2018 hatten Bernd Link und Urs Ramseier die Idee, Leistungen für das historische Fahrzeug mit einem Preis auszuzeichnen. Die Swiss Classic World, der Messe für das historische Fahrzeug in Luzern, sollte zunächst dafür der passende Rahmen sein.
Inzwischen hat sich der Award verselbstständigt. Er findet nicht mehr im Frühling, sondern passender als Rückblick auf die vergangene Saison, im November statt. Dabei hat der Swiss Classic Award sich laufend weiterentwickelt. Die Grundelemente aber wurden beibehalten.
Die Hauptkategorien werden durch Eingaben des Publikums oder der Jury nominiert. Die Gewinnerinnen und Gewinner ermittelt danach ebenfalls das Publikum mittels online-Abstimmung. Für den Hauptpreis, den Lifetime-Award hingegen, bestimmt die Jury mit Spezialisten und Spezialistinnen aus dem Gewerbe, Dienstleistungen und Medien den Preisträger.
Stimmen aus allen Landesteilen
Am 29. November war es wieder so weit, die Gewinner wurden im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern bekannt gegeben. Wiederum diente die Vorbühne des Filmtheaters als würdiger Ort für die Preisübergabe, danach gab es ein Stehdinner in der Halle Strassenverkehr.
Mit rund 3500 abgegebenen, gültigen Stimmen hat der Swiss Classic Award einen grossen Schritt nach vorne gemacht, die Resonanz war so hoch wie noch nie. Dabei ist es sehr erfreulich, dass sowohl die Nominierten im Tessin wie in der Romandie es geschafft haben, durchs Band eine ebenso hohe Anzahl an Stimmenden zu mobilisieren, wie die Deutschschweizer. Damit wird der Award seiner Bezeichnung als Schweizweiter Klassik-Preis gerecht.
Erstaunlich war bei der Auszählung, dass nicht zwingend die digital gut aufgestellten Kandidaten am meisten Stimmen gemacht hatten, sondern jene mit einem guten Netzwerk von «realen» Kontakten. Einen Bonus für die jüngeren, tendenziell auf den sozialen Medien aktiveren Kandidaten gab es damit keinen.
Praktiker mit den meisten Stimmen
Mit dem Sieg in der Kategorie Innovation zeigte Edi Schorno mit seinem bekannten Fachbetrieb aus Küssnacht am Rigi, dass handfestes eine gute Voraussetzung ist, ganz an die Spitze zu gelangen. Schornos Arbeit mit dem direkten 3D-Druck von Metallteilen und den daraus entstehenden Möglichkeiten, wurden denn bei der Preisübergabe besonders in den Vordergrund gestellt. So ist es beispielsweise heute möglich, ein Vergasergehäuse zu 90 Prozent fixfertig mittels 3D-Druck zu erstellen.
Beim Rookie Award brillierte das Jungtalent Leonard Riesen, der jüngste Museumsdrektor der Schweiz, der mit seinem beim Bahnhof Murten dieses Jahr eröffneten Depot heuer für viel Beachtung gesorgt hat. Die Ausstellung zu Fahrzeugbauern und Pionieren des Drei-Seen-Landes wird, wie der 18-jährige Preisgewinner auf der Bühne des Verkehrshauses verlautbaren liess, um eine weitere Saison verlängert, dies mit neuen Leih-Objekten. Da Riesen seit diesem Jahr auch Mitglied der Schweizer Museumsvereinigung ist, darf er dazu gar mit Objekten der etablierten, grossen Schweizer Häuser rechnen, so etwa auch dem Verkehrshaus.
Den Door Opener Award konnte Christina Seeberger von Auto Engadina in Empfang nehmen. Die Junge Garagistin und ehemalige Rennfahrerin führt mit ihrem Team im bündnerischen Zuoz einen Fachbetrieb für historische Fahrzeuge. Mit dem Sieg bei der Rallye Monte Carlo Historique 2023 auf ihrem Lancia Fulvia hatten Christina Seeberger und Partner Claudio Enz bereits für Aufsehen gesorgt. Die engagierte Unternehmerin sorgt mit ihrer Werkstatt und einem Autohotel für eine vollumfängliche Dienstleitung und ist darüber hinaus ein tolles Beispiel für andere junge Frauen, sich in der Klassik-Sparte zu etablieren.
Motorsport und wahre Passion
Sichtliche Freude zeigten auch die Verantwortlichen der Lenzerheide Motor Classics um Hans Orsatti, Renald Egloff und Ernst Lüthi über den Gewinn des Historic Racing Award. In einer mit Zwischenapplaus bedachten Dankesrede erwähnten die drei anerkennend die Vorarbeit von Georges Kaufmann, der einst die Wiederaufnahme eines Motorsportanlasses auf der Lenzerheide angeregt hatte. 1951 und 1957 wurde ein hier ein Bergrennen ausgetragen, seit 2011 gibt es das Revival in Form eines Rundkurses. Kaufmann und seine beiden Brüder waren als Zweitplatzierte mit ihrer Veranstaltung Indianapolis Oerlikon von der Lenzerheide nur um wenige Stimmen geschlagen worden.
Den Passion Award für die Romandie haben die Stimmenden der Association des Vieilles Mécaniques à Baulmes im Waadtland zugesprochen. Das markenoffene Treffen zeichnet sich durch seine Tombola aus, bei der nichts weniger als ein ganzes Auto als Hauptpreis winkt. Der Erlös kommt einem guten Zweck zugute.
Auch im Tessin hatte ein Treffen für klassische Fahrzeuge aller Art die Nase vorne. Ganz im Süden, im Mendrisiotto bringt jeweils das Free Oldtimer Meeting Ticino die Enthusiasten zusammen. Das Drive-In-Meeting ohne Anmeldung und Anmeldegebühr deckt jeweils das gesamte Fahrzeugspektrum ab. Die Gewinner des Passion Award Ticino – die grösste Delegation an der Gala – waren für die Preisübergabe bereits am Morgen angereist und haben den Aufenthalt in Luzern ausgiebig genossen – mit wahrer Passion und Tessiner Lebensfreude.
Sehr viel guten Willen zeigten die Stimmenden auch bei den Gewinnern des Passion Awards Deutschschweiz. Kein einziges Mal hat heuer das Oldtimer Sunday Morning Meeting OSMT in Zug stattgefunden. Dies hinderte jedoch die Freunde dieses jeweils bis zu 1300 Fahrzeuge zählende Meetings in den Zuger Stierenstallungen nicht, es zum diesjährigen Gewinner zu küren. Bernhard Taeschler und Thomas Kohler vom ACS Mitte, unter dessen Patronat das OSMT künftig organisiert wird, durften an Stelle von Robi Hümbeli, der krankheitshalber abwesend war, den Preis entgegennehmen. Sie kamen mit der Versicherung auf die Bühne, dass eines der beliebtesten Klassik-Treffen der Deutschschweiz 2025 wieder im vollen Umfang über die Bühne gehen werde.
Aktivist und Mann der Tat
Der Swiss Classic Lifetime-Award wird jeweils von der Jury ermittelt. Dieses Jahr sei die Wahl des Kandidaten sehr schnell über die Bühne gegangen, hiess es. Hans André Bichsel durfte als Hauptpreisträger des Gala-Anlasses 2024 auf die Bühne schreiten und die Statuette «Beatrice» in Empfang nehmen.
Hans A. Bichsel hatte bereits zu Beginn der 1980er-Jahre als Folge der sich abzeichnenden Verschärfungen von Zulassungsvorschriften und der von der Politik aufgegriffenen Polemik rund um das Phänomen «Waldsterben» sich für das klassische Fahrzeug stark gemacht. Im September 1985 gründete er nach dreijähriger Vorbereitung und zahlreichen Konsultationen mit Markenclubs, den Importeuren und dem Gewerbe sowie dem Automobilclub ACS und dem Touringclub TCS den Schweizerischen Dachverband für das Historische Motorfahrzeug SDHM. Dies sorgte auch für harsche Kritik, Hans A. Bichsel gab sich aber unbeirrt.
Mit zahlreichen Petitionen, politischer Unterstützung einzelner Parlamentarier und geschickter Lobbyarbeit schafften es Bichsel und sein Verband, anstelle von angedrohten Fahrverboten für «alte Autos» Privilegien für den Erhalt und Betrieb von historischen Fahrzeugen und Zeitzeugen der Mobilitätsgeschichte zugesprochen zu erhalten. Der Veteranenstatus mit dem Code 180 im Fahrzeugausweis und den entsprechend verlängerten Prüfintervallen oder das Sammlerschild für mehr als zwei Fahrzeuge sind das Verdienst von Hans André Bichsel.
2015 haben sich der SDHM und die Fédération Suisse des Véhicules Anciennes (FSVA) zum Dachverband SHVF Swiss Historic Vehicle Federation zusammengeschlossen, der nun als gesamtheitliche Organisation die Interessen des historischen Fahrzeuges in der Schweiz vertritt.
Auch der Raid, zunächst nach Paris und inzwischen nach vielen anderen Orten und in unterschiedlichen Formaten, stehen in der Verantwortung Bichsels.
Der Preisträger war sichtlich gerührt und betonte, dass er tatsächlich noch nie mit irgendeiner Auszeichnung in dieser Art bedacht worden sei. Ebenso wurde deutlich, dass der Mann keinerlei Absichten hegt, sich zur Ruhe zu setzen. Für 2025 plant Hans A. Bichsel den Klassiker Raid Suisse-Paris neu aufzulegen.
Mit vielen Gesprächen zwischen Jung und Alt nach der Preisverleihung, ein weiterer Hauptgrund für eine Veranstaltung wie diese und ein gebührender Abschluss zur Klassik-Saison, klang der Abend in der Strassenhalle beim Stehdinner aus.


































































































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