Nein, der Rückwärtsgang ist nicht verboten, wenn alle zwei Jahre des VW Coccinelle Club Lemania im Pays d'Enhaut, dieser Gegend von Bulle hoch in Richtung Saanenland, mit Gstaad als bekanntestem Ort, das grösste Schweizer VW-Treffen organisiert. Doch eben, Stichwort «Rückwärtsfahrer»: Um daran teilnehmen zu können müssen drei Kriterien erfüllt sein: 1. Es ist ein VW, 2. Der Motor sitzt hinten und 3. Wenn er anderswo eingebaut ist, dann muss er von VW und luftgekühlt sein. Generell aber sollte der Motor also hinten zu finden sein. Wer somit gemäss VW-Community mit einem Auto konventioneller Bauart unterwegs ist – mit Motor vorne – fährt permanent falsch herum Auto.
Aus diesen Minimalanforderungen ergibt sich eine Mischung aus rund 1220 Fahrzeugen mit ihren Besatzungen, die sich auf der Wiese etwas unterhalb des Dorfes, rund um die Gebäude der Landwirtschaftlichen Genossenschaft, vom 22. bis zum 24. August 2025 trafen. Wie sich unschwer feststellen liess, war der Mix mittlerweile bei rund 50 zu 50 Prozent zwischen VW Käfern und deren Derivaten wie Karmann, Typ3 und einigen Buggys und Sondermodellen einerseits und VW Transportern in allen Versionen auszumachen. Dazwischen gab es die Exoten wie Traktoren, Schneefräsen oder ein einzelner Porsche 356, der das bunte Bild ergänzt.
Schon immer kam das Treffen einem grossen Campingplatz gleich, das liegt in der Natur der Sache, zum Glück sehen es die Organisatoren mittlerweile etwas weniger streng, wenn auch Wohnwagen und dergleichen im Schlepptau der Teilnehmerfahrzeuge mit dabei sind.
Denn Zubehör ist wichtig, das beginnt mit einem Dachträger und hört mit dem gesamten Katalaog an Campingzubehör auf, das in den 1960ern beispielsweise für einen T1 Transporter erhältlich war.
Mehr schauen, weniger cruisen
Etwas aus Mode scheint das Cruisen gekommen zu sein: Ein Pick-Up, einige Sessel drauf, eine lustige Gesellschaft dazu und los zur Runde durch das Gelände. Einzig ein mit VW-Motor befeuerter Meili Traktor mit einer Art Bar-Anhänger sorgte heuer für etwas immer wiederkehrender Besuch in den langen Reihen parkierter Autos.
Nach einem Wolkenbruch noch am Donnerstag, blieb das Wetter in der Folge das ganze Wochenende trocken, was der Wiese sichtlich geholfen hat, nicht umgehend in einen Acker verwandelt zu werden. Le Pâturage, die Wiese also, war bereits am Samstagmorgen randvoll, für den Autor gab es gerade noch die Auswahl von drei Plätzen ganz am Ende des Geländes. Allerdings ist dies – genau wie bei einem Musikfestival – selten ein schlechter Ort, wenn einem etwas Nachtruhe lieb ist.
Dass gefeiert wurde, ist klar, ebenso deutlich ist das Meeting in Château d'Oex aber auch stets ausgesprochen Familienfreundlich. Für die jüngsten VW-Fans gab es eine grosse Spiel- und Bastelecke an bester Lage direkt beim Eingang zur Haupthalle, einen Haribo-Stand mit Kilopreisen und sonstige Versuchungen aller Art, nicht nur mit VW-Bezug.
Auffällig war heuer die Marktzeile mit Teilehändlern. Die Angebote waren interessant und vielfältig, stets willkommen ist auch der mobile Schlüsselservice, der den einen oder anderen VW wieder mit einem authentischen Set ausrüsten konnte – statt eines hässlichen Ersatzschlüssels. Der Natur der Sache entsprechend – wie bereits erwähnt trug etwa die Hälfte der anwesenden Fahrzeuge den Namen «Transporter» bereits im Namen – haben auch grössere Gegenstände die Besitzer gewechselt, von NOW-Stosstangen bis zu Teilsynchron-Getrieben, wie sie in frühen Käfern und Transportern verbaut wurden.
Zwei, drei Fehlende und mancher Trend
Was zunehmend auffällt ist die Tatsache, dass es offenbar immer einfacher wird, VWs deutlich zu modifizieren und dennoch zuzulassen. Die Zahl tiefergelegter Käfer und Transporter ist in den vergangenen 15 Jahren signifikant gestiegen. Was dafür gemäss dem Geschmack des Autors etwas fehlte, war die breite Vielfalt verschiedenster Transporter im Originalzustand, etwa eine schöne Pritsche eines T3 ohne allzu viel Schnickschnack. Ebenso mit Abwesenheit glänzten die Hebmüller-Käfer. Die Schweiz war einst einer der Hauptabsatzmärkte für das formschöne Zweisitzer-Cabriolet, wovon bis zum Brand in der Fabrik nur rund , heute ist manches davon – noch immer mit dem Chrom-CH auf dem Heckdeckel – in Ausländischer Hand.
Doch man sollte sich darüber nicht beklagen, der letzte Hebmüller wurde nach Jahren ausgebrannt in einem Gebüsch liegend in einem Walliser Seitental von der bekannten Sammlerfamilie Grundmann geborgen, dies nachdem sich offenbar niemand hierzulande ernsthaft um eine Bergung des seltenen Stücks bemüht hat. Auch in Sachen Schweizer Carrosserie-Umbauten war die Zahl anwesender Fahrzeuge sehr bescheiden. Ein Käfer Pick-Up wurde immerhin gesichtet. Setzt man den Marktwert einzelner solcher Fahrzeug in Relation zu ihrer Zahl in Château d'Oex (für unsere deutschen Leser, der Ort wird Schato-döö ausgesprochen) dann erklärt sich ihre zunehmende Abwesenheit.
Erfreulich ist in Château d'Oex, im französischsprachigen Teil der Schweiz, die Anwesenheit vieler Teams aus dem benachbarten Ausland – oder etwas weiter wie beispielsweise aus Belgien. Die Sprache, durchgehend Französisch, so auch die Informationen per Lautsprecher, ist dazu kein Hinderungsgrund.
Was auch mehr als bemerkenswert bleibt für ein Meeting von solcher Grösse und Vielfalt, ist der Umstand, dass es nach wie vor keine Anmeldung dazu braucht. Dies ist ein Drive-In-Anlass und als dieser hat es die Crew rund um den Coccinelle-Club Lemania hervorragend im Griff, die Abfertigung speditiv bei der Einfahrt durchzuführen. Nur einige wenige, besonders als sich die letzten freien Plätze zu füllen begonnen haben, haben sich beklagt, dass niemand ebensolche freie Plätze einweisen würde. Zudem sind manche Besucher nicht sehr unzimperlich mit dem Auslegen von roten Bändern oder gar Nolankegeln, um Flächen für erwartete Freunde und Kollegen freizuhalten. Für einen Transporter mit Vordach sind das dann zwei Stellflächen.
Partystimmung
Die Organisatoren verstehen es regelmässig, den Grat zwischen Nicht-Organisation und einer klaren, kaum erklärungsbedürftigen Linie zu gehen. Manches in Château d'Oex wirkt krude und etwas wild-chaotisch. Andererseits stellen sich einem keinerlei Hindernisse: Es gibt Platz, Essen, sanitäre Anlagen – auch wenn heuer wieder einmal die Toilettenanlage nicht dem Ansturm gerecht werden konnte, aber dafür mit tollen Duschen, samt Warmwasser glänzte – und die Freiheit, sich einfach in das Getümmel zu stürzen.
Die Preise an der Clubeigenen Bar waren günstig und so meldete das OK am Montag danach, dass nicht weniger als 3500 Liter Bier ausgeschenkt worden seien, also wohl einen für jeden Besucher. Allerdings hat so mancher Campingbus seinen eigenen, eingebauten Kühlschrank und die Leergutsammelstellen sprachen am Sonntag-Abend eine deutliche Sprache. Fest steht: Der VW-Community braucht herzhaft wenig um gebührend feiern zu können und dies braucht auch nicht sonderlich kuratiert zu werden.
Ebenso klar ist: Das VW-Meeting in Château d'Oex ist wie kein anderes Autotreffen in der Schweiz. Denn die Mischung aus Tuning-Treffen, Klassik-Veranstaltung, Open-Air-Festival und Einmarken-Campingplatz ist einmalig.
Apropos Open-Air, ein signifikanter Unterschied zu diesen ist der Umgang der VW-Fans mit ihren Hinterlassenschaften: Der Müll wurde zu 99.9 Prozent korrekt entsorgt, die Wiese und weitere Umgebung blieb grün und sämtliche Zelte und anderes Material haben die VW-Freunde wieder in ihre Autos verladen, bevor sie von Dannen gefahren sind. Viele werden nun noch zahlreiche andere Meetings besuchen, manche von ihnen in ganz Europe, bevor man sich in zwei Jahren wieder in Château d'Oex treffen wird.

























































































































































































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