linie des am 1. Juni 1964 in Produktion gegangenen Trabis stammt von Lothar Sachse. Im Dezember 1968 bekam der P601 einen von 23 auf 26 PS erstarkten Motor.
Am 22. November 1973 um 9 Uhr rollte der einmillionste Trabant vom Montageband. Der Trabant entwickelte sich ähnlich des Käfers zu einem absoluten Kultfahrzeug mit einer grossen Fan-Gemeinschaft.
Wie entstand die "Pappe"?
Der Autoindustrie im Osten fehlten in erster Linie Zulieferer von Feinblechen für die Karosserie. Importe waren, infolge der Embargo-Bestimmungen und des eigenen Devisenmangels, nur sehr begrenzt möglich. So kam als Ersatz der Kunststoff zum Einsatz. Langsam tastete sich eine Gruppe Spezialisten des VEB Forschungs- und Entwicklungswerk (FEW) in Zwickau an eine Lösung heran.
So entstand 1953 der Duroplast, dessen Endprodukt unter Hilfe des Pressens von fünf Textilfaserschichten und zwischengestreutem Phenolharz unter Wärmezufuhr, entstand. Das Material besteht zu 46% aus Baumwolle, zu 52% aus Phenolharz und 2% Trennmaterial.
Als Faserstoffe dienten Baumwollfasern aus Abfällen der DDR-Textilproduktion und vorwiegend nicht verspinnbare, kurze Baumwollkämmlinge, importiert aus der Sowjetunion. In speziell entwickelten heiz- und kühlbaren Niederdruckwerkzeugen erfolgte das Pressen der Formteile unter rund 400 Tonnen Druck. Die Formschalen wurden dabei auf 180 Grad erhitzt und vor der Entnahme der Rohteile wieder auf 90 Grad abgekühlt. Nach dem Zuschneiden waren dann die Duroplast-Karosserieteile montagefertig. Pro Jahr wurden rund 1,5 Millionen Duroplast Karosserieteile hergestellt.
Der kleine Wagen mit der baumwollverstärkten Duroplast Karosserie und dem typischen "Reng-Deng-Deng"- Sound des 26 PS Zweitakters erwies sich als erstaunlich robust. So hatte der Spruch "Hast du Hammer, Zange, Draht, kommst du bis nach Leningrad" durchaus seine Berechtigung.
Rennsport im Osten
Bis 1972 wurde der Rennsport noch vom Staat gefördert, doch dann konzentrierte man sich vor allem auf die olympischen Spiele. Motorsportler mussten aber weiterhin von ihrem Arbeitgeber für die Veranstaltungen "freigestellt" werden, was einem bezahlten Urlaub gleichkam. Auch eine voll umfängliche Versicherung war inklusive, es gab auch kein Startgeld zu entrichten, da sie welches bekamen. Dazu kam eine preisgünstige Versicherung für geschädigtes Material.
Als grosser Nachteil aber gab es keine permanente Rennstrecke in der DDR. Gefahren wurde auf verschiedenen Berg und Stadtkursen. Mitten in Leipzig, dann auf Autobahnabschnitten bei Dresden und Dessau, sowie auf den Naturrennstrecken Schleizer- und Frohburger-Dreieck und dem alten Sachsenring. Ganze Gegenden wurden abgesperrt und Autobahnen zu Parkplätzen für tausende von Fahrzeugen umfunktioniert. Hunderttausende von Fans reisten an.
Nun war es nicht so, dass man sich – wie im Westen – einen Rennwagen kaufen und damit an den Start gehen konnte. Alle Autos wurden in Eigenregie für den Sport aufgebaut. Ein Trabi wurde erst einmal richtig abgespeckt: Die Kunststoffkarosse wurde um die Hälfte dünner geschliffen, und so kam der Renn-Trabi von 612 auf leichte 572 Kilogramm. "Die Schleiffasern wurde man tagelang nicht mehr los. Das hat auch noch nach mehrfachem Duschen gejuckt", meint ein Besitzer einer Rennpappe.
Auch die feuerfesten Fahreranzüge konnten nicht im Shop geholt werden, so mussten imprägnierte Maureranzüge herhalten.
Die Oma als Retterin
Der Rennsport in der DDR wurde ab 1984 von den Omas gerettet, denn nur sie durften in den Westen reisen. Natürlich immer mit einem Wunschzettel des jungen Rennfahrers. Der Wechselkurs stand damals bei 1:10 so kostete ein Kanister "West"-Rennöl 190 Ostmark.
Ab 1970 hielt auch der Trabi seinen Einzug in die Rennszene, jedoch nie werksseitig. Seine Premiere feierte er auf dem Schleizer-Dreieck. Schon im Folgejahr schrieb der ADMV (Allgemeiner Deutscher Motorsport Verband) einen Pokal aus und ab 1977 wurde eine offizielle DDR-Meisterschaft ausgetragen. Mit fünf Titel und drei Vize-Titel war Klaus Schumann aus Braunsbedra in Sachsen-Anhalt der Bernd Schneider des Ostens. Der Thüringer Helmut Assman holte sich nicht nur den Meistertitel, sondern machte sich auch als grosser Tuner für den kleinen Zweitakter einen Namen. Seine 70 PS und die nötige Standfestigkeit dazu waren das Mass der Dinge. Damit erreicht ein Rennpappe 180km/h und spurtet von 0 auf 100 km/h in satten 7 Sekunden.
Werksseitig im internationalen Rallye-Sport
Werksseitig wurde der Trabant von der 1960 gegründeten Motorsportabteilung nur im Rallyesport eingesetzt. Diese Ostteams waren erst mit dem P50, ab 1964 mit dem P601 erfolgreich. Es gab unter vielen anderen Klassensiege bei der Rallye Monte-Carlo, der 1000 Seen Rallye in Finnland und auch an der Semperit-Rallye.
Die bekanntesten Fahrerpaarungen waren Eberhard Asmus mit Beifahrer Helmut Piehler und Franz Galle mit Jochen Müller, die einen Klassen-Doppelsieg bis 850ccm bei der Rallye Monte-Carlo 1970 einfuhren. Speziell für den Rallyesport entstand der 800RS mit einem auf 770 ccm aufgebohrten Motor, welcher satte 65 PS leistete. Dazu hatte er ein Fünf-Gang-Getriebe. In drei Jahren (1986-1988) wurden aber nur drei Exemplare gebaut.
Da der Tank klein und der Verbrauch mit 22 bis 24 Liter pro 100 km bei den Rallye-Fahrten sehr hoch war, kamen meist zwei Reservekanister in die Fahrzeuge. Bereits ein harmloser Unfall hätte da ein Feuerinferno auslösen können.
Christian Meischner beendete die Akropolis-Rallye 1977 mit leichten Wirbelverletzungen in einem dunklen griechischen Provinzkrankenhaus, nachdem er 60 Meter einen Abhang hinunter gekugelt war. Dank des Überrollbügels im P601 hat er überlebt. Nach drei Tagen wurde der verletzte Werksfahrer zusammen mit seinem Beifahrer Reiner Leonhardt, liegend in einem Trabant Kombi zurück nach Zwickau transportiert.
Schwarz und doch farbig
Der fotografierte Trabant P601 wurde 1984 gebaut und später zum Rennwagen umgerüstet. Dabei wurde nicht nur darauf hingearbeitet, schnelle Mechaniker-Eingriffe zu ermöglichen, sondern es wurde auch eine Feuerlöschanlage installiert und alles weggelassen, was nicht unbedingt lebensnotwendig war. Zudem war der Motor bei Helmut Assman in Kur und somit für über 60 PS gut.
Im Jahr 1989 trat der Wagen mit Helmut Seidl aus Ronneburg am Steuer unter anderem beim “Zentralen Training des ADMV” in Most an. Irgendwann ging Seidl bei einem Bergrennen wohl auch das Talent aus, er legte den Wagen aufs Dach und zeigte dabei den strömungsgünstig gestalteten Unterboden. Inzwischen steht er aber wieder wie eine Eins da und wartet auf seine nächsten Einsätze.
Technische Daten P601
- 2 Zylinder luftgekühlt
- Hubraum: 594,5 ccm
- Motorleistung: 26 PS bei 4200 U/min, Rennsport bis 70 PS
- V/max: als Strassenpappe: 100 km/h als Rennpappe: 165 km/h
- Verbrauch: 8,5 Liter pro 100 km (Serienmodell)
- Preis: 8300 DM
- Bauzeit: 1964 -1991
- Stückzahl: 3’096’099
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