Autos aus Zürich, die Ausstellung in einer alten Industriehalle in Zürich-Seebach, auf dem Gauss-Stierli-Areal, stellt seit dem 1. November bis voraussichtlich Ende Januar 2026 einige der rund 39 im Kanton Zürich bekannten Autohersteller der Vergangenheit und der Gegenwart in ihr Zentrum. Dabei geht es darum, in den historischen Hallen auf dem Gauss-Stierli-Areal an die Industriegeschichte und einen Treiber des industriellen Fortschritts des 20. Jahrhunderts zu erinnern.
Ein kleines Team rund um SHVF-Präsident Daniel Geissmann, mit der Unterstützung verschiedener Partner und ganz besonders des neuen Besitzers des Gauss-Stierli-Areals, des Immobilieninvestors Werner Hofmann, gestaltete quasi in einem ad-hoc-Effort eine kleine Ausstellung mit rund 10 Automobilen und einer Draisine aus Zürcher Produktion.
Objekte organisieren und Ausstellungskatalog drucken
In etwa sechs Wochen hätten sie die Ausstellung beisammen gehabt, mein Geissmann bei unserem Besuch. Es ist ein nasskalter Sonntag und in der alten Industriehalle ist es in etwa so kalt wie draussen vor der geöffneten Eingangstür. Die denkmalgeschützte Halle an der Schaffhauserstrasse 468 in 8052 Zürich hat gewiss schon bessere Tage gesehen, faszinierend bleibt sie aber trotzdem, denn in ihrer schieren Grösse und dem fast schon schmücken Äusseren mit ihrer Backsteinfassade gehört sie in eine Epoche, als überall in den damaligen Vororten von Zürich Industriebetriebe mit ihren rauchenden Schloten angefangen hatten, eine prosperierende Zukunft zu versprechen.
Im Eisenbahndreieck zwischen der damaligen Nordostbahn und der Nationalbahn 1899 entstanden, wurde das Fabrikareal durch die Verbindung der beiden Bahnlinien 1909 quasi zwischen den Schienen eingeschlossen. Das ist bis heute so. Demnach gilt es für einen Besuch des Geländes, zunächst am Ende der kurzen Zufahrtstrasse einen bewachten Bahnübergang zu überqueren. Auf dem Gelände selbst gibt es reichlich Platz, so dass die Parkplatzsuche kein Problem sein dürfte.
Hallenromantik
Ein ehemaliges London-Taxi weist den Weg zur Eingangstür in die Halle, innen überrascht diese mit ihrer lichten Höhe und viel natürlichem Licht. Die genieteten Eisenträger der Dachkonstruktion wirken zwar etwas angerostet doch soweit robust. Eine Klanginstallation simuliert die Geräusche in einer Werkhalle. Festbänke bilden einen Ort, an dem es sich verweilen lässt, die Autos sind schnell gefunden, aufgeteilt in zwei Reihen zwischen den Säulen.
Dazwischen berichten Stehlen von den 39 von den Kuratoren ausgemachten Zürcher Automobilmarken, wobei bei manchen heute kaum noch mehr als ein Bild und einigen wenige Kenndaten ihrer Existenz und der Produktionsort bekannt sind.
Viele der ausgestellten Objekte stammen aus dem Fundus des Verkehrshauses, dieses wiederum hatte damals noch manches Fahrzeug von den Firmen selber, die einst in die Produktion derselben involviert waren, geschenkt erhalten.
Ein gutes Beispiel ist der Rapid, die Kleinwagenkonstruktion von Josef Ganz, der diesen in seiner Zeit als er im Zürcher Exil lebte, konstruiert hatte und von dem gut drei Dutzend Exemplare kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden waren.
Turicum und Fischer
Martin Fischer und Paul Vorbrodt gründeten 1904 ein Unternehmen, das den lateinischen Namen Zürichs trug: Turicum. 1907 siedelte sich der Hersteller in Uster an, Martin Fischer trennte sich 1908 von dem Unternehmen und gründete seine eigene Autofabrik, Fischer. Ein Wagen aus dieser Produktion wurde in den 1960er-Jahren von Lehrlingen des Schweizerischen Carrosserieverbandes als Schnittmodell neu aufgebaut und dem Verkehrshaus der Schweiz geschenkt, es diente damals als Beispiel für klassischen Carrosseriebau mit Holz als Trägermaterial, auf das die handgedengelten Bleche aufgebracht worden sind.
Ein Auto aus der Pionierphase des pferdelosen Wagens ist der Weber von 1899, die Konstruktion des Unternehmens aus Uster besticht durch einen stufenlosen Riemenantrieb. Auch dieses Fahrzeug stammt aus dem Depot des Verkehrshauses der Schweiz.
Schiene und Strom
Kein Auto, sondern eine Draisine mit V2 Motor von MAG baute die Firma Asper um 1920. Das meterspurige Gefährt diente einst für Inspektionsfahrten auf der Bergstrecke der ehemaligen Furka-Oberalp-Bahn FO (heute Matterhorn-Gotthard-Bahn) und verfügte zu diesem Zweck über ein Zahnrad für die Steilstrecken. Bis 1960 soll das Gefährt mit drei Vor- und drei Rückwärtsgängen im Betrieb gewesen sein.
Von ganz anderem Kaliber ist hingegen der Tribelhorn Lastwagen der Maschinenfabrik Bühler in Winterthur, das 1919 gebaute Fahrzeug, in den 1930er-Jahren mit einer neuen Kabine versehen, leistete Transportdienste zwischen der Fabrik und der Verladerampe des nächsten Güterbahnhofs. Der Elektrolastwagen stammt aus einer Serie von etwa 700 Fahrzeugen, die ab 1906 in Feldbach am Zürichsee von Johann Albert Tribelhorn, ab 1918 in unmittelbarer Nachbarschaft zur Motorwagenfabrik Arbenz in Zürich gebaut worden waren. Sein Unternehmen ging 1923 in die EFAG auf, bis 1927 an der Zürcher Badenerstrasse, danach in Oerlikon domiziliert. 1937 kaufte der damalige Verkaufschef Hans Weiss die Firma und führte diese als NEFAG weiter. Nach weiteren Stationen etwa über die MOWAG ist der Stammbaum dieses Herstellers bis heute mit der Klingler Fahrzeugbau AG in Stans lebendig.
Luxus, Querdenken und Freizeitspass
Werner Risch importierte, montierte und verkaufte in der Roten Fabrik, heute einem Kulturzentrum der Stadt Zürich in Wollishofen, Automobile der Marke Packard. Zwar waren es primär ganze Chassis, die in der Schweiz karossiert wurden, doch auch einige CKD-Kits wurden in Zürich montiert, die «Swiss Packard». Das ausgestellte Exemplar gehört zwar nicht zu diesen, doch der Wagen mit Achtzylindermotor wurde immerhin in Zürich verkauft um danach bei der Firma Hermann Graber in Wichtrach im Kanton Bern karossiert zu werden.
Ein sehr ungewöhnliches Fahrzeug war der Peraves des Schweizer Ingenieurs Arnold Wagner. Mit der Leitung eines normalen Motorradmotors, in diesem Falle einer BMW K100, erreichte er mit seinem Einspurfahrzeug mit ausfahrbaren Stützrädern und vollverkleideter, aerodynamischenr Kabine Geschwindigkeiten wie ein damaliger Supersportwagen. Bis 2016 entstanden 185 solche Fahrzeuge in Handarbeit, seit 2017 wird eine elektrifizierte Version in Tschechien gebaut.
Einen Nachbau des MG TF mit modernster Technik baute von 1998 bis 2001 die Garage Minelli in Pfäffikon ZH. Rund 16 Stück des überraschend nahe am Vorbild gestalteten Roadsters sind entstanden.
In eine gänzlich andere Richtung als gemütliches Cruisen weist der Leblanc Caroline GTR. Der von Rolf Wyss (Leblanc bezieht sich auf seinen Familiennamen) 1999 gebaute Wagen ist nichts weniger als ein Sportprototyp mit Strassenzulassung, irre und mit 512 PS aus einem Zweiliter-Turbomotor und nur 785 Kilogramm Gewicht zugleich faszinierend.
Zürcher Inspiration und Management
Zwar wird der Microlino, der von der Isetta inspirierte, elektrische Kabinenroller, in Italien gebaut, doch der Firmensitz samt Management des Microlino befinden sich in Küsnacht am Zürichsee. Die Familie Ouboter hat mit ihrer Idee eines kleinen, doch perfekt wettergeschützten Citymobils mit Überlandqualitäten – das Ding läuft immerhin über 90 km/h und ist damit Autobahntauglich – die Welt überrascht, bereits sind mehrere Tausend Exemplare ausgeliefert und unterwegs.
Und natürlich darf auch ein Formel-1-Rennwagen von Sauber aus Hinwil in der Ausstellung nicht fehlen. Genauso wie beim Microlino ist diese Geschichte noch längst nicht zu Ende und sorgt dafür, dass der Kanton Zürich durch seine Bedeutung nicht nur viel Autoverkehr zu tragen hat, sondern auch als Standort für die Schweizer Fahrzeugproduktion weiterhin von Bedeutung ist.
Dies ist die Konklusion nach einem Besuch im Gauss-Stierli-Areal, der sich besonders dann lohnt, wenn man sich gerade in der Gegend befindet und sich nochmals eine kleine Ausfahrt gönnen will. Aktuell soll die Ausstellung noch bis 16. November dauern, bei anhaltendem Interesse wollen die Organisatoren diese allerdings bis Ende Januar weiterführen. Der Eintritt ist im Prinzip frei, es gibt jedoch eine Türkollekte zugunsten des Nachwuchsförderprogramms young4vintage des Oldtimer-Dachverbands SHVF.
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