Die Veranstaltung “Kilomètre Lancé”, die im Rahmen der St. Moritzer Automobilwoche 2021 vom 10. bis 12. September 2021 durchgeführt wurde, war etwas für Frühaufsteher. Zumindest hatte man diesen Eindruck am Samstag, als erste Zuschauer schon vor 07:30 anmarschierten, um einen Blick auf die rasenden Boliden zu erhaschen, die sich zum Start bereit machten.
Begonnen hatte der Anlass bereits am Vortag, für Fotografen und die ersten Besucher gab es Probeläufe zu sehen.
Renn- und Demoläufe am Samstag
Ab 08:30 waren am Samstag dann die schnellen Automobile auf dem Flugplatz von Samedan im Oberengadin unweit von St. Moritz am Start, einzeln fuhren sie den Kilometer auf der Start- und Landepiste, so schnell es halt mal eben ging, ab. Da kamen schon beeindruckende Spitzengeschwindigkeiten dabei heraus und auch die Zeiten, die erzielt wurden, konnten sich sehen lassen. Dass die modernsten Autos dabei die Nase vorne hatten, versteht sich von selber. Aber auch die historischen Rennwagen liessen nichts anbrennen.
Nach den Autos folgte der “Classic Sprint” über die Viertelmeile für die rund 16 Motorräder.
Anschliessend folgten Demoläufe über den Kilometer und schliesslich die “Power Class” mit weiteren Motorrädern über die Viertelmeile.
Am Nachmittag gab’s dann weitere Rennläufe der Motorräder (1/8-Meile Mann gegen Mann mit KO-System) und Demoläufe der Automobile.
Den Ausklang machten die “KML”-Party am Abend und ein ruhiger Sonntag.
Ohne Probleme
Die Rennläufe am Samstag liefen weitestgehend problemlos ab, ab und zu musste ein Automobil zwar zum starten bewegt werden, aber das war vor 60 und mehr Jahren auch nicht anders.
Während auf Veranstalterseite eine gewisse Anspannung spürbar war, nahmen es die Teilnehmer locker, stellten sich gerne dem Gespräch mit den Besuchern und zeigten sich in ihren oftmals historischen Rennanzügen fotogen.
Interessante Fahrzeugmischung
Am Start waren einige hochinteressante Rennwagen der Vergangenheit. Der Blitzen Benz aus dem Jahr 1909 ist ein wahres Hubraum-Monster. 21,5 Liter Hubraum verteilen sich auf nur vier Zylinder. Mit den richtigen Ritzeln und entsprechender Übersetzung kann der kettengetriebene Wagen auf einen Kilometer theoretisch eine Geschwindigkeit von rund 190 km/h erreichen.
Der Weltrekord, der 1911 mit aerodynamischer Karosserie in Daytona damit gefahren wurde, lag sogar bei sagenhaften 228,1 km/h. Dieser Rekord hielt damals zehn Jahre. Ganz so schnell liess es der Benz in Samedan dann aber doch nicht angehen, ab 27,48 Sekunden für 1000 m mit stehendem Start durften sich durchaus sehen lassen.
Der Jaguar XK 120 galt einst als schnellstes Serienfahrzeug der Welt. “MDU 524” (XK 120 von 1952) erreichte unter Norman Dewis 141 mph, nur um diesen Rekord kurz darauf an einen Pegaso Z-102 BS 2.8 wieder zu verlieren.
Jaguar fasste daraufhin den Entschluss, die Angelegenheit ein für alle Mal zu regeln und trat erneut in Jabbeke an. Mit ein paar neuen Modifikationen erreichte der Wagen schließlich 172,4 mph = 277,5 km/h.
Der Fiat Abarth 500 Record Pininfarina von 1958 hat mit dem allseits bekannten Fünfzigerjahre-Kleinwagen von Fiat nicht mehr viel gemein, nur der Motor mit zwei Zylindern und 479 cm3 wurde übernommen.
Dank der schnittigen Karosserie aus dünnem Aluminium wog der Wagen nur 370 kg und schaffte trotz bescheidener 36 PS glatte 180 km/h – eine stolze Geschwindigkeit in dieser Klasse!
Der Fiat-Abarth 1000 Record Pininfarina „La Principessa“ aus dem Jahr 1960 gehört zu den letzten auf Höchstgeschwindigkeit getrimmten Kreationen, die Pininfarina und Carlo Abarth in die Welt setzten.
Mit einem cW-Wert von 0.27 reichten schon überschaubare PS-Leistungen und Hubräume, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.
Am Start war auch der Wisconsin Special aus den Zwanzigerjahren, mit dem Sig Haugdahl am 7. April 1922 mit 180 MPH (ungefähr 292 km/h) einen Land Speed Record in Daytona Beach einfuhr, der allerdings vom AAA nicht anerkannt wurde. 250 PS brachte das windschlüpfrige Ungeheuer dank eines Wisconsin-Flugzeugmotors aus der ersten Weltkrieg mit immerhin 13,6 Litern Hubraum auf die Strasse. Auf der Start- und Landepiste von Samedan benötigte der Special 30,56 Sekunden für den stehenden Spurt über 1000 Meter Distanz.
Die erwähnten Fahrzeuge waren allerdings weder die stärksten, noch die schnellsten Fahrzeuge im Engadin an diesem Samstag. Schliesslich standen am Start u.a. auch ein Maserati 250F, ein Ford Galaxie 500, ein TVR Griffith 400, ein Alfa Romeo Giulietta Sprint SZ, einige Vorkriegs-Specials, diverse Porsche und einige neuzeitliche Supersportwagen. Ein Bugatti Divo legte übrigens den Bestwert des Tages mit 17,2 Sekunden für den Kilometer mit stehendem Start auf dem Engadin Airport hin.
Für’s Publikum aber dürften die alten Rekordfahrzeuge der Hauptgrund gewesen sein, nach Graubünden zu fahren, wenn sich das Interesse nicht mehr auf die ebenfalls spannenden Motorräder richtete.
Mitmachen vor Sieg
Am Ende des Tages zählte natürlich der olympische Gedanke. Mit der ersten Durchführung des “Kilomètre Lancé” als Teil der Internationalen St. Moritzer Automobilwoche ist der Grundstein für weitere Steigerungen in den kommenden Jahren gelegt.
Die “St. Moritzer Automobilwoche” hat damit erst begonnen, denn während der Woche, speziell aber am Wochenende vom 17. bis 19. September 2021 gibt es im Raum St. Moritz noch einen Concours d'Elégance, eine Versteigerung von RM/Sotheby’s und schliesslich das bereits gut eingeführte Bergrennen Bernina Gran Turismo auf den Berninapass zu besuchen.
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