Die Pandemie erlaubt im Winter 2020/2021 keine grossen Oldtimermessen. Während mancher Veranstalter den Anlass in den Sommer oder Herbst verschoben hat, musste die Bremen Classic Motorshow gleich um ein ganzes Jahr verschieben. Die 20. Austragung soll dann im Februar 2022 wieder wie üblich vor grossem Publikum stattfinden, für 2021 aber dachten sich die Organisatoren der Classic Motorshow etwas Besonderes aus. Sie gaben mit einer virtuellen Messe im Fernsehformat einen Vorgeschmack auf das Jahr 2022 und sorgten gleichzeitig während fünf Stunden für Qualitätsunterhaltung rund um die Themen klassische Automobile und Motorräder. Über 13'000 Zuschauer verfolgten die Show live.
Fünf Stunden Unterhaltung
Frank Ruge, sekundiert u.a. durch Johannes Hübner und Wolfgang Blaube führten durch ein über fünfstündiges Programm, das aus Live-Beiträgen und eingespielten Filmen bestand.
Das Angebot war umfangreich und sollte gleichzeitig Appetit auf die nächstjährige 20. Bremen Classic Motorshow machen und mit aktuellen Themen unterhalten.
Biedermänner und Brandstifter
Wolfgang Blaube stellte zwei “Biedermann & Brandstifter”-Paarungen vor, wie sie im Februar 2022 dann Thema der Sonderschau sein werden.
Gezeigt wurden zunächst ein Renault 5 TL und ein Renault 5 Turbo, die zwar ein gemeinsames Gesicht, aber in geringem Umfang gemeinsame Technik und Konzeption aufweisen. Schliesslich kostete ein Renault 5 Turbo mit Mittelmotor auch ein Mehrfaches des “kleinen Freundes” und er richtete sich an Rallye- und Sportfahrer.
Ähnlich war es mit dem Mercedes-Benz 190, der sich mit dem DTM-Evolutionsmodell 190E 2.5-16 Evo II von 1990 vergleichen musste. Dazu konnte sogar ein damaliger Mitentwickler interviewt werden und dieser erzählte, dass im Mercedes-Werk damals viele Leute den Kopf geschüttelt hätten, als man mit dem Evo durch das Werksgelände fuhr. Nur 502 Exemplare der Evo-II-Ausführung entstanden weitgehend in Handarbeit und viel verdient hat Mercedes an den Autos damals kaum.
Spannende Klassiker und ihre Geschichten
Im Rahmen der Online-Übertragung wurde virtuell der “Goldene Kolben” an Matthias Kaluza übergeben, den man eher von seinen Arbeiten, z.B. der Ausstellungsgestaltung des PS.Speicher Museums kennt.
2022 soll es eine Motorrad-Sonderschau mit DKW- und NSU-Werksmotorrädern geben, da durfte natürlich auch eine alte DKW nicht fehlen, die in einer der leeren Messehallen gezeigt wurde.
In bunter Abwechslung wurden alte Vier- und Zweiräder vorgeführt und am spannendsten wurde es jeweils, wenn etwas visuell demonstriert wurde, was man halt sonst nicht so einfach zu sehen kriegt, etwa die Parallelogramm-Federung eines alten Motorrads.
Interessant waren aber auch die durch den TÜV Süd ermöglichten Einblicke in bestens erhaltene Jungklassiker wie den original erhaltenen Ford Taunus II Turnier oder den Peugeot 205 mit weniger also 10’000 km, beides Brot-und-Butter-Autos.
Imposant war der demonstrierte Cadillac V16, der Opel-Lotus Omega oder der Maybach DS8 Zeppelin am Ende der fünf Stunden.
Spannend war es, dem Langstrecken-Geländemotorradfahrer Rolf Witthöft zuzuhören, wie er von seinen Erfolgen und Misserfolgen erzählte.
Schön war auch die Geschichte eines jugendlichen Mofa-Liebhabers, der zeigte, dass es durchaus auch Nachwuchs für das rostige Hobby gibt.
Ein Vater erzählte mit seiner Tochter zusammen, wie es dazu kam, dass sie mit einem Trabant 601 Universal eine Rallye gewannen.
Interessante Einblicke eröffnete auch ein Beitrag zum Thema Tuning an klassischen Autos, das ja durchaus auch kontrovers diskutiert wird.
Gezeigt wurde auch ein Fiat 850 T Tourbus, der 1975 in ein oder zwei Dutzend Exemplaren bei Bertone entstanden ist und von denen nun zumindest ein Exemplar den Weg nach Deutschland gefunden hat.
Anders als eine Messe
Der Mix an Themen war vielfältig und kurzweilig. Gleichzeitig konnte der Zuschauer aber auch erkennen, was die Vorteile einer richtigen Oldtimermesse eben sind. Während man nämlich in den fünf Stunden gerade einmal rund zwei Dutzend Fahrzeuge näher betrachten konnte, schafft man an einem Messetag ein Vielfaches davon. Die Geschichten, die von Hübner, Blaube und Co zu den Exponaten erzählt wurden, erfährt man an der Messe üblicherweise direkt von Besitzern, Clubmitgliedern und anderen Ausstellern oder kann sie effizient auf den an den Wagen angebrachten Informationstafeln ablesen.
Das Fernsehformat liefert halt genau die Perspektive und Reihenfolge, die sich die Moderatoren ausgedacht hatten, eine Messe erlaubt das selbstbestimmte Abarbeiten von Themen und Interessen.
Natürlich war es nie die Absicht von Frank Ruge und seinem Team, mit der virtuellen Bremen Classic Motorshow eine 1:1-Alternative zur herkömmlichen Messe zu bieten, dafür lieben diese Leute das physische Format viel zu sehr.
Sie wollten einfach einen Einblick in die kommende 20. Austragung geben und zusammen mit Partnern und Sponsoren ein paar spannende Themen vorstellen und dies ist ihnen trotz ein paar kleineren technischen Problemen hervorragend gelungen.
Das Ausharren bis zum Schluss hat sich jedenfalls gelohnt, denn spätestens bei der unglaublichen Geschichte einer über Jahrzehnte in Einzelteilen und durch Wachspapier geschützt gelagerte Rudge Special 500 oder beim Betrachten der “Young Generation” mit Opel Manta B, Iso Rivolta Lele und Fiat 2300 S Coupé kam man ins Schwärmen.
Und natürlich sind fahrende Autos, wie sie der schön gemachte Beitrag zur Baureihe 123 mit den Kombis Mercedes-Benz 300 TD gegen 280 TE AMG gezeigt hat, im Messeformat leider nicht möglich.
In die Verlängerung
Nach Schluss der Online-Übertragung ist die 19. Bremen Classic Motorshow aber nicht vorbei. Erstens kann man den aufgezeichneten Livestream noch bis zum Mai weiterhin betrachten, zweitens aber stehen die typischen Messebestandteile Fahrzeug und Teilemarkt sowie Clubgeschichten ebenfalls bis in den Mai 2021 hinein online zur Verfügung.
Wer also ein klassisches Automobil , einen Oldtimertöff oder Teile sucht, der kann online durch das mit rund 370 Automobile und über 60 Motorräder sowie über 1100 Teilen umfangreiche Angebot zurückgreifen.
Oldtimerclubs haben zudem Clubgeschichten im Bewegtbild aufgezeichnet, die einen Einblick in deren Tätigkeiten und Interessen erlauben.
Die Oldtimer-Saison 2021 ist nun also offiziell gestartet! Aber wir freuen uns schon jetzt auf die 20. Bremen Classic Motorshow in den Messehallen im Februar 2022.