Der diesjährige AVD Oldtimer Grand Prix bot für alle etwas - grosse und attraktive Startfelder, heisse Positionskämpfe, Motorenlärm vom Feinsten, Tag- und Nachtrennen und Sonne, Nebel und Regen. Die Zuschauer kamen in Strömen und die Fahrer dankten es ihnen mit beherztem Einsatz in ihren zweisitzen Rennwagen und GT bis 1965, Sportwagen aus den 60- und 70-er Jahren, historischen Formel-1-Wagen, Formel-Junior, oder DTM-Fahrzeugen. Soviel Rennhistorie und -technik kann selten in wenigen Stunden betrachtet werden und allein schon der Rundgang durchs Fahrerlager wog jeden Museumsbesuch bei weitem auf.
Highlight Nachtrennen der zweisitzigen Rennwagen und GT
Wer am Samstag bis um 19:30 ausharrte, wurde mit dem wohl spannendsten und interessantesten Rennen des Wochenende belohnt. Fast 50 zweisitzige Rennwagen und GT kämpften während einer Stunde um den Sieg. Die Starterliste war eindrücklich und reichte von einem Frazer Nash Le Mans MK2, über Vertitas RS, Maserati A6GCS, Allard J2, Alta Sports, HWM Jaguar und Jaguar C-Types bis zu mehreren Maserati T61/T63, auch als Birdcage bekannt. Die ältesten Fahrzeuge waren 62 Jahre alt, die jüngsten 49. Selten sieht man auch eine derartig vollständige Ansammlung von Lotus Sport- und GT-Wagen in einem Feld: Lotus Mk IX, Lotus Eleven, Lotus Eleven Le Mans, Lotus 17, Lotus 19 und Lotus Elite. Auch drei Elvas fanden den Weg in dieses Rennen, zwei Mk III und ein Courier. Mehrere Ferraris, weitere Maseratis, Mercedes SL und Aston Martins, Lister Jaguar, Austin Healey und Porsche (356) ergänzten das Feld und sogar ein MG Mistral war angetreten.
Der Start verlief problemlos und die Sportwagen-Meute fuhr in die Nacht hinein. Die meisten Autos fuhren mit Licht, dies konnte aber das schwindende Tageslicht nicht ganz ersetzen, so dass in den späten Minuten mancher einmal den Bremspunkt am Ende der Zielgerade verpasste und weitere Kreise fahren musste. Eine ganze Reihe von Strafen wegen zu schnellem Fahren in der Box, Nicht-Beachtens von gelben Flaggen und Unterschreitung der Boxenzeit, respektive zu frühem oder späten Gangs an die Boxen wurden ausgesprochen, was das Resultat beeinflusste. Das Rennen war geprägt durch packende Zweikämpfe, gekonntes und spektakuläres Fahren am Grenzbereich und eine unvergleichliche Stimmung beim Eindunkeln.
Siegreich waren am Ende Alan und Jason Minshaw aus Grossbritannien auf ihrem herrlichen Maserati Tipo 61 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 123.5 km/h. Zweite wurden David und Simon Ham auf einem Lister Jaguar, dritter Adrian Kraft auf einem Maserati und als vierte kamen Joos Tollenaar und Rolf Lamberty im hubraum- und leistungsmässig unterlegenen Lotus Eleven Le Mans S2 ins Ziel. Platz 5 ging an einen Kellison J4, danach folgten Ferrari 196 S, Maserati 300 S und mit dem Austin Healey MK1 der erste GT. Auf Platz 9 erreichte ein beherzt gefahrener Lotus Elite mit immer noch 112.5 km/h gefahrener Durchschnittsgeschwindigkeit die Ziellinie. Für die Augen und vor allem auch die Ohren - wie dunkler es wird ums stärker nimmt man die Geräusche wahr - war es auf jeden Fall ein Fest und wohl das Highlight der ganzen Veranstaltung.
Neu hinzugekommener Italian Historic Car Cup
Das Gesamtprogramm des AVD Oldtimer Grand Prix 2010 bot aber noch viele weitere sehenswerte Rennen, u.a. der neu ins Programm gekommene Italian Historic Car Cup, der eine unvergleichliche Auswahl an italienischen Preziosen an den Start brachte. Vom Alfa-Romeo 33/2 Daytona, zu Simca-Abarth, zu Ferrari 250 GT Berlinetta, 250 GT Drogo, 275 GTB, 365 GTB/4 Daytona bis zum Dino 196S, einer ganzen Meute von Maseratis 250 S, 300S, Tipo 61/63 Birdcage und Abarth Osella war alles vorhanden, was Geniessern das Wasser im Munde zusammenlaufen liess. Und auch die Freunde eines gepflegten Sounds wurden nicht enttäuscht! Schade, dass das Rennen am Sonntag buchstäblich ins Wasser fiel.
Das Wetter war generell ein Thema, mit schönstem und warmen Sommerwetter am Samstag und schon fast sintflutartigen Regenfällen am Sonntag. Die Eiffel machte ihrem Ruf alle Ehre. Der Wetterbericht, der für den Sonntag bis zu 70 Liter Regen pro Quadratmeter angekündigt hatte, sorgte wohl bei manchem potentiellen Besucher dafür, am Sonntag zu Hause zu bleiben. Mit über 60’000 Zuschauern blieb man dann auch etwas hinter dem Vorjahr zurück, das Ergebnis ist aber nachwievor eindrücklich. Insbesondere am Samstag war der Ring wohl besser besetzt als am Vortag eines Formel-1-Grand-Prix.
Farbenfrohes Revival der Deutschen Rennsport-Meisterschaft
Bei schönstem Wetter am Samstag hatten auch das Revival der Deutschen Rennsport-Meisterschaft 1972 bis 1981 seinen Auftritt. Klaus Ludwig gewann das Rennen mit dem frisch auferweckten Porsche 935 souverän, zweite wurde Daniel Schrey auf einem Porsche 935 K3, dritter Paul Singer auf einem weiteren Porsche 935. Leider kam der schnelle Ford Capri RS 3100 von Peter Mücke nicht so recht zum Laufen, beeindruckte aber trotzdem auf der Strecke. Schön anzusehen und anzuhören waren wie immer die BMW M1, CSL und die Corvette. Abgerundet wurde das Feld von vielen weiteren Porsche 911, 914/6, Ford Escord RS 1600, Ford Capri und sogar einem Opel Commodore GS und einem Alfa-Romeo 2000 GTV. Wunderschöne Autos, zumeist gekonnt bewegt, liessen die Herzen der Zuschauer höher schlagen.
Bei den World Sportscar Masters waren Sportwagen von 1963 bis 1973 am Start. Die ersten drei Plätze des Gesamtergebnisses zeigen die Breite des Feldes: Abarth Osella PA1, Lola T70 MK III B und Chevron B16. Platz 4 ging an den Porsche 908/3 von Uli Schumacher und Jacob Frank. Die weiteren Plätze zeigen Lola T70, Porsche 908 und 910, Chevron B8/B16 und sogar einen Cooper Monaco King Cobra und einen Ford GT40. Auch dieses Rennen war ein Höhepunkt für Augen und Ohren der Zuschauer.
Schade, dass die Orwell Supersports dieses Jahr durch Abwesenheit auffielen, genauso wie die letztes Jahr so spektakulär auftretenden Gruppe-C-Sportwagen. Aber alles hat im Tagesablauf des AVD OGPs natürlich nicht Platz.
Das Rennen der Grand Prix Masters mit Formel-1-Wagen aus den Jahren 1970-1983 wurde durch zwei Safety-Car-Phasen etwas in Mitleidenschaft gezogen. Die Fahrzeuge waren aber auf jeden Fall sehenswert und riefen manche Erinnerungen an die 70er-Jahre wach.
Für Anhänger der Renngeschichte aus den 30-er bis 50-er-Jahre waren die Historic Grand Prix Cars bis 1960 sicher eine Reise in die Eiffel wert. Gewonnen wurde das Samstag-Rennen vom Samstag durch Tony Smith auf seinem Ferrari 246 Dino, gefolgt von Allan Miles im Maserati 250F CM7 und Rod Jolley auf einem chrom-glänzenden Monza Lister Jaguar. Vierter wurde Hubert Fabri auf Aston Matin DBR4. Das Feld war bunt gemischt und wies mit Fahrzeugen wie dem ERA R9B oder dem Connaught B4 auch selten gesehene Raritäten auf. Auch hier wurde akustisch wie optisch - unterschiedlichste Motoren- und Antriebskonzepte - viel geboten und die Fahrzeuge beherzt bewegt. Am Sonntag fuhr dann der Monza Lister Jaguar den Sieg ein.
Wie immer war die Veranstaltung bestens organisiert und die Streckensprecher unterhielten die angereisten Zuschauer mit vielen spannenden Details aus der Geschichte des Automobilrennsports. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Demo- und Präsentationsläufe, so dass nie Langeweile aufkommen musste.
Bis nächstes Jahr dann!