Vom 5. bis 7. Juni 2015 pilgerten wieder Tausende von Rennsport-begeisterten Menschen in die Eifel, um der Historic Trophy Nürburgring beizuwohnen. Viele Rennserien für klassische Autos und Motorräder sorgten für viel Unterhaltung und den typischen Nürburgring-Groove.
Getrennte Rennen bei typischem Wetter
In der Eifel im Westen Deutschlands ist man wechselhaftes Wetter gewohnt und so war es denn auch am Freitag brüllend heiss, während am Samstagmorgen die Teilnehmer mit dichtem Nebel und kühlen Temperaturen zu kämpfen hatten, um sich daraufhin am Nachmittag wieder an wärmeres Wetter und Sonne zu gewöhnen, welche die Eifel auch am Sonntag wieder beglückte.
Während die Rundstrecken-Sprintrennen und die meisten der GLP-Prüfungen wie üblich auf dem 4,5 km langen Grand-Prix-Kurs organisiert wurden, führten einige Gleichmässigkeitsläufe über die 20,8 km langen Nordschleife, das Langstreckenrennen sogar über die Kombination der beiden Streckenabschnitte statt. .
Herbert Linge Pokal mit Potential
Die zu Ehren des Porsche-Urgesteins Herbert Linge ins Leben gerufene Serie war dieses Jahr zum zweiten Mal im Programm der Historic Trophy dabei. Die Besonderheit dieser Serie ist, dass ausschliesslich Porsche-Fahrzeuge, also 356, 912, frühe 911 und Porsche Sport- und Prototypen teilnahmeberechtigt sind. Gefahren wurde eine einstündige Gleichmässigkeitsprüfung mit Fahrerwechsel und Zwangsboxenstopp.
Eine Armada von 356 war zu sehen, was sicher auch damit zu tun hatte, dass der 356 Club Mitorganisator der Veranstaltung war. Zudem gab es nebst ein paar 911ern vereinzelt auch andere Porsche-Sportwagen zu sehen. Leider hielt man vergeblich Ausschau nach Prototypen oder Besonderheiten der Marke Porsche, von denen es ja doch einige gäbe und welche das Rennen aus Zuschauersicht noch interessanter gemacht hätten. Die Piloten aber waren begeistert, fühlten sich sich mit ihren meist komfortabel motorisierten Sportwagen ausnehmend wohl auf dem Nürburgring.
Der weit herum bekannte Rennfahrer und Namensgeber Herbert Linge war selber vor Ort und kommentierte das Rennen von der Sprecherkabine aus und wohnte der Pokalübergabe bei.
Sehenswerter Kampf der Zwerge
Die Rennserie "Kampf der Zwerge" der kräftig motorisierten Kleinwagen aus deutscher, englischer, französischer und italienischer Fertigung ist nicht nur für Zwerge-Liebhaber und -Fans immer wieder ein spannendes Erlebnis. Hier wurde einmal mehr spannender Rennsport mit packenden Zweikämpfen geboten. Das Rennen dauerte 30 Minuten, mit dabei waren auch Stefan Schmelter und Lutz Gerstdorf, welche beide in einem NSU TT auf dem Nürburgring den vierten Lauf der KdZ-Serie fuhren.
Die beiden TT-Piloten meinten im Gespräch, dass Rennen auf dem Nürburgring für sie nicht so herausfordernd seien, da der Grand-Prix-Kurs halt einfach vor allem viel Leistung brauche. So war es auch dieses Jahr wieder schwierig, mit einem NSU in die vorderen Ränge zu kommen, da die besten NSU rund 110 PS, die Minis (aufgrund eines anderen Reglements) aber locker 130 PS auf die Räder brachten und dies bei geringerem Gewicht. "Spass am Fahren hatten wir aber trotzdem", erzählten die grinsenden NSU-Fahrer.
Und so hatte denn am Ende ein Mini-Pilot die Nase vorne, Thomas Klingelhöfer erhielt den Siegerpokal. Auf zweiter Position liefen Christoph und Michael Wilde im Simca Rallye 2 ein, Platz 3 ging an einen weiteren Mini, auf Platz 5 folgte immerhin der erste NSU TT.
Tourenwagen-Revival
Seit 2009 gehört auch das Tourenwagen-Revival zum Programm der "Trophy". Hier kommen Boliden der DRM sowie der DTM bis Baujahr 2000 wieder auf die Strecke. Dieses Jahr war das Fahrzeugfeld deutlich kleiner und auch wenig abwechslungsreich. Nebst den echten Rennfahrzeugen, darunter ehemalige Wagen von Cecotto, Ludwig und Lohr, waren Repliken und Nachbauten am Start.
Bezüglich Sound und Erinnerungen an spannende Tourenwagenrennen bot das Revival aber immer noch gute Unterhaltung.
Formel-Sport der Kleinen
In der Formel Vau und Super Vau wurde beherzt gefahren und mit Eifer um Positionen gekämpft. Die kleinen Formel-Autos, die einst mit kleinen Budgets gebaut wurden, begeistern auch heute noch.
Beim AvD Historic Race Cup fanden Fans des Formelsports ihre Lieblinge wieder, angefangen bei der Formel Junior. Auch beim Histo Cup gingen nur einsitzige Rennwagen an den Start.
Altes auf Altem
Der Faszination der röhrenden Vorkriegsfahrzeuge konnte man sich kaum entziehen. Am FHR Vintage Nürburgring waren die Boliden der Baujahre 1900 bis 1940 am Start und sorgten rund um die Nordschleife für Gänsehaut. Die alten Kraftprotze auf einer Strecke von 1927 - der Nürburgring wurde bekanntlich am 18. Juni 1927 eingeweiht - zu sehen, passte irgendwie und war quasi altersgerecht.

Elegante Gran Turismo
Natürlich geht es im historischen Rennsport nicht um die Schönheit. Die Fahrzeuge der Serie FHR HTGT hätten aber sicher die Chance gehabt, auch Schönheitspreise zu gewinnen. Insbesondere die recht zahlreich vertretenen Chevron B16 kombinieren Effizienz und Eleganz aufs Beste.
Max-Gerrit Westhoff fuhr seinen Sportwagen mit der Startnummer 240 denn auch auf den ersten Platz, gefolgt von einer herrlich brachialen Chevrolet Corvette C3 in Le-Mans-Aufmachen, gesteuert durch Wolfgang Schachlinger. Dieter Lehner aus der Schweiz setzte seinen Shelby Mustang GT 350 auf den dritten Platz und machte das DACH-Terzett komplett.
Moderne Serien mit dabei
Dieses Jahr waren einige modernere Serien dabei. So beispielsweise auch die Porsche Club Historic Challenge (PCHC), welche seit 2014 als internationale Rennserie für den Porsche Club Deutschland an den Start geht, bei der modernere Fahrzeuge überwiegen. Klanglich und auch optisch war dies aber durchaus attraktiv und mancher Zuschauer freute sich wohl über diese Ergänzung des Programms.
Auch der Hankook Cup und die Tourenwagen Trophy gehören eher zu den moderneren Serien und lockten viele Teilnehmer in die Eifel.
Unfälle und Nebel sorgen für Verzögerungen
Dichter Nebel am Samstagmorgen sorgte dafür, dass einige Läufe, z.B. der erste Lauf beim Kampf der Zwerge, abgebrochen werden mussten, da die Sicht zu eingeschränkt war. Auch die Fahrer berichteten, dass sie teilweise kaum die Hand vor ihren Augen sahen. Ebenfalls abgebrochen werden musste das Zeittraining zum Langstreckenrennen, dies bereits in der ersten Runde. Diese Abbrüche und Verzögerungen warfen leider am Samstag den gesamten Zeitplan tüchtig durcheinander.
Zusätzlich für Behinderungen sorgte ein schwererer Unfall bei den Motorrad-Seitenwagen am Abend, als ein Gespann aufgrund Öls auf der Strecke heftig ins Schleudern geriet, wobei sich Fahrer und Beifahrer verletzten.
Leider blieb auch der Sonntag nicht von Unfällen verschont, so landete in der HTGT ein Fahrzeug in der sehr engen NGK-Schikane auf dem Dach. Auch dies führte erneut zu Verzögerungen.
Nordschleife sorgte wie immer für Spannung
Ein Höhepunkt des Wochenendes war natürlich das Langstreckenrennen rund um die verlängerte Nordschleife. Wie immer sorgten die rund 25 km für unterschiedliche Wetterverhälltnisse. Während es an einem Ort schön und sonnig war, beschränkte auf anderen Streckenteilen Nebel die Sicht oder die Strasse war gar nass. Aus Zuschauersicht hat eine derartig lange Strecke aber auch Nachteile, zieht sich doch das Rennwagenfeld arg auseinander. Die Nordschleife bietet aber, wie kaum eine andere Rennstrecke, sozusagen naturbedingt tolle Zuschauerpunkte, wo man noch richtig sehen kann, wie gut ein Fahrzeug liegt und wie optimal ein Rennfahrer die Strecke meistert. So war das Langstreckenren, das zu diesen Beobachtungen ja viel Gelegenheit bot, auch 2015 sehr beliebt.

Gefahren wurde um die Youngtimer Trophy und den FHR Langstrecken Cup. Zahlenmässig überwogen die "Jungen" im Starterfeld und Porsche zeigte als Marke eine beeindruckende Präsenz.
Bei den "Alten" siegte schliesslich der schnelle Ford GT40 mit Jason Wright und Andrew Wolfe am Lenkrad, die Youngtimer Trophy entschied Michael Schrey auf dem Porsche 935 K1 für sich, er absolvierte 18 Runden in drei Stunden, fuhr die 25 km lange Strecke also im Schnitt in rund 10 Minuten ab.
Ein Farbtupfer im von BMW und Porsche dominierten schnellen Youngtimerfeld war der Opel Ascona 400, der auf Platz 6 einlief, auf Platz 13 fand sich ein weiterer Opel, nämlich Ascona A.
Herrlich anzuschauen bei den älteren Fahrzeugen war unter anderem eine Alfa Romeo 1900 Limousine, die man nicht allzu oft bei historischen Rennen in unseren Breitengraden antrifft.
Dass nicht immer alles optimal abläuft, zeigte unter anderem das Schicksal von André Sommerberg, der mit seinem Youngtimer BMW 530 zwar von der Klassen-Pole-Position starten konnte, aber schon in der fünften Runde mit technischem Defekt - Kipphebel gebrochen - aufgeben musste, ale er bereits in den Top-30 mitfuhr. Sein Wagen, ursprünglich gemäss Gruppe 1 aufgebaut, wurde mit überschaubarem Aufwand für die Youngtimer Trophy umgerüstet und weist ein Viergang-Getrag-Getriebe auf, das BMW damals extra für dieses Fahrzeug in Auftrag gegeben hatte. "Der erste Gang reicht bis 100 km/h", schmunzelte Pilot André Sommerberg, der zusammen mit Sabine Schmitz' Bruder untewegs ist.
Wenig Neuartiges an der diesjährigen Historic Trophy
Insgesamt zeigte die Historic Trophy ein weitgehend aus anderen Jahren bekanntes Grundprogramm, das zwar ein buntes Fahrzeugfeld bot, aber ohne richtig grosse Highlights oder Besonderheiten daherkam. Das Wetter war wechselhaft, aber grossteils doch angenehm, die Rennen mal interessanter, mal weniger spannend, aber ab und zu hätte man sich durchaus ein wenig mehr Programm, Spannung und Abwechslung gewünscht.

Am Freitag kamen kaum Zuschauer, am Samstag war es dann aber dafür besonders voll und viel Publikum war auch an der Nordschleife präsent. Das Fahrerlager war gut besucht und es gab einen kleinen Platz für Markenclubs im Paddock mit GLP-Fahrten am Freitag und Sonntag.

Das "Line-Up" erinnerte insgesamt an den Preis der Stadt Stuttgart in Hockenheim, was aber niemanden störte. Man kam durchaus auf seine Kosten und dem Charme der Nordschleife kann man sich sowieso nicht entziehen ..., wie die über 300 Bilder in den zu diesem Artikel publizierten sechs Fotogalerien eindrücklich zeigen.
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